Die Fastnachtsnarren. Humoresken
Neutralität behaupten zu können.
»Der Kasten war nämlich gleich ursprünglich nich off Sommerlogis eingerichtet. Zwar hatte ich die Mütze eingesteckt, aber ich mußte trotzdem die Kniee krumm machen und mich niederducken, um nich oben ‘raus zu gucken. An den Perpedenkel durfte ich ooch nich kommen, sonst wäre die Weltgeschichte stille gestanden; die Uhrgewichte waren mer im Wege und ich hatte eens hüben, eens drüben in die Hosentaschen gesteckt und mußte also an den beeden Ketten ziehen, damit das verwünschte Ticktack tacktick nicht schließlich gar den Athem verliere, und so hockte ich denn in geradezu unbeschreiblicher Haltung und Seelenangst wie een Gänserich im Mittagsschlafe mit eenem Beene off meinem kritischen Standpunkte, drückte, um eene moralische Niederlage zu vermeiden, die beeden Ellbogen fest an die Kastenseiten und hätte vor lauter Angst Runkelrübensyrup schwitzen mögen.«
»Aber so ‘ne passive sociale Stellung is mit der Zeit nich länger auszuhalten. Nach und nach stellte sich ein Gefahr drohendes Zittern in den Extremitäten und een würgendes Gefühl von Seekrankheit im Magen ein; die Oogen fingen an zu flimmern; der Puls schlug im Neunachteltakt, und in den Ohren summte und brummte es, als hätte man een Paar Säcke voll Hummeln oder Hornissen über mich ausgeschüttelt.«
»Die Anderen zanken und räsonniren derweilen fort, und da stampft die Gnädige in ihrem Zorne off eenmal so mit dem Fuße, daß das wackelige Brett, off dem ich stehe, zu schaukeln anfängt und ich alle Arten von innerem und äußerem Gleichgewicht verliere. Na, Ihr könnt es Euch denken, was für eenen Krach es itzt gab. Erst kommt der alte, morsche Kasten ins Baumeln; ich fahre rasch mit den Händen in die Höhe, um ihn zu halten; aber gerade dadurch verliere ich die einzige Position, in der ich mich halten kann; ich fange also auch mit an zu baumeln, und so baumeln und wiegen wir beede uns ‘ne Weile hin und her, bis wir endlich Eener wie der Andere über die Erdachse hinausschießen und hin in die Stube fliegen, er unten drunter und ich oben droff. Na, das Mallör! Und dabei habe ich immer noch die Gewichte in den Hosentaschen, reiße also die alte Uhr mit Allem, was drum und dran hängt, von der Wand ‘runter und schleudere sie der Friederike mit solcher Wucht in den Horizont, daß ihr Hören und Sehen vergeht und sie mit enen lauten Quikersch off mich niederplumpst.«
»Een Erdbeben off Kuba oder, so da herum konnte keenen größeren Krawall anrichten als der war, den ich Pechvogel verursacht hatte. Der Stadtrichter sperrte vor Schreck und Ueberraschung das Maul sperrangelweit off; die Christel heulte und retirirte sich in die Ecke; der Mops bellte und belferte mit solchem Eifer, als wolle er anfangen, Eier zu legen; die Gnädige rieb und frottirte sich den maltraitirten Oberleib, und ich kratzte in schrecklicher Verlegenheet mich mit eener so heldenmäßigen Ausdauer hinter den Ohren, als wollte ich die vom vorigen Herbste her dort noch liegen gebliebenen Kartoffeln herausackern. Endlich aber kam dem weisen Oberhaupte der Stadt doch die Sprache wieder.«
»Kerl, um aller Heiligen willen, wo kommt denn Er da her?«
»Nu,« sage ich, »grad aus ‘m Seegerkasten, Herr Stadtrichter!«
»Aus dem Seegerkasten? das sehe ich, er sackermentscher Urian! Was hat er denn da drin zu suchen und herumzustöbern?«
»Hm,« sage ich’ »’s hat sich sein Stöbern gehabt, da drin!«
»Was denn sonst? da schleicht Er sich bei nachtschlafender Zeit in mein Haus ein, macht meine Stube zum Liebeskabinet, läßt sich von der Köchin speisen wie ein Reichsgraf und reißt mir endlich gar noch da droben – i der Tausend, was muß denn das dort für ein Loch sein?«
»Er hielt mitten in seiner Strafpredigt inne und guckte ‘nauf an die Stelle, wo der Seeger gehangen hatte; denn dort war ‘ne Vertiefung zum Vorschein gekommen, in der, wie man von unten deutlich sehen konnte, een Kästchen stak.«
»Du Friederike, ob das nicht vielleicht der Ort ist, wo der seelige Großvater das Geld versteckt hat! Da könnte ich den knauserigen Apotheker sofort bezahlen.«
»Such ‘mal nach, Christel, bring dort den Stuhl her!«
»Niemand war bei dieser günstigen Wendung der Dinge rascher bei der Hand als das Mädel. Sie stellte den Stuhl an die Wand, stieg schnell droff und holte das Kästchen ‘runter. Der Stadtrichter machte es off, sah ‘nein und stieß dabei eenen Jauchzer aus wie vorhin der Mops, als die
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