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Die Feuer von Troia

Die Feuer von Troia

Titel: Die Feuer von Troia Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marion Zimmer-Bradley
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Tempel leben und mich um die Orakel und die Rituale kümmern?«
    »Nein, so einfach ist es nicht, mein Kind«, erklärte Imandra. »Es bedeutet, daß du von diesem Tag an zwischen den Menschen und den Unsterblichen stehen mußt. Du mußt den Menschen die Wege der Götter erklären und umgekehrt… Ein solches Leben würde ich meiner Tochter nicht wünschen. «
    »Aber warum bin ich dazu bestimmt worden?«
    »Nur Die, die dich berufen haben, kennen die Antwort darauf, Kleines«, sagte Imandra sehr sanft. »Einige von uns sind so deutlich dazu bestimmt, daß es keinen Zweifel daran gibt. SIE geben uns keine Erklärung für IHR Tun. Aber wenn wir versuchen, uns IHREM Willen zu entziehen, haben Sie Möglichkeiten, uns in IHREN Dienst zu zwingen. Vergiß das nie…. Niemand bemüht sich darum, auserwählt zu sein. Die Götter wählen uns, und wir können nur versuchen, IHNEN zu dienen.«
    Und doch , dachte Kassandra,  ich hätte mich vermutlich um diesen Dienst bemüht. Zumindest diene ich IHNEN nicht gegen meinen Willen . Die Schlange hatte sich in ihrem Arm zusammengeringelt und schien zu schlafen. Imandra beugte sich vor, nahm die schlafende Schlange und ließ sie in ihren Ausschnitt gleiten.
    »Beim nächsten vollen Mond sollst du vor Sie treten«, sagte die Königin. Kassandra spürte, daß in diesen Worten eine Prophezeiung lag.

12
    »Ich weiß so wenig darüber, was es bedeutet, eine Priesterin zu sein«, sagte Kassandra. »Was muß ich tun?«
    »Wenn die Göttin dich gerufen hat, wird Sie es dir klarmachen«, erwiderte Penthesilea. »Wenn die Göttin dich nicht gerufen hat, ist es nicht wichtig, was du tust oder nicht tust, denn es läuft dann alles auf dasselbe hinaus. «
    Sie strich Kassandra über den Kopf und sagte: »Du mußt dir eine Schlange besorgen und einen Topf, in dem du sie hältst. «
    »Ich würde sie lieber unter meinem Kleid tragen, wie die Königin es tut.«
    »Das ist schön und gut«, sagte Penthesilea. »Aber jedes Tier braucht einen Platz als Zuflucht, der ihm gehört.«
    Kassandra konnte das gut verstehen. Also ging sie mit ihrer Tante auf den Markt und suchte nach einem Topf für ihre Schlange. Sie nahm sich vor, am nächsten Tag aufs Land zu gehen und eine Schlange zu finden. Es erschien ihr nicht richtig, eine Schlange für Geld auf dem Markt zu kaufen, obwohl sie vermutlich mit den Leuten reden könnte, die Schlangen für den Tempel aufzogen. Vielleicht würde ihr Imandra auch verraten, was sie dabei beachten mußte.
    Auf dem Markt suchte sie bei den Topfhändlern und entdeckte schließlich ein blaugrünes Gefäß mit Meereswesen; auf der einen Seite stand eine Priesterin, die einer unbekannten Göttin eine Schlange darbot. Kassandra fand, das sei genau der richtige Topf für ihre Schlange, und sie kaufte ihn auf der Stelle mit dem Geld, das Penthesilea ihr gegeben hatte. Es gab viele Töpfe mit demselben Motiv, und sie fragte sich, ob sie alle für denselben Zweck benutzt wurden.
    Als an diesem Abend die Sonne unterging, stand sie mit Andromache auf dem Dach des Palastes und blickte auf die dunkle Stadt hinunter, in der nacheinander die Lichter angezündet wurden. 
    »Du kannst nicht in der ledernen Hose einer Amazone vor die Göttin treten«, sagte Andromache. »Ich werde dir ein Gewand leihen. «
    »Hältst du die Göttin für so dumm? Ich bin, was ich bin. Glaubst du, ich kann sie täuschen, indem ich etwas anderes anziehe?«
    »Du hast natürlich recht«, sagte Andromache beschwichtigend. »Für die Göttin ist es bestimmt nicht wichtig. Aber die anderen Gläubigen könnten es sehen und wären möglicherweise entsetzt. « 
    »Das ist etwas anderes«, stimmte Kassandra zu. »Ich verstehe, was du meinst. Ich werde ein Gewand tragen, wenn du so nett bist, mir eines zu leihen. «
    »Aber natürlich, Schwester«, sagte Andromache. Sie wurde unsicher und fügte beinahe trotzig hinzu: »Du wirst meine Schwester, wenn ich deinen Bruder heirate, und wenn ich nach Troia komme, habe ich in der fremden Stadt eine Freundin. «
    »Aber natürlich.« Kassandra legte der Jüngeren den Arm um die Schulter, und sie standen dicht nebeneinander in der Dunkelheit. »Troia ist nicht fremder als deine Stadt. «
    »Aber für mich ist es eine fremde Stadt«, widersprach Andromache. »Ich kenne nur Kolchis, und hier herrscht eine Königin. Deine Mutter Hekabe herrscht doch nicht über Troia, oder?«

    Bei dem Gedanken, daß Hekabe über ihren strengen Vater herrschen sollte, mußte Kassandra leise

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