Die Festung der Titanen
sind nur vorsichtig.«
Wir ritten ostwärts, um zu der Rampe zu gelangen, die hoch zu dem Plateau führte, doch kaum eine halbe Kerzenlänge später hob Zokora die Hand und zügelte ihr Pferd. Es war eine wolkenlose Nacht und auch wenn nur ein Mond als Sichel am Himmel stand, war es genug für uns, um das Schlachtfeld sehen zu können, das sich vor uns erstreckte.
Ich sah zwei der großen Wagen, mit denen die Legionen Arkins ihren Nachschub erhielten, die verbrannt und verkohlt waren, bei einem von ihnen war noch ein totes Rindvieh eingespannt. Die anderen Wagen hatte man wohl hinauf zur Felsenfeste gebracht.
Vor meinen Augen konnte ich alles sehen. Die schwarzen Legionäre waren in einer Reihe marschiert, als der Angriff stattfand, er musste sie vollständig überrascht haben. Ich sah, wo und wie sie sich gesammelt hatten, sah die geplünderten und nackten Leichen dort liegen, sah, wo sie gefallen waren, konnte erkennen, wo und wie die Linien gebrochen waren, folgte dann dem kurzen Marsch der Überlebenden hin zu diesem anderen Ort, an dem sie in Reih und Glied gestorben waren.
Selbst Zeus schien mir widerwillig, als ich ihn näher an diesen Ort herantrieb. Von den hundert Legionären, die den Wagenzug hatten schützen sollen, waren nur knapp dreißig im Kampf gefallen, bevor man sie überwältigt hatte.
Die Überlebenden hatte man nackt ausgezogen, ihnen die Hände auf den Rücken gebunden, in Reih und Glied knien lassen … und schließlich war man hinter ihnen entlanggegangen, um ihnen allen nacheinander die Kehlen durchzuschneiden, manche der Toten saßen noch immer so da, gefesselt, auf Knien, in sich zusammengesunken, während der trockene Wind der Steppe sie langsam verzehrte.
»Sie hat nicht einen leben lassen«, stellte ich mit rauer Stimme fest. »Warum? Sie waren schon besiegt …«
»Du kanntest den Ruf, den Miran besitzt, bevor du ihr den Befehl über die zweite Legion gegeben hast«, sagte Serafine tonlos. »Du hast sie ausgewählt, weil sie Ergebnisse bringt. Ihr Auftrag war es, die Versorgungswagen aufzuhalten, genau das hat sie getan.« Sie seufzte. »Ich kann sie verstehen, was hätte sie mit den Gefangenen tun sollen?«
»Nach Askir in Gefangenschaft schicken, durch das Tor.«
Sie schüttelte den Kopf. »Die Gefahr eingehen, dass einer der Soldaten für Kolaron eine Puppe ist? Du weißt, die meisten wissen es nicht, dass der Kaiser durch ihre Augen sehen kann. So jemanden nach Askir zu bringen, wäre ein Fehler.«
»Es gibt andere Orte und durch das Tor …«
Sie schüttelte bedauernd den Kopf. »Du weißt, so einfach ist es nicht. Die meisten dieser Soldaten haben ihr Leben lang nur den Hass auf Askir gelernt, wir sind ihr schlimmster Albtraum, sie würden sich nicht einfach fügen und blieben eine Gefahr.«
Ich ließ meinen Blick über die stillen Gestalten schweifen, im fahlen Licht des Mondes waren sie ein Anblick, der einen in den Schlaf verfolgen konnte.
»Ihr schlimmster Albtraum«, sagte Enke nachdenklich und fügte dann hinzu, was ich gerade selbst auch dachte. »Damit haben sie wohl recht behalten.«
»Miran versteht das Kriegshandwerk«, erklärte Zokora ruhig. »Auch die Regel der eisernen Hand. Der Feind muss mich fürchten, sodass meine Soldaten mich lieben. Eine alte Regel, Havald.«
Ja. Ich kannte sie.
Varosch schaute bedeutsam zu mir hin. Was war seine Frage noch gewesen? War alles, was nötig erscheint, auch richtig?
Ich wusste es nicht, aber zumindest Miran schien daran nicht zu zweifeln.
Wir ritten weiter, doch ich sah des Öfteren zurück, bis die stillen Schicksalszeugen nicht mehr mit bloßem Auge zu erkennen waren.
Irgendwann würden Sand und Erde sie und alle Spuren ihres Schicksals unter sich begraben, bis niemand
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