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Die Flammen der Dämmerung: Roman (German Edition)

Die Flammen der Dämmerung: Roman (German Edition)

Titel: Die Flammen der Dämmerung: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Peter V. Brett
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Mädchen nicht mit sharusahk beikommen konnte, dann wollte sie so handeln wie ihre Mutter. Sie würde den Blick gesenkt halten und gehorchen. Hart arbeiten. Zuhören. Lernen.
    Und dann, wenn niemand hinsah, würde sie Melans Lagerzelt aufsuchen und Ungeziefer darin aussetzen.

1
    Arlen
    333 NR – Sommer
30 Morgendämmerungen vor Neumond
    R enna küsste Arlen noch einmal. Eine sanfte Brise strich über den dünnen Schweißfilm auf ihren Körpern und kühlte sie, während sie in der heißen Nacht keuchten.
    »Ich habe mich schon gefragt, ob du unter dieser Stoffwindel auch tätowiert bist«, sagte sie. Sie kuschelte sich dicht an ihn heran, legte den Kopf auf seine nackte Brust und lauschte dem Schlag seines Herzens.
    Arlen lachte und legte seinen Arm um sie. »Das Ding nennt man Bido. Und selbst meine Besessenheit hat Grenzen.«
    Renna hob den Kopf und flüsterte ihm ins Ohr: »Vielleicht brauchst du nur einen Bannzeichner, dem du vertraust. Es ist die Pflicht einer Ehefrau, sich gut um das zu kümmern, was sich im Bido ihres Mannes befindet. Ich könnte dich mit Schwarzstängelsaft bemalen …«
    Arlen schluckte, und sie sah, dass sich seine Haut rötete. »Die Siegel würden ihre Form verändern, noch während du sie zeichnest.«
    Renna lachte, schlang die Arme um ihn und ließ den Kopf wieder auf seine Brust sinken.
    »Manchmal frage ich mich, ob ich verrückt bin«, sagte sie dann.
    »Warum?«
    »Gelegentlich kommt es mir vor, als säße ich immer noch in Selias Spinnstube und würde ins Leere starren. Alles, was seitdem passiert ist, erscheint mir wie ein Traum. Vielleicht hat meine Fantasie mich nur an einen sonnigen Ort versetzt, und da hänge ich nun fest.«
    »Du hast eine merkwürdige Vorstellung von einem sonnigen Ort«, fand Arlen.
    »Überhaupt nicht«, widersprach Renna. »Ich bin Harl und diese verfluchte Farm losgeworden, fühle mich stärker, als ich es je für möglich gehalten hätte, und tanze des Nachts unter freiem Himmel.« Mit der Hand vollführte sie eine weitausholende Geste. »Alles glänzt in bunten Farben.« Sie sah ihn an. »Und ich bin mit Arlen Strohballen zusammen. Für mich kann es keinen sonnigeren Ort geben.«
    Renna biss sich auf die Lippe, als die Worte in ihr hochsprudelten. Worte, die sie oft gedacht, aber niemals laut auszusprechen gewagt hatte. Teils zögerte sie, weil sie Arlens Reaktion fürchtete, aber auch sie selbst hegte viele Zweifel. Alle Gerber-Schwestern hatten sich bereitwillig in das Bett des erstbesten anständigen Mannes gelegt, den sie trafen, aber war eine von ihnen jemals verliebt gewesen?
    Als sie noch Kinder waren, hatte Renna geglaubt, sie würde Arlen lieben, aber sie kannte ihn nur von fern; mittlerweile wusste sie, dass ihre Zuneigung weniger dem Jungen selbst galt, sondern den Eigenschaften, die sie ihm in ihrer Fantasie angedichtet hatte.
    Im letzten Frühling hatte Renna sich eingeredet, sie würde Cobie Fischer lieben, aber jetzt wusste sie, dass sie sich selbst etwas vorgemacht hatte. Cobie war kein übler Bursche gewesen, aber Renna hätte vermutlich auch jeden anderen Mann, der zu Harls Farm gekommen wäre, verführt. Sie hätte alles getan, nur um wegzukommen, denn überall war es besser als dort, und jeder dahergelaufene Mann war besser als ihr Dad.
    Aber Renna hatte das Lügen satt. Und sie war es leid, zu schweigen.
    »Ich liebe dich, Arlen Strohballen«, sagte sie.
    Ihr Mut verließ sie, sobald ihr die Worte entschlüpft waren, und sie hielt den Atem an. Aber ohne zu zögern, zog Arlen sie fester in seine Arme. »Und ich liebe dich, Renna Gerber.«
    Sie blies den Atem aus, und all ihre Ängste und Zweifel verschwanden.
    Renna war so aufgeladen mit Magie, dass sie nicht einschlafen konnte, aber sie sehnte den Schlaf auch nicht herbei. Sie fühlte sich behaglich und geborgen und wunderte sich fast ein bisschen, wie es möglich war, dass sie und Arlen erst vor ein paar Stunden an genau dieser Stelle gegen einen Dämonenprinzen und seine Diener gekämpft hatten. Die Welt schien eine andere zu sein. Das Leben war anders. Für eine kurze Zeit waren sie entkommen.
    Doch während der Schweiß trocknete und die Glut der Leidenschaft abklang, drang die reale Welt wieder auf sie ein, schrecklich und beängstigend. Sie waren von den Kadavern toter Horclinge umgeben, schwarzes Dämonenblut war über die gesamte Lichtung gespritzt. Ein Dämon, der seine Gestalt verwandeln konnte, hatte immer noch ihre Form; der Kopf war glatt abgetrennt und aus der Wunde

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