Die Feuerkämpferin 03 - Im Land der Elfen
sicher, ob sie nach den letzten Anstrengungen noch genügend besaß.
Sie sprach die Formel und wartete. Einen Augenblick lang passierte gar nichts.
Doch plötzlich ergriff Panik sie, denn die Feuerkämpferin nahm wahr, wie eine Kraft sie aller Energien beraubte. Der Raum um sie herum schien sich zu verformen und aufzulösen. Einen Moment lang waren sie in ein weißes Nichts getaucht, dann färbte sich alles in
zarte Blautöne. Und schließlich spürte Adhara unter den Knien harten Fels und vernahm aufgeregte Stimmen. Jemand nahm ihr Shyra von den Schultern, ein anderer stützte sie, bettete sie flach auf den Boden und fragte, wie es ihr gehe. Sie war zu erschöpft, um zu antworten. Kaum hatte ihr Kopf den bloßen Fels berührt, war um sie herum schon alles dunkel und schwarz geworden.
Adhara erwachte in dem schmucklosen Raum, den man ihr in der Elfengrotte zugewiesen hatte. Bläuliches Licht umhüllte sie und kam ihr mit einem Mal sehr tröstlich vor. Enorme Anstrengungen lagen hinter ihr. Nach dem Flugzauber, der es ihr ermöglichte, sich an Ort und Stelle aufzulösen und anderswo wieder Gestalt anzunehmen, hatte sie einen ganzen Tag lang geschlafen.
Jetzt stand sie auf und nahm das Amulett aus der Tasche. Sie drehte es zwischen den Fingern hin und her und betrachtete es. Seltsam sah es aus, erloschen und harmlos. Adhara fragte sich, ob das täuschte und es genügte, es sich um den Hals zu hängen, damit die verheerenden Kräfte reaktiviert wurden, die Lhyr verschlungen hatten.
Das Meer war zurückgegangen, es herrschte Ebbe und sie konnte zu dem kleinen Strand hinuntergehen. Sie nahm das Amulett und tauchte es ins Meer. Nur kurz färbte das Blut das Wasser um ihre Hand herum, dann verteilte es sich und löste sich auf in der Weite des Ozeans. Ähnlich wie Lhyr vor ein paar Stunden, dachte Adhara wehmütig. Und jetzt blieb nichts von ihr
übrig als eine unsichtbare Spur, die sich in der Unendlichkeit verlor.
Von erneuter Müdigkeit erfasst, kehrte sie in ihre Kammer zurück, streckte sich auf dem Strohlager aus und nahm das Amulett vor die Augen. Es hatte eine große Bedeutung für sie, denn es stand für viele Dinge. Es war ein Andenken, das Lhyr ihr hinterlassen hatte, aber gleichzeitig auch ein Vorzeichen dessen, was die Zukunft ihr bringen würde, eine Art Spur. Und sie wusste bereits, was sie als Erstes unternehmen würde, wenn sie wieder in die Aufgetauchte Welt heimgekehrt war.
Adhara erfuhr, dass der Tempelbrand einen Volksaufstand entfacht hatte.
All die Not, die in dem Gotteshaus so geballt zusammengekommen war, all das zu lange klaglos hingenommene Leid eines Volkes, das nicht mehr willens war, allein den Preis für den Krieg ihres Königs zu zahlen, war in Widerstand umgeschlagen. Wie ein Lauffeuer hatte sich das Gerücht verbreitet, Larshar habe den Altar anzünden lassen, um einige Rebellen zu töten, die sich in der Menge versteckt hätten, sei also bereit gewesen, zu diesem Zweck alle Gläubigen zu opfern. Rasch griff die Revolte auf ganz Orva über. Überall brannten Gebäude, in den Straßen wurde gekämpft, das Blut von Brüdern vergossen.
Doch Shyra nahm nicht daran teil. Sie lag auf ihrem Bett und schwebte zwischen Leben und Tod. Zusammen mit den anderen kümmerte sich Adhara aufopferungsvoll um sie. Sie hätte nie geglaubt, auch in den
Heilkünsten dermaßen bewandert zu sein. Ebenfalls eine Gabe, die Adrass ihr vermacht hatte.
Als es Shyra endlich besserging, fragte sie sogleich nach ihrer Schwester, deren Namen sie im Fieber die ganze Zeit gerufen hatte.
»Ich werde mit ihr sprechen«, sagte Adhara zu den anderen. Dies war ihre Aufgabe, dies war der Preis, den sie zahlen musste, weil sie Lhyr getötet hatte. Denn so oft sie sich auch sagen mochte, dass Lhyr sie darum gebeten hatte und ihre Handlung ein Akt der Gnade war, so konnte sie in diesem Dolchstoß nichts anderes als einen Mord sehen. Jeder Tod, den sie verursacht hatte, lastete wie ein Felsblock auf ihr, doch der von Lhyr kam ihr noch unerträglicher vor als die anderen.
Shyra schrie, bedrohte sie, wollte ihr an den Hals gehen, obwohl sie noch sehr geschwächt und erst auf dem Weg der Besserung war. Adhara hatte es nicht anders erwartet.
»Du hättest sie retten müssen! Ich habe dich zu ihr geführt, damit du sie rettest. Stattdessen hast du sie umgebracht!«
Shyras Augen blitzten, erfüllt von einem nicht zu besänftigenden Zorn, auf Adhara, vor allem aber auf sich selbst. Es war die Trauer, die dies
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