Die Feuerkämpferin 03 - Im Land der Elfen
bewirkte.
Langsam verstrichen die Tage in der unwirklichen Atmosphäre dieses der Welt entrückten Ortes. Die Zeit maß nur das Kommen und Gehen des Meeres, das den Höhleneingang verschloss und wieder öffnete, ein ums andere Mal, stets von neuem, in einem Kreislauf, der keinen Anfang und kein Ende hatte.
Irgendwann gab Shyra ihre Isolierung auf. Mit dicken
Rändern um die Augen, das Gesicht eingefallen, trat sie aus der Tür. Ihr Aussehen hatte sich ein wenig dem von Lhyr angeglichen, eine gewisse Sanftheit in den Gesichtszügen, etwas Weiblicheres, das nun plötzlich in ihrem Blick oder ihren Gesten schimmerte. Lhyr schien tatsächlich tief in ihr verwurzelt zu sein. Für immer.
»Ich will hier nicht länger sein. Mein Platz ist in der Schlacht«, erklärte sie so entschlossen, wie man sie kannte. »Gleich morgen früh brechen wir auf. Der Mann, der für diesen Krieg verantwortlich ist, soll für alles bezahlen.«
Das Portal, das Adhara durchqueren musste, um ans Ufer des Saar zu gelangen, stand in Orva.
In der Stadt herrschten chaotische Zustände. Die Außenbezirke waren bereits in der Hand der Aufständischen, während die Altstadt mit dem königlichen Palast noch von Larshar und seinen Getreuen gehalten wurde. Jeden Tag wurde gekämpft, nur Zoll für Zoll konnte die Stadt erobert werden. Der Bürgerkrieg hatte gerade erst begonnen.
Adhara und Shyra schlichen sich in eine kleine Schenke, nicht größer als ein Wohnzimmer mit einer verlassenen Theke in einer Ecke und einem einzigen großen Tisch in der Mitte. Es waren nur wenige Gäste da, alle bis an die Zähne bewaffnet. Mit Sicherheit Aufständische. Shyra grüßten sie ehrerbietig, bevor sich ihre Blicke misstrauisch auf Adhara richteten. Auch die hellsichtigsten Elfen hegten keine großen Sympathien für die Menschen.
»Sie gehört zu mir«, erklärte Shyra knapp, und damit gaben sich die Männer zufrieden.
An einer Ecke des Tisches nahm die Elfe Platz und forderte Adhara auf, es ihr nachzutun. Gleich darauf wurden zwei Schüsseln mit dampfender Suppe vor ihnen auf den Tisch gestellt. Der Geruch war Adhara völlig fremd.
»Was ist das?«, fragte sie neugierig.
»Veridonia-Suppe«, antwortete die Elfe.
Adhara tauchte den Löffel hinein und kostete. Es schmeckte nicht schlecht.
»Bist du sicher, dass du fort willst?«, fragte Shyra irgendwann. »Orva ist noch nicht erobert, und auch wenn wir es geschafft haben, stehen wir noch am Anfang. Zwar ist Kryss unser Ziel, aber wir müssen seine Abwesenheit ausnutzen, um unser Land von der Herrschaft dieses Tyrannen zu befreien.«
»Du weißt, dass ich eine andere Mission habe.«
Shyra blickte sie lange an.
»Ich muss zurück in die Aufgetauchte Welt«, fuhr Adhara fort. »Trotz allem ist sie mein Zuhause, ich kann sie nicht einfach ihrem Schicksal überlassen. Und Amhal auch nicht«, fügte sie dann noch hinzu.
Shyra lächelte. Sie wusste genau, wie stark solch ein Wunsch sein konnte.
»Obwohl du nicht an unsere Götter glaubst, habe ich das Gefühl, dass du mehr Gottvertrauen besitzt als ich.« Shyra stützte sich mit den Ellbogen auf dem Tisch auf. »Wie du weißt, befindet sich das Portal, durch das du in die Aufgetauchte Welt gelangst, in einem Teil der Stadt, der noch von Kryss’ Leuten kontrolliert wird.
Und der Geheimgang dorthin, von dem uns ein Überläufer berichtet hat, wird sicher sehr streng bewacht werden.«
»Das glaube ich auch. Es wird gefährlich. Deshalb könnte ich gut verstehen, wenn du nicht mitkommst.«
»Ausgeschlossen!« Shyras Stimme klang nicht nur überzeugt, sondern auch ein wenig gekränkt. »Natürlich bringe ich dich dorthin. Und ich helfe dir, durch dieses magische Portal zu verschwinden. Aber du musst dir im Klaren darüber sein, welch großes Risiko du eingehst. Also, überleg es dir. Willst du nicht doch hier bei uns in Mherar Thar bleiben und für eine Sache kämpfen, die größere Erfolgsaussichten hat?«
»Tut mir leid, Shyra. Aber für mich ist es Zeit zurückzukehren.«
Die Elfe richtete sich auf und nickte. »Ich verstehe dich, iss fertig, dann machen wir uns auf den Weg.«
»Dieser Gang wurde benutzt, als die Stadt erbaut wurde«, sagte der Junge, der vor ihnen ging. Er war ein aufgeweckter Typ, vielleicht gerade mal dreizehn Jahre alt. Adhara wunderte sich, dass schon so ein junger Bursche am Aufstand teilnahm, noch dazu in dieser gefährlichen Rolle – als Überläufer. Larshar, bei dem er gedient hatte, schreckte also nicht davor zurück,
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