Die Feuerinseln: Das Geheimnis von Askir 5 (German Edition)
hatte, als wir uns daranmachten, das Flaggschiff zu verlassen.
Ich war mit hineingekommen und zog meinen nassen Umhang aus, als sie ein seltsames Geräusch ausstieß. Ich sah zu ihr herüber. Sie saß da, noch nass von der Überfahrt, Tropfen liefen ihr aus ihrem Haar übers Gesicht, aber ich war mir nicht sicher, ob es wirklich nur Meerwasser war. Ihr Gesicht war starr und ihre Fäuste geballt, sie sah geradeaus und nahm mich nicht wahr. Dann tat sie einen tiefen Atemzug und sah mich an.
»Wir haben den Befehl, südwestlich der Feuerinseln Position zu beziehen und dort das Gebiet gegen Piraten zu sichern«, teilte sie mir mit.
»Liegt die Hafeneinfahrt nicht nordöstlich?«, fragte ich überrascht. Wenn der Hafen blockiert werden sollte, was sollten wir auf der anderen Seite der unwirtlichen Inseln? Dort gab es nichts zu bewachen.
»Damit habt Ihr unbestreitbar recht, Lanzengeneral«, meinte sie. »Ich weiß, dass ich Euch meine Kabine anbot«, fuhr sie fort. »Und ich stehe auch dazu, aber wärt Ihr so freundlich, mich für einen Moment allein zu lassen? Und richtet Schwertleutnant Mendell aus, er soll zu mir kommen.«
»Frische Luft ist nie verkehrt«, sagte ich, griff meinen nassen Umhang und ging wieder hoch an Deck, wo ich Amos und Mendell, vertieft in eine leise Unterhaltung, auf dem Achterkastell vorfand.
Ich trat an die beiden heran. Amos nickte mir zu, und Mendell begrüßte mich mit einem freundlichen Lächeln, das dennoch etwas gequält wirkte.
Ich deutete mit meinen Augen zu der Samara . »Was ist eben dort geschehen?«, fragte ich leise. »Vorher hatte ich das Gefühl, dass der Lanzenkapitän nicht sonderlich erfreut darüber war, den Admiral zu sehen, jetzt scheint sie mir nachgerade unglücklich darüber.«
»Das habt Ihr höflich ausgedrückt, General«, meinte Mendell und stieß einen Seufzer aus. »Eigentlich hätte es die Hildfas Wacht unter Admiral Jilmar sein sollen. Doch wie es scheint, wurde er dringlich nach Askir abberufen. Stattdessen ist es Admiral Esen.« Er verzog das Gesicht, als hätte er etwas in seinem Essen gefunden, das sich noch bewegte.
»Ihr sollt zu ihr kommen«, teilte ich ihm mit.
Er nickte höflich und eilte davon.
Ich wandte mich an Amos. »Ihr könnt mir die Hängematte zeigen, von der Ihr gesprochen habt, und mir dann erklären, was es mit diesem Admiral Esen auf sich hat.«
Er schüttelte den Kopf. »Ihr seid ein General«, sagte er. »Keine Hängematte für Euch. Jedenfalls nicht im Quartier der Unteroffiziere. Ihr müsst schon mit Elgatas Kabine vorliebnehmen. Und ich weiß nicht, ob ich Eure Frage beantworten sollte, es gehört sich nicht, schlecht über einen vorgesetzten Offizier zu sprechen.«
»Damit habt Ihr es auch schon getan«, sagte ich und stützte meine Arme auf die Reling. »Was ist mit den beiden, Amos? Selbst ein Blinder hätte sehen können, dass der Admiral kein Freund unseres Kapitäns ist.«
»Sie waren beide im selben Jahrgang auf der Marineakademie«, berichtete er, was mich überrascht blinzeln ließ. Elgata hätte ich höchstens für drei Dutzend Jahre alt gehalten, Esen sah deutlich älter aus. »Sie bestand mit Auszeichnung, und Esen kam gerade so durch. Elgata wurde noch vor Abschluss der Akademie zum Schwertleutnant befördert. Das sind die Fakten. Alles Weitere sind nur Gerüchte, General.«
»Ich habe nichts gegen einen guten Tratsch. Manchmal hilft es, den Rauch zu sehen, dann weiß man, dass man nach dem Feuer schauen muss.«
»Nun denn«, meinte Amos. »Es heißt, Esen habe versucht zu betrügen und Elgata habe ihn gemeldet. Beinahe wäre er von der Akademie geflogen. Allerdings ist seine Frau die Tochter eines reichen Handelsherrn, und in ihrem Vater hat er einen Gönner. Es gab einen Eklat, doch der wurde unter den Tisch gekehrt. Vor fünf Jahren – ich habe es schon angedeutet – geriet Elgata in Gefangenschaft der Piraten. Es war reines Glück, dass wir sie retten konnten, aber es waren zwei lange Jahre für sie. Dann blieb sie fast ein halbes Jahr im Tempel der Astarte, so lange brauchte es, bis sie genesen war. Esen war eine treibende Kraft darin, Zweifel an ihren Fähigkeiten zu streuen. Er selbst wurde über andere hinweg zum Hafenadmiral befördert.« Amos verzog das Gesicht. »Es ist ein ruhiger Posten an einem Schreibtisch. Viele verdiente Männer und Frauen hatten diesen Posten inne, aber meist erst, nachdem sie Jahre zur See gefahren waren. Ein Ruheposten, versteht Ihr? Der letzte Hafenadmiral starb an den
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