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Die Flammen der Dunkelheit

Die Flammen der Dunkelheit

Titel: Die Flammen der Dunkelheit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Evelyne Okonnek
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auch das Volk. Es dürfte Euch kaum entgangen sein, dass sich die Priesterschaft und ihr Anhang zunehmender Unbeliebtheit erfreut.« Hier brach sie ab. Der Köder war ausgeworfen, die Grenzen gesteckt, nun war er am Zug.
    Mórtas schwieg lange, seine Augen musterten sie wachsam, ja misstrauisch. »Was begehrt Ihr?«, fragte er schließlich.
    »Einen der Gefangenen aus den Kerkern des Heiligtums«, sagte Aurnia ruhig, als verlange sie einen Laib Brot.
    »Unmöglich! Das wisst Ihr! Es ist ungerecht, mir eine Bedingung zu stellen, die ich niemals erfüllen könnte!« Erregt fuchtelte er mit den Händen. »Verlangt etwas anderes von mir, aber nicht das!«
    »Bleiben wir bei dem Gefangenen«, erwiderte Aurnia, immer noch die Ruhe selbst. »Was könnt Ihr mir anbieten?« Sie sah förmlich, wie es hinter seiner Stirn arbeitete. Er musste ihre Entschlossenheit spüren. Jetzt hing alles davon ab, wie groß sein Ehrgeiz war, an ihre Seite zu gelangen.
    »Ich könnte herausfinden, ob er überhaupt noch lebt«, sagte er schließlich zögernd.
    »Das ist alles? Ein bisschen wenig für das, was Ihr bekommt!«
    »Falls er noch lebt, dann könnte ich … ja, dann könnte ich dafür sorgen, dass er weiterhin am Leben bleibt.« Auf seiner Stirn bildeten sich Schweißperlen. Die Angst war ihm deutlich anzumerken.
    Ein wenig Schmeichelei konnte an dieser Stelle nicht schaden, dachte Aurnia und legte ihre Hand auf seine. »Ihr seid ein mutiger Mann. Glaubt mir, ich weiß, was Ihr aufs Spiel setzen würdet und Ihr könntet Euch meiner Dankbarkeit gewiss sein!« Sie nahm eine sehr aufrechte Haltung ein, um den folgenden Worten Nachdruck zu verleihen. »Wir schließen einen Pakt. Ihr liefert mir in regelmäßigen Abständen Beweise, dass der Gefangene noch nicht tot ist und sorgt außerdem dafür, dass er fortan das bestmögliche Leben haben wird. Als Gegenleistung verhelfe ich Euch auf den Thron.«
    »Was ist, wenn er bereits verstorben ist?«
    »Das wäre sehr schade für Euch, denn dann würde ich mich für jemand anderen entscheiden«, sagte sie mit Bestimmtheit. Das Glitzern in Mórtas’ Augen entging ihr nicht und sie fügte hinzu: »Bevor Ihr übrigens darüber nachdenkt, meine Bedingungen irgendjemandem zu verraten, möchte ich Euch darauf aufmerksam machen, dass mir mein Vater vor seinem Tod allerlei Geheimnisse anvertraut hat. Es würde weder Eurer Gesundheit noch Eurem Ansehen gut bekommen, wenn ich sie weitergebe.«
    Es war nur ein Bluff und sie hoffte, seinen Charakter richtig eingeschätzt zu haben. An seiner plötzlichen Unruhe merkte sie, dass sie mitten ins Schwarze getroffen hatte. Mit unbewegtem Gesicht saß sie da und wartete ab, ganz wie der Erwählte immer mit ihr verfahren war. Es war eine harte, aber offensichtlich gute Schule gewesen. Mórtas zupfte nervös an seinem Schnauzbart, überlegte lange und nickte schließlich bedächtig.
    »Gut, schlagt ein!« Aurnia hielt ihm die Hand hin. Als er sie nahm, wusste sie, dass sie ein Risiko einging, aber sie hatte nur diese eine Möglichkeit, Brone zu helfen. Viel hing davon ab, wie sehr Mórtas an ihr geheimes Wissen und an ihre Macht bei Hofe glaubte. Zumindest im Moment hatte sie ihn überzeugt, und sie würde sich alle Mühe geben, das Spiel siegreich zu Ende zu führen. Was sie machen würde, wenn Brone längst gestorben war, konnte sie sich nicht vorstellen. Ein Leben ohne jede Hoffnung war ohne Sinn.

    »Wie ist es, wenn man tot ist?«
    Ardal sah Glic, der mit den anderen auf einer einfachen Bank in der Küche saß und seine Dohle kraulte, prüfend an. Dessen Gesicht hatte alle kindlichen Rundungen verloren, war schmaler und kantiger geworden. Er konnte weder Herausforderung noch Aufbegehren darin entdecken, nur eine tiefe Resignation, die ihm ins Herz schnitt. Verschwunden war alle Munterkeit und das letzte Mal gelacht hatte Glic wohl vor Jahren. Ardal unterdrückte mühsam ein Seufzen. Dies war kein Kind mehr! Das Leben im Verborgenen, die ständige Angst und die Entbehrungen hatten die drei Jungen erwachsen werden lassen. Körperlich überragten sie ihn schon seit Langem, selbst Benen war einen halben Kopf größer als er.
    »Ich weiß nicht, wie es ist. Mir fehlt die Erfahrung.« Ardal versuchte einen Scherz, der ihm gründlich misslang.
    »Mach dich nur lustig über mich. Du musst ja nicht in einem stinkenden Erdloch ausharren.« Glics Wut und Bitterkeit waren unüberhörbar.
    Ardal schwieg betroffen und auch Glic sagte nichts mehr. Benen und Dorc starrten mit

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