Die Festung der Titanen
Serafine.
Varosch lächelte verhalten. »Ich glaube, es war ihr peinlich.«
Ja, dachte ich. Das sah Zokora ähnlich. In einem Kampf gegen ein Ungeheuer, das zigmal so groß war wie sie und fast gänzlich unverwundbar schien, ihr Schwert zu verlieren, war in der Tat etwas, das ihr peinlich sein sollte!
Solange ich sie nun schon kannte und schätzte, es gab Dinge an unserer Dunkelelfe, die ich wohl nie verstehen würde.
Wir setzten unseren Weg fort. Zwar hatte ich ab und an das Gefühl, als würde uns aus den Schatten etwas belauern, doch was auch immer uns da gierig beäugte, entschied sich wohl anders, als es die Katze sah. So erreichten wir das Lager der Priester ohne weitere Zwischenfälle. In einer der stabiler wirkenden Ruinen suchten wir uns einen Platz, von dem aus wir das Lager gut einsehen konnten; was wir allerdings vor uns sahen, war nicht geeignet, uns viel Hoffnung zu geben.
16
Der Fingerknochenzauber
»Das ist eine Festung«, stellte Varosch beeindruckt fest. »Die Priester haben sich gut verschanzt.«
»Sie haben sich nur zunutze gemacht, was bereits vorhanden war«, stellte Zokora fest und ließ das Sehrohr wieder sinken. »Diese Mauern sind aus Graustein und massiv genug, um auch den nächsten Krieg der Götter zu überstehen.«
Die Mauern, die sie meinte, schlossen ein Gebiet von fast hundertfünfzig Schritt in Breite und Tiefe ein. Sie waren schräg wie die Basis einer Pyramide und ragten gut fünf Mannslängen in die Höhe. Ein schweres Tor aus diesem grünen Glas, aus dem auch die Rüstungen gefertigt waren, die wir gefunden hatten, bildete den einzigen Zugang zu dem Gebiet. Es gab Risse und Sprünge in den Wällen, hier und da breit genug, dass man eine Faust hätte hineinstecken können, doch Zokora hatte recht: Es würde lange dauern, bis diese Mauern fielen, sehr lange. Oben auf der Mauer konnten wir gegen den Lichtschein der Feuer hinter der Mauer Soldaten erahnen, die dort Wache hielten. »Sie müssen etwas Wichtiges beschützen.«
»Ja«, nickte Aleyte. »Das Grab des dunklen Gottes. Die Götter wussten, was sie taten, als sie ihn hier begraben haben.«
»Wie kommen wir hinein?«, fragte Serafine.
»Ihr gar nicht«, antwortete Aleyte etwas ungehalten. Er sah zu Soltars Tuch hinauf. »Der Morgen ist nun nicht mehr weit, Arkin steht immer kurz vor Sonnenaufgang auf, und das Erste, was ihm dann meistens einfällt, ist, mich herbeizuzitieren, viel Zeit bleibt uns also nicht mehr. Ihr bleibt hier zurück, und ich gehe mit Havald hinein.«
»Ich wusste nicht, dass Ihr jetzt die Befehle gebt«, gab Serafine kühl zurück.
Aleyte schaute zu ihr hin und zuckte mit den Schultern. »Ob Ihr es so wollt oder nicht«, teilte er ihr mit. »Die Dinge sind, wie sie sind. Ich kann nur ihn mit hineinnehmen, ohne dass es auffällt.«
Es wurde wohl Zeit für mich, hier einzuschreiten. »Dann sollten wir die Zeit, die uns noch bleibt, nicht weiter verschwenden.«
»Richtig«, sagte die alte Enke. »Am besten sollten wir es der Katze nachtun«, fügte sie hinzu und wies mit ihrem Daumen auf das Tier, das gerade lautlos davonging. »Sie weiß, was gut ist für sie, und hat wohl entschieden, dass sie weit genug mit uns gegangen ist.«
»Es ist seltsam«, meinte Serafine, als sie der Katze nachsah. »Doch ich glaube, ich werde sie vermissen.«
»Sie hat uns lange genug aufgehalten«, meinte Aleyte ungehalten und wandte sich an mich. »Seid Ihr bereit?«
Ich nickte.
»Was muss ich tun?«, fragte ich ihn.
»Folgt mir einfach.« Er griff in eine seiner Taschen, um mir etwas zu reichen, das bleich und knöchern war.
»Ein Fingerknochen?«, fragte ich erstaunt.
»Ja«, nickte er. »Er gehörte einem von zwei Priestern, die gestern Abend den Fehler begingen, einem dieser Hunde über den Weg zu laufen. Haltet ihn einfach, er ist mit
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