Die Flammen der Dämmerung: Roman (German Edition)
troff ein schwarzes Sekret. In ihrer Nähe lag immer noch Schattentänzer mit geschienten Beinen, der um ein Haar von einem Mimikrydämon getötet worden wäre.
»Ich muss Schattentänzer heilen, damit er wieder laufen kann«, sagte Arlen. »Und auch dann wird es ein, zwei Nächte dauern, bis er wieder voll bei Kräften ist.«
Renna ließ den Blick über die Lichtung wandern. »Die Vorstellung, noch eine Nacht hier zu verbringen, gefällt mir nicht.«
»Mir genauso wenig«, gab Arlen zu. »Morgen werden die Horclinge von diesem Platz angezogen werden wie Würmer von einer Regenpfütze. Unweit von hier habe ich einen sicheren Unterschlupf mit einem Wagen, der groß genug ist, um Schattentänzer zu befördern. Ich kann ihn holen und bin dann kurz nach Sonnenaufgang wieder zurück.«
»Trotzdem wirst du den Anbruch der Nacht abwarten müssen«, sagte Renna.
Arlen legte den Kopf schräg. »Warum?«
»Das Pferd wiegt mehr als das Haus deines Dads«, erklärte Renna. »Wie sollen wir es ohne die Kraft, die die Nacht uns gibt, auf den Wagen hieven? Und wer soll den Karren überhaupt ziehen?«
Arlen sah sie an, und trotz der eintätowierten Siegel, die sein ganzes Gesicht bedeckten, verriet ihr seine Miene alles. »Hör auf damit!«, schnappte sie.
»Womit soll ich aufhören?«, fragte Arlen.
»Zu überlegen, ob du mich belügen sollst oder nicht. Wir sind jetzt einander versprochen, und zwischen Mann und Frau darf es keine Lügen geben.«
Verdutzt schaute Arlen sie an, dann schüttelte er den Kopf. »Ich hatte nicht vor, dich richtig zu belügen. Ich versuche nur zu entscheiden, ob es an der Zeit ist, dir etwas zu erzählen.«
»Jetzt ist der rechte Zeitpunkt, um mit der Wahrheit rauszurücken. Andernfalls kannst du was erleben«, betonte Renna. Arlen sah sie aus zusammengekniffenen Augen an, aber sie hielt seinem Blick stand, und nach einer Weile zuckte er mit den Schultern.
»Während des Tages verliere ich nicht meine gesamte Kraft«, sagte er. »Selbst unter der Mittagssonne könnte ich wahrscheinlich eine Milchkuh hochheben und weiter weg schleudern, als du einen Flusskiesel werfen kannst.«
»Und was macht dich so besonders?«, fragte Renna.
Wieder streifte Arlen sie mit diesem seltsamen Blick; sie funkelte ihn wütend an und drohte ihm halb scherzend, halb im Ernst mit der Faust.
Arlen lachte. »Ich erzähle dir alles, nachdem wir meinen Unterschlupf erreicht haben, Ehrenwort.«
Renna grinste. »Gib mir darauf einen Kuss, und ich bin zufrieden.«
Während Renna auf Arlens Rückkehr wartete, holte sie die Bannzeichner-Ausrüstung heraus, die Arlen ihr gegeben hatte. Sie legte ein sauberes Tuch auf den Boden und verteilte die Werkzeuge in einer ordentlichen Reihe darauf. Dann nahm sie ihre Halskette aus Flusskieseln und ihr Messer und fing an, die Sachen langsam, sorgfältig und liebevoll zu säubern.
Die Halskette hatte Cobie Fischer ihr zu ihrem Verlöbnis geschenkt, eine kräftige Kordel, auf die Dutzende von glattpolierten Steinen aufgefädelt waren. Sie war so lang, dass Renna sie zweimal um ihren Hals schlingen konnte und sie trotzdem noch unter ihren Brüsten hing.
Das Messer hatte ihrem Vater, Harl Gerber, gehört. Er hatte es immer an seinem Gürtel getragen, und es war rasiermesserscharf. Damit hatte er Cobie ermordet, als sie weglief, um mit ihm zusammen zu sein, und sie wiederum hatte mit dieser Klinge ihren Vater erstochen.
Wenn das nicht passiert wäre, wären Renna und Cobie verheiratet gewesen, als Arlen nach Tibbets Bach zurückkam. Die Halskette war ein Symbol dafür, dass sie Arlen nicht die Treue gehalten hatte, ein Verlobungsgeschenk von einem anderen Mann. Das Messer erinnerte sie an ihren Vater, der sie ihr Leben lang in einen ganz persönlichen Horc eingesperrt hatte.
Aber Renna brachte es nicht über sich, sich von den beiden Dingen zu trennen. Immerhin stellten sie ihren einzigen Besitz dar, waren das Einzige, was sie aus ihrem Leben im Tageslicht in die Nacht mitgenommen hatte. Beide Gegenstände hatte sie mit Schutzsymbolen versehen, die Halskette mit Abwehrsiegeln und das Messer mit Siegeln für den Angriff. Zur Not konnte die Kette als Bannzirkel dienen, aber als Würgeschlinge war sie noch viel wirkungsvoller. Und das Messer …
Das Messer hatte die Brust eines Horcling-Prinzen durchbohrt. Selbst jetzt noch sah sie mit ihren durch Siegel geschärften Augen seine hell leuchtende Magie. Nicht nur die Siegel glänzten, die gesamte Klinge schimmerte in einem matten
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