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Die Farben des Feuers: Historischer Roman (German Edition)

Die Farben des Feuers: Historischer Roman (German Edition)

Titel: Die Farben des Feuers: Historischer Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jane Borodale
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dir von einer Frau namens Dilly Martinment zu erzählen, die dir helfen kann. Hier ist ihre Adresse.« Sie hält mir einen Zettel hin, auf dem mit unordentlicher Schrift etwas notiert ist. »Sie verschwendet nicht viel Kraft mit Höflichkeiten, aber ihr Verfahren ist wirkungsvoll.« Als ich nichts darauf sage, fügt sie hinzu: »Häufig gibt es keine Infektion und keine … Schwierigkeiten, wenn sie fertig ist.«
    »Ich verstehe«, sage ich. Ich nehme den Zettel und halte ihn fest.
    »Hast du noch Geld?«, will sie wissen. »Es wird nicht gerade wenig kosten.«
    Ich nicke. »Die Münzen sind hier«, antworte ich und mache eine Bewegung, als wollte ich sie herausnehmen und ihr zeigen.
    »Nein! Nein! In Gottes Namen, Kind!« Sie sieht sich um, als wollte sie sichergehen, dass niemand uns beobachtet. »Halte all deine Geheimnisse sorgfältig verborgen. Niemand darf etwas sehen. Niemand! Hast du mich verstanden?«
    Ich sehe sie an. Was, wenn sonst noch jemand von meiner Schande wüsste? Wie habe ich mich nach dieser Erleichterung gesehnt, nach Angenommensein oder nach Vergebung. Meine Schuld befleckt das Kind, ganz sicher. Eine schreckliche, brodelnde Masse verknotet und entknotet sich an der Stelle über meinem Bauch, wo mein Herz ist. Mein Herz erstickt beinahe daran. »Ich habe sie gestohlen«, stoße ich auf einmal hervor. »Ich habe diese Münzen gestohlen. Und ich werde es beichten.«
    Ihre Augen sind so rund wie Knöpfe. »Beichten? Wem denn, du verrücktes Mädchen?«, zischt sie.
    »Warum wirst du so böse auf mich?«
    »Du bist so töricht!«, ruft sie aus. »Als glaubtest du, dass etwas so Einfaches alles wiedergutmachen könnte, was dir widerfahren ist. Ich habe noch nie einen solchen Unschuldsengel gesehen!«
    »Ein Unschuldsengel!« Natürlich bin ich das nicht.
    »Jetzt bist du zornig auf mich«, sagt sie sanfter. »Du musst vorwärtsgehen, Agnes, nimm dein Leben an, so, wie es ist. Sieh nach vorne! Du kannst keiner Menschenseele trauen – erzähl es niemandem!«
    »Aber ich muss«, sage ich und versuche, es ihr begreiflich zu machen. Sie schüttelt den Kopf.
    »Du kannst es nicht.« Sie beugt sich zu mir und spricht jetzt ganz leise. Ihre Augen sind schmal und glänzen. »Du musst dieses Gefühl eindämmen, du musst es im Keim ersticken, Agnes.« Ihre Stimme ist so deutlich, als würde sie mir die Worte zuschreien. »Bestenfalls würde man dich zum Wohlgefallen Seiner Majestät nach einer zwei Monate langen Reise auf hoher See irgendwo in der Hölle auf Erden absetzen. Schlimmstenfalls – würdest du am Galgen von Tyburn baumeln.«
    »Dazu wird es nicht kommen«, erwidere ich störrisch.
    Sie legt mir den Zeigefinger unters Kinn und hebt es leicht an, fast so, als wollte sie es küssen. Ihr fein geschnittenes Gesicht streift mich ganz nah, und sie flüstert mir ins Ohr: »Wie würde es dir gefallen, das Galgenlüftchen zu spüren, Agnes? Es heißt, der Wind weht kühler, je höher man sich befindet.«
    »Je näher dem Himmel«, murmle ich halbherzig, aber sie hört mir nicht zu. Sie flößt mir nun Angst ein. »Denk an das Brüllen der Menge, die kommen wird, um sich an deinem Tod zu ergötzen«, raunt sie. »Es gibt viele Gründe, warum diese Leute da sind. Viele werden Verständnis für dein Verbrechen haben und Mitleid mit dir empfinden. Aber sie werden auch erleichtert sein, dass es sie selbst diesmal nicht erwischt hat und dass sie nicht zu den Unglücklichen gehören. ›Armes Kind‹, werden sie sagen, wie sie es immer tun. ›Und so ein hübsches Gesicht!‹ Denk daran, dass ihre Feierstimmung nicht von dem Blut kommt, das vor ihren durstigen Blicken so rasch erkaltet. Sie sind einfach glücklich, dass das Todesurteil in diesem Fall nicht über sie selbst gefällt wurde. Denk daran, wie dein Genick bricht, Agnes, wenn der Karren wegrollt und deine Beine in der kalten Luft strampeln!«
    »Aber ich könnte mich auf meinen Bauch berufen.« Ich schlucke mühsam. »Sie hängen keine schwangeren Frauen.«
    »Das stimmt«, entgegnet sie. »Und wie würde es dir nach deiner Verurteilung in Bridewell ergehen? Du würdest in der Dunkelheit nach deinem Wassertopf tasten, und deine Kleider würden dir am Körper verrotten, während sie darauf warten, dass das Kind zur Welt kommt. Sobald es da ist, werden sie es ins Armenhaus bringen, und dann wird das Urteil vollstreckt.« Sie zuckt mit den Schultern.
    »Ich kenne einen Gentleman, dessen Fantasien sich darum ranken, Frauen am Hals aufgehängt zu sehen.

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