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Die Fastnachtsnarren. Humoresken

Die Fastnachtsnarren. Humoresken

Titel: Die Fastnachtsnarren. Humoresken Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl May
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meinetwegen. Aber ich mache zur Bedingung, daß ich Vorsteher bleibe und kein Mensch erfährt, wie es eigentlich mit der Gespenstergeschichte gewesen ist.«
    »Zugestanden,« rief Heinrich, nach der Bulle greifend und mit derselben und dem alten, sich kraftvoll wehrenden Färber in der Stube herumtanzend. »Juchhei, es lebe der Teufel und die Salzsäule!« Und das Mädchen fügte fröhlich lachend hinzu:
    »Und der rothe Pommeranzen!«

Im Seegerkasten
    Nichts ging dem alten possierlichen Fagottmeier über ein gutes Glas ächten Doppelwacholders! noch lieber hatte er seine lange Pfeife; am Aller-, Allerliebsten aber war ihm das Erzählen, und er konnte halbe Nächte lang sitzen, um seine alten Geschichten, die man der ihm eigenthümlichen derben, kernhaften Ausdrucksweise wegen immer wieder von Neuem gern anhörte, zum zehnten und hundertsten Male zu wiederholen. Selbst der ernstesten Begebenheit wußte er einen drolligen Anstrich zu geben, und wenn er so da saß, die Pfeife in dem unaufhörlich paffendem Munde und das Pechkäppchen waghalsig auf die Krakehlseite geschoben, so herrschte gewiß die tiefste Stille rund umher und die Spannung der Zuhörer wuchs von Satz zu Satz, um sich schließlich allemal in ein schallendes Gelächter aufzulösen.
    Heut nun war Cantoreischmaus, und die Adjuvanten, zu denen er als Fagottbläser auch gehörte, saßen mit ihren Frauen um die lange Tafel, welche mit ihren Speiseresten den Anblick eines vom Feinde geräumten, trümmerbedeckten Schlachtfeldes bot. Freilich war der Rückzug kein ganz vollständiger; denn wenn auch das Plänkelgefecht zwischen Löffel und Suppenschüssel längst beendet war und die mannhafteren Linien des Schweinebratens mit Schwarzsaurem und die festen Kolonnen der Butterbröde mit gekochten Schinken und Ziegenkäse zu einer schmählichen Auflösung gezwungen worden waren, so konnte man hier und da von der versprengten Artillerie doch noch ein nicht ganz überwundenes Geschütz bemerken, und grad da, wo auf einem derselben die verführerische Aufschrift »Doppelwacholder« zu lesen war, grad da und nirgend anderswo war der von Siegeslust schon halbberauschte Fagottmeier eifrig bemüht, den zu Ende gehenden Kampf bis auf den Boden der Flasche fortzusetzen.
    Die auf die beiden Flanken postirten Cigarrenhalter schienen seiner strategischen Beobachtung zu unbedeutend zu sein, als daß er ihnen einige Aufmerksamkeit hätte schenken mögen; vielmehr hatte er aus dem einen Rockschoß das »Geburtstagskäppchen« und aus dem andern den unvermeidlichen »Grünsiegel« hervorgezogen und sich von einem der Chorknaben die »liebe Lange« holen lassen, um, wie er sich auszudrücken pflegte, so recht »
cumammino
« blasen und plaudern zu können, und das jetzt ertönende, nicht enden wollende Lachen der Versammlung bewies, daß er soeben die Erzählung eines seiner tragikomischen Abenteuer beendet habe.
    »Das war prächtig!« rief der Cantor, welcher, trotzdem er seine Amtswürde allezeit zu behaupten wußte, bei solchen Gelegenheiten, wie die heutige eine war, doch ein Späßchen gern mit anhörte. »Aber das Mädchen ist doch noch Eure Frau geworden, Meyer; denn sie sitzt ja jetzt wie sie leibt und lebt hier neben Euch. Wie ist es denn gekommen, daß Ihr sie endlich doch noch gekriegt habt?«
    »I nun ja, das ist ooch wieder so ‘ne Geschichte, über die ich mich eegentlich ärgern sollte, wenn ich nicht drüber lachen müßte. Habe ich se Euch denn noch nicht ‘mal erzählt, Ihr Leute?«
    »Bewahre, bewahre; mach nur los, Fritz!« rief es von allen Seiten, und ohne die Wahrheit dieser Versicherung einer weiteren Prüfung zu unterwerfen, drückte er den Taback fester in den Pfeifenkopf nieder, nahm einen herzhaften Schluck aus dem Glase und begann:
    »Also, ich sollte das Mädel nich kriegen, weil se ‘mal so een drei bis vier hundert Thaler in die Hände bekommen sollte, und ich hatte nischt, gradezu gar nischt niche. Mein ganzer Reichthum bestand damals aus folgenden Habseligkeiten: Zwee Hemden, zwee paar Strümpe, anderthalbe Unterhose, eene Leinwandschürze; een paar gelbe Langgänghosen, eene roth und blau carrirte Sammetweste, een grüner Schößelrock mit Puffen, Batten und thalergroßen Knöpfen und een Cylinderhut mit so langen Haaren, daß er immer aussah, wie ein nasses und glatt gebürstetes Pudelfell. Alles Andere hatte ich Krankheitswegen versetzen müssen und war noch nicht wieder ans Einlösen gekommen. Aber ich war doch sonst een Kerl mit bei der

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