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Die Farm

Die Farm

Titel: Die Farm Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: John Grisham
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besser würde, wenn Ricky nach Hause käme, weil ich dann jemanden zum Spielen und zum Reden hätte.
    Meine Mutter schleppte einen weiteren Korb mit Gemüse auf die Veranda. Sie war müde und schwitzte und wusch sich mit einem Tuch und einem Eimer Wasser. Sie konnte es nicht leiden, wenn sie schmutzig war, ein Charakterzug, den sie an mich weiterzugeben versuchte.
    »Gehen wir in die Scheune«, sagte sie. Seit der Ankunft der Mexikaner vor sechs Wochen war ich nicht mehr auf dem Heuboden gewesen.
    »Klar«, sagte ich, und wir gingen los.
    Wir sprachen kurz mit lsabel, der Milchkuh, und stiegen dann die Leiter zum Heuboden hinauf. Meine Mutter hatte alles getan, um den Mexikanern eine saubere Unterkunft zu bieten.

    Den letzten Winter über hatte sie alte Decken und Kissen für sie zum Schlafen gesammelt. Sie hatte den Ventilator, der jahrelang gute Dienste auf der vorderen Veranda geleistet hatte, genommen und auf den Heuboden getragen. Und sie hatte meinen Vater überredet, eine elektrische Leitung vom Haus zur Scheune zu spannen.
    »Sie sind Menschen, gleichgültig was manche Leute hier denken«, hatte ich sie wiederholt sagen hören.
    Der Heuboden war so sauber und ordentlich wie an dem Tag, als die Mexikaner angekommen waren. Die Kissen und Decken lagen aufgestapelt neben dem Ventilator. Der Boden war gekehrt. Kein Stückchen Abfall war zu sehen. Sie war stolz auf die Mexikaner. Sie hatte sie mit Respekt behandelt, und sie hatten ihr Gleiches mit Gleichem vergolten.
    Wir stießen die Heubodenluke auf, durch die Luis den Kopf gesteckt hatte, als Hank die Mexikaner mit Steinen und Erdklumpen bombardierte, setzten uns und ließen die Beine baumeln. In zehn Meter Höhe hatten wir die beste Aussicht auf unsere Farm. Die Baumreihe weit im Westen säumte den St. Francis, und auf dem Feld direkt vor uns stand das Wasser aus dem Siler’s Creek.
    An manchen Stellen war das Wasser fast so hoch wie die Baumwollsträucher. Von hier oben konnten wir das Fortschreiten der Überschwemmung viel besser verfolgen. Wir sahen, wie sich das Wasser zwischen den vollkommen geraden Reihen der Scheune näherte und wie es über den breiten Feldweg in die rückwärtigen Vierzig lief.
    Wenn der St. Francis über die Ufer trat, wäre unser Haus in Gefahr.
    »Mit dem Pflücken sind wir fertig, schätze ich«, sagte ich.

    »Sieht so aus«, sagte sie ein bisschen niedergeschlagen.
    »Warum wird unser Land so schnell überschwemmt?«
    »Weil es so tief liegt und so nah am Fluss. Es ist kein sehr gutes Land, Luke, und wird es auch nie sein. Das ist ein Grund, warum wir hier weggehen. Hier haben wir keine Zukunft.«
    »Wohin gehen wir?«
    »Nach Norden. Dort gibt es Arbeit.«
    »Wie lange …«
    »Nicht lange. Wir bleiben, bis wir ein bisschen Geld gespart haben. Dein Vater wird mit Jimmy Dale im Buick-Werk arbeiten. Dort zahlen sie drei Dollar die Stunde. Wir werden sparsam leben, und du wirst dort in eine Schule gehen, in eine gute Schule.«
    »Ich will nicht in eine neue Schule.«
    »Das wird dir Spaß machen, Luke. Im Norden gibt es große schöne Schulen.«
    Das hörte sich nicht nach Spaß an. Alle meine Freunde lebten in Black Oak. Abgesehen von Jimmy Dale und Stacy kannte ich keine Menschenseele im Norden. Meine Mutter legte die Hand auf mein Knie und rieb es, als würde ich mich dadurch besser fühlen.
    »Veränderungen sind immer schwierig, Luke, aber sie sind auch aufregend. Betrachte es als Abenteuer. Du willst doch bei den Cardinals Baseball spielen, oder?«
    »Ja, Ma’am.«
    »Also, dafür musst du von zu Hause fort und nach Norden, in einem neuen Haus leben, neue Freunde finden, in eine neue Kirche gehen. Das hört sich doch nach Spaß an, oder?«
    »Glaub schon.«
    Unsere nackten Füße schwangen langsam hin und her. Eine Wolke hatte sich vor die Sonne geschoben, und eine Brise wehte uns ins Gesicht. Die Bäume entlang den Feldern verfärbten sich, wurden gelb und rot, und die ersten Blätter fielen.
    »Wir können nicht hier bleiben, Luke«, sagte sie leise, als wäre sie in Gedanken schon im Norden.
    »Was tun wir, wenn wir zurückkommen?«
    »Wir werden keine Farmer mehr sein. Wir werden Arbeit in Memphis oder Little Rock finden und ein neues Haus mit einem Fernseher und einem Telefon kaufen. Und ein hübsches Auto. Und du kannst Baseball in einer Mannschaft mit richtigen Trikots spielen. Wie klingt das?«
    »Ziemlich gut.«
    »Wir werden immer wieder herkommen und Pappy, Gran und Ricky besuchen. Es wird ein neues Leben

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