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Die Feen - Hallmann, M: Feen

Die Feen - Hallmann, M: Feen

Titel: Die Feen - Hallmann, M: Feen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Maike Hallmann
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Erklärung dafür«, sagte er. »Manche von den kleinen Geistern halten sich von der Feenwelt fern. Sie ziehen sich fast ganz in die Menschenwelt zurück und ziehen es vor, ihre Zeit hier zu verbringen. Nun, und das ist das Stichwort – ihre Zeit . Es ist nicht gut für sie. Sie werden sterblich. Sie fangen an zu altern.«
    Gegen ihren Willen fingen Leslies Lippen an zu zittern. Sie biss von innen darauf und wartete, bis sie wieder ruhig sprechen konnte. Mit reglosem Gesicht betrachtete Alasdair sie und wartete ebenfalls. Vermutlich, dachte sie, zählt er die Minuten ab.
    »Sie ziehen sich in die Menschenwelt zurück«, wiederholte sie.
    Er nickte.
    »Aus Angst vor der Schwarzen Banshee.«
    In ihrer Wahrnehmung hallte das Wort in der Küche, als hätte sie einen gewaltigen Gong geschlagen. Der Klang prallte von den chromglänzenden Flächen ab und kam hundertfach als Echo zurück. Banshee – Banshee – Banshee.
    »Richtig«, sagte Alasdair ruhig. »Aus Angst vor der Schwarzen Banshee.«
    Zitternd stieß Leslie die Luft aus. »Ich dachte, du würdest es leugnen.«
    Er zuckte mit den Schultern. »Wozu? Es ist offensichtlich.«
    Abwartend starrte sie ihn an. Er schwieg. »Und?«, fragte sie schließlich.
    »Und was?«
    »Was willst du unternehmen?«
    Er stellte die Tasse ab und lehnte sich zurück. »Nichts.«
    »Nichts«, wiederholte sie.
    »Richtig. Nichts. Es tut mir wirklich leid für die Kleinen. Aber gerade die, die tiefer im Moor leben, sind natürlich genau dort, wo sich die Schwarze Banshee aufhält, und vor der haben sie Angst. Und nahe an Glen … nun ja. Da sieht es natürlich ähnlich aus.«
    »Es sind nicht nur kleine Wesen.«
    »Nein?« Er hob die fein gezeichneten Brauen, die er von der Mutter geerbt hatte. Sein Gesicht war viel feiner geschnitten als der eher grobe Schädel des Vaters, der an den eines Bernhardiners erinnerte – oder an den eines Bluthunds.
    Sie schüttelte den Kopf. »Der Kelpie. Beim Kelpie fängt es auch an.«
    Alasdair lachte ungläubig auf. »Der Kelpie. Ist das dein Ernst?«
    Mit zusammengebissenen Zähnen nickte sie.
    Mit einem Mal wirkte er fast aufgeräumt. Das täuschte. Sie tanzte auf einem schmalen Grat, allmählich wurde er wütend, sie sah es an der Art, wie er die Augen zusammenkniff, und hörte es in der plötzlichen Sanftheit seiner Stimme.
    »So«, sagte er und beugte sich vor. »Du hältst mir also einen Vortrag darüber, dass sich wegen der bösen Schwarzen Banshee lauter kleine, feige Geister in die Menschenwelt abdrängen lassen und dort naturgemäß altern und sterben. Und dann kommen dir die Tränen, weil der Kelpie altert? Der Kelpie ? Herrgott, Leslie, der Kelpie steht der Schwarzen Banshee nun wirklich nicht in viel nach. Wie viele Leute hat er …«
    »Das ist lange her«, fauchte sie. »Seit wir uns um ihn kümmern, hat er niemanden mehr angegriffen!«
    »Seit du dich um ihn kümmerst. Wenn ich mich recht erinnere, war der letzte Vorfall vor – wann war das? Dreizehn Jahren? Die Nichte des alten Conway, die spurlos verschwunden ist?«
    »Und seitdem ist nie wieder etwas passiert«, beharrte sie. »Und das mit der Nichte wissen wir nicht genau. Vielleicht ist sie auch im Moor geblieben.«
    »Natürlich.« Verächtlich schnaubte er durch die Nase. »Ein pferdeverrücktes Mädchen, das gern abends am See spazieren geht und sich ums Verrecken nicht allein ins Moor getraut hätte, ist mit Sicherheit nicht vom Kelpie geholt worden, sondern dann doch mal ins Moor marschiert, um dort zu ertrinken, nur weil es dir so besser in den Kram passt. Hörst du dir eigentlich selbst zu?« Er lehnte sich zurück und warf einen Blick auf die Uhr. »Neun Minuten hast du noch. Wie ich bereits sagte – tick-tack, wie doch die Zeit vergeht. Noch etwas?« Ungeduldig trommelte er mit den Fingern auf den Tisch. Gebannt starrte sie auf seine langen, schmalen Finger und riss sich nur mit Mühe von dem Anblick los.
    »Gut. Dann war es vielleicht der Kelpie. Aber jedenfalls steht fest, dass er seit dreizehn Jahren keinen Schaden angerichtet hat.«
    »Allerdings hat er das. Und zwar an unserer Kasse«, wandte er trocken ein. Seine Augen funkelten. »Ich habe jetzt die Rechnungen auf dem Tisch, seit Vater nicht mehr da ist, vergiss das nicht. Und ich sehe, mit was du ihn fütterst und wie viel das kostet. Ich wollte dich schon eine Weile fragen, ob es wirklich schlachtfrisches Lammfleisch sein muss. Täte es nicht auch – ich weiß nicht, Schwein? Ist Schwein nicht Menschenfleisch

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