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Die Farm

Die Farm

Titel: Die Farm Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: John Grisham
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würde sich jetzt bestimmt ändern.

    D er Herbst dauerte nicht einmal vierundzwanzig Stunden.
    Gegen Mittag des nächsten Tages war es wieder heiß, die Baumwolle war trocken, der Boden hart, und all die schönen Träume von kühlen Tagen und fallenden Blättern waren vergessen. Wir waren für den zweiten Durchgang an den Fluss zurückgekehrt. Später im Herbst kam es vielleicht noch zu einem dritten, dem so genannten »Weihnachtspflücken«, bei denn die letzten Reste Baumwolle eingesammelt würden. Die Leute aus den Bergen und die Mexikaner wären dann schon lange fort.
    Die meiste Zeit über blieb ich in der Nähe von Tally und strengte mich an, mit ihr mitzuhalten. Aus irgendeinem Grund verhielt sie sich sehr zurückhaltend, und ich wollte unbedingt erfahren warum. Die Spruills waren angespannt, sie sangen und lachten nicht mehr auf den Feldern und sprachen nur selten miteinander. Hank kam immer erst im Lauf des Vormittags und pflückte in gemächlichem Tempo. Der Rest der Spruills schien ihn zu meiden.
    Spät am Nachmittag schleppte ich mich zum Anhänger - wie ich hoffte zum letzten Mal an diesem Tag. Es war eine Stunde vor Feierabend, und ich blickte mich nach meiner Mutter um.
    Stattdessen sah ich Hank zusammen mit Bö und Dale auf der anderen Seite des Anhängers, wo sie im Schatten auf Pappy oder meinen Vater warteten, um ihre Baumwolle wiegen zu lassen. Ich verkroch mich zwischen den Sträuchern, damit sie mich nicht bemerkten, und wartete auf freundlichere Stimmen.
    Hank redete wie gewöhnlich sehr laut. »Ich hab’s satt, Baumwolle zu pflücken«, sagte er. »Verdammt satt! Hab über
    ‘nen neuen Job nachgedacht, und mir ist ‘ne andere Möglichkeit eingefallen, wie ich Geld verdienen kann. Jede Menge Geld. Ich werd dem Jahrmarkt nachreisen, von einer Stadt zur nächsten, mich nicht sehen lassen, während der alte Samson und seine Frau Geld einstreichen. Ich warte, bis es genug ist, schau zu, wie er die kleinen Bauernlümmel aus dem Ring wirft, und dann spätabends, wenn er fertig und müde ist, tauch ich aus dem Nirgendwo auf, lege fünfzig Dollar hin, mach ihn wieder fertig und hau mit seinem ganzen Geld ab.
    Wenn ich das einmal pro Woche mach, sind das zweitausend Dollar im Monat, vierundzwanzigtausend im Jahr. Alles in bar.
    Mann, ich werd reich.«
    Sein Tonfall war scherzhaft, und Bö und Dale lachten, als er ausgeredet hatte. Auch ich musste zugeben, dass die Idee lustig klang.
    »Was, wenn Samson nicht mitmacht?«, fragte Bö.
    »Bist du verrückt? Er ist der stärkste Ringer der Welt, direkt aus Ägypten. Samson hat vor niemand Angst. Mann, womöglich nehm ich mir sogar seine Frau. Die hat doch ziemlich gut ausgesehen, oder?«
    »Du musst ihn ab und zu mal gewinnen lassen«, sagte Bö.
    »Sonst kämpft er nicht mehr mit dir.«
    »Mir gefällt die Sache mit seiner Frau«, sagte Dale. »Die hatte echt Klassebeine.«
    »Der Rest von ihr war auch nicht schlecht«, sagte Hank.
    »Wartet mal - ich hab’s! Ich werf ihn raus und werd der neue Samson! Ich lass mir die Haare bis zum Hintern wachsen, färb sie schwarz, kauf mir eine kurze Hose aus Leopardenfell, red’

    echt komisch, und diese blöden Rednecks hier werden glauben, dass ich wirklich aus Ägypten bin. Delilah wird ganz wild auf mich sein.«
    Sie lachten laut und lang, und ihre Heiterkeit war ansteckend.
    Ich musste kichern, als ich mir vorstellte, wie Hank in einer engen kurzen Hose herumstolzierte und die Leute glauben machen wollte, er sei aus Ägypten. Aber er war zu dumm, um zu schauspielern. Er würde den Leuten wirklich wehtun und alle Herausforderer vertreiben.
    Pappy kam zum Anhänger und wog die Baumwolle. Auch meine Mutter tauchte auf und flüsterte mir zu, dass sie bereit war, zum Haus zurückzukehren. Das galt auch für mich. Wir gingen gemeinsam, schweigend und froh, dass der Arbeitstag fast vorüber war.

    * * *
Am Haus war weiter gestrichen worden. Wir bemerkten es im Gemüsegarten, und bei näherer Betrachtung stellten wir fest, dass unser Maler - wir nahmen immer noch an, dass es Trot war - sich bis zum fünften Brett von unten hochgearbeitet und den ersten Anstrich auf einer Fläche, die ungefähr so groß war wie ein kleines Fenster, angebracht hatte. Meine Mutter fasste vorsichtig hin; die Farbe klebte an ihrem Finger.
    »Sie ist noch frisch«, sagte sie und blickte zum Hof vor dem Haus, wo wie üblich keine Spur von Trot zu sehen war.
    »Meinst du immer noch, dass er es ist?«, fragte ich.
    »Ja, das meine

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