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Die Farben des Feuers: Historischer Roman (German Edition)

Die Farben des Feuers: Historischer Roman (German Edition)

Titel: Die Farben des Feuers: Historischer Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jane Borodale
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eigenen Haare – und hat ein kantiges, beängstigendes Gesicht mit hohen Wangenknochen. Er starrt mich an und blickt dann an mir vorbei auf die Straße. Er muss um die vierzig Jahre alt sein. Ich schlucke noch mal.
    »Ich suche Arbeit, Sir.« Ich deute auf die Notiz. »Ich bin an Hausarbeit gewöhnt, Sir, und ich glaube …« Es fällt mir schwer zu atmen. »Die Pocken hab ich schon gehabt«, füge ich hinzu, wie Lettice Talbot mir geraten hatte. Ich habe so viel gelogen in den vergangenen paar Tagen, genug für ein ganzes Leben.
    »Du glaubst , dass du die Pocken hattest?«, fragt er spöttisch. Seine Stimme ist tief und hat einen seltsamen, rauen Klang.
    »Ich meine, ich habe sie tatsächlich gehabt, Sir.« Meine Stimme verdorrt zu einem trockenen Schlucken. »Ich meine, wir hatten Kühe, und da musste ich sie ja bekommen.« Ich habe das Gefühl, beobachtet zu werden, und drehe mich schnell um. Eine Ratte saust aus einem Abflussrohr und verschwindet im Schatten hinter ein paar Fässern. Draußen auf der Straße höre ich jemanden ärgerlich schreien. Mir wird bewusst, dass es bald Nacht sein wird. Der große Mann auf der Türschwelle streckt eine Hand aus und nimmt die Notiz ab.
    »Die Stelle ist schon vergeben«, sagt er kurz. »Gestern wurde eine neue Haushälterin eingestellt.«
    Vor Enttäuschung krampft sich mir der Magen zusammen. Ich kann sehen, dass er wegen der Störung verärgert ist. Er ist schon dabei, die Tür zu schließen, als Angst und Durst meiner Stimme wieder ihren Klang geben.
    »Sind Sie Mr. Blacklock?«, rufe ich schnell durch den schmaler werdenden Spalt. »Ich bin eine gute Arbeiterin, Sir. Ich bin an harte Arbeit am Webstuhl gewöhnt, und ich kann alle erdenklichen Aufgaben verrichten.«
    Der Türspalt wird wieder breiter. Der Mann macht einen Schritt nach vorn und beugt sich zu mir hinaus in den Regen. Sein Gesicht ist älter, als ich dachte; jedenfalls wirkt es so wegen der Linien und Schatten rund um seine Augen.
    »Aber über welche Fähigkeiten verfügst du?«, fragt er. Seine Stimme ist dunkel, und er spricht abgehackt. Ich weiß nicht, was er meint, und ich höre mich alles sagen, was mir in den Sinn kommt.
    »Ich habe starke, flinke Finger, Sir«, sage ich. Benommen strecke ich zum Beweis meine Hände in den Regen. Meine schlichten Manschetten sind schmutzig und schlaff vor Feuchtigkeit. Sein Blick wandert langsam über meine Hände und kehrt zu meinem Gesicht zurück.
    »Heute hätte ich ein paar zusätzliche flinke Hände brauchen können«, sagt er schroff. »Sie sind weiß Gott schwer genug zu bekommen. Ich bin kaum mit dem fertig geworden, was ich geplant hatte.«
    Ich versuche, seinen Blick fest zu erwidern und aufrecht zu stehen, obwohl das Bündel wie ein totes Gewicht an meiner Schulter zieht. Er schweigt. Ich hätte mich am liebsten umgedreht und wäre den ganzen Weg nach Sussex zurückgewandert, aber ich kann nicht.
    Wohin soll ich gehen? Ich bin müde. Der Regen, der von dem Schild über mir heruntertropft, läuft mir hinter dem Umschlagtuch in den Nacken. Plötzlich stürzt ein Junge auf uns zu. Er hält ein flackerndes Licht in der Hand, um zwei Männern in Mänteln zu leuchten, die angespannt und verärgert aufeinander einreden. Die Fackel riecht nach brennendem Teer, und ihre Stimmen hallen in der leeren Straße wider. Sie werden sich prügeln, denke ich und versuche, ihnen auszuweichen, doch dann versetzt einer der Männer dem anderen einen Stoß, und ich werde grob angerempelt. Wir hören die dünne Stimme des Jungen sagen: »Hier entlang, meine Herren«, und sie verschwinden in einem schmalen Durchgang. Als die Helligkeit der Fackel verschwunden ist, bleibt undurchdringliches Halbdunkel zurück, das mir Furcht einflößt.
    Und dann macht Mr. Blacklock eine Bewegung mit dem Kopf.
    »Ich werde entscheiden, wie viel ich dir zahle – nachdem du eine Woche lang gearbeitet hast«, sagt er geradeheraus. Ich bin verblüfft. Er öffnet die Tür ein wenig weiter und tritt zur Seite, um mich vorbeizulassen.

ELMSFEUER

8

    Ein seltsamer Geruch hängt im Haus. Als Mr. Blacklock die Tür schließt und den Straßenlärm aussperrt, wird es düster. Er geht vor mir den Flur entlang. Er hat breite Schultern, die sich leicht zu einer Seite neigen, als würde er etwas Schweres tragen. Links von uns steht eine Tür einen Spalt offen, und der Geruch scheint hier stärker zu sein. Er ist verwirrend und vielschichtig.
    »Du wirst mir Dinge, die ich brauche, bei Händlern und

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