Die Flipflop-Bande
Gesicht in ihr Kissen. Wäre sie bloß noch im Hort geblieben, so wie Hanan, die donnerstags immer blieb, bis die Kita geschlossen wurde. Sie presste die Augen zusammen und versuchte, an was Schönes zu denken. An die leckere Pizza, die sie heute im Hort selbst gemacht hatten, an den Wald, der so wunderbar duftete, und an ihr tolles Hauptquartier. An die Flipflop-Bande, vor allem an Fritzi, ihre allerbeste Freundin. Und an Memoli.
Es klopfte leise an ihre Zimmertür, so vorsichtig, dass sie es fast nicht gehört hätte. Bevor sie noch »Herein« rufen konnte, saß Papa bei ihr auf der Bettkante.
»Na, Lottchen«, sagte er, »bist du müde?«
Lotte brummelte irgendwas in ihr Kopfkissen.
Er strich ihr über die zerzausten Haare. »Gibt’s was Neues, mein Wildfang?«
Lotte zuckte mit den Schultern. Die Bande gab’s ja schon seit einer Woche, auch wenn Papa davon nicht viel mitgekriegt hatte. Aber dass Memoli ihr seit Neuestem hinterherlief und sogar bei ihr in der Schule auftauchte – das hatte sie ihm noch nicht erzählt.
Lottes Vater hörte sich alles genau an. »Tja«, sagte erdann. »Der Fall scheint mir klar zu sein. Memoli mag dich, Lotte. Was ich gut verstehen kann …«
»Meinst du?«
Ihr Vater lächelte. »Warum sollte er dir sonst nachlaufen? Im Hort traut er sich nicht an dich ran, wenn all die anderen Kinder da sind. Und er weiß ja nicht, ob du ihn auslachen würdest. Oder ob du ihn auch magst.«
Lotte zog die Augenbrauen zusammen. Papa musste doch wohl wissen, dass sie Memoli früher sogar zum Geburtstag eingeladen hatte. »Natürlich mag ich ihn!«
»Hast du ihm das mal gesagt?«
Lotte prustete los. »Nee, natürlich nicht. Das kann ich ihm doch nicht einfach so sagen.«
Jetzt seufzte ihr Vater. »Ja, Lottchen, ich weiß schon. Manchmal ist es schwer, über Gefühle zu sprechen. Egal, ob man jemandem sagen will, dass man ihn sehr gerne hat oder dass man ihn nicht mehr wirklich lieb hat.«
Lotte zog die Knie dicht an den Körper und schaute ihren Vater mit großen Augen an. So ernst hatte er noch nie mit ihr geredet. Er stand auf und ging zum Fenster hinüber. »Man muss lernen, zu seinen Gefühlen zu stehen, auch wenn es manchmal schrecklich kompliziert ist«, hörte sie ihn sagen und ihr Herz wurde auf einmal schwer.
»Papa …«, sagte sie vorsichtig. »Neulich hast du gesagt, man kann sich in jedem Alter verlieben. Hast du das ernst gemeint?«
Ihr Vater nickte, dann kam er zum Bett zurück und gab ihr einen Kuss. »Eines musst du wissen, Lotte. Dich werde ich immer und ewig lieb haben, ganz egal, was passiert«, sagte er. Dann war er zur Tür hinaus.
Lotte blieb auf dem Bett liegen, die Arme im Nacken verschränkt, und schloss die Augen. Sie war noch nicht müde. Aber sie war ziemlich durcheinander von all den wirren Gedanken, die in ihrem Kopf kreiselten. Und vor manchen dieser Gedanken hatte sie einen richtig großen Bammel.
Eine Bombe platzt und Würstchen verschwinden
Der Tag der Abschiedsfeier war da. Am Vormittag hatte die 4a nur drei Stunden Unterricht. Dann durften sie den Klassenraum schmücken, wofür jeder etwas mitgebracht hatte. Lotte kam mit einer Glitzergirlande an, die leuchtete, wenn man sie an die Steckdose anschloss. Wow, fast wie in der Disco! Das würde eine Superfeier werden!
Mama und Papa hatten beide früher mit der Arbeit Schluss gemacht. Und so ging Lotte am Nachmittag Hand in Hand mit ihren Eltern über den Schulhof, auf dem schon der Grill aufgebaut war. Sie zappelte mit den Armen und hopste, sodass ihre Mutter lachen musste.
»Du bist ja genau so durch den Wind wie bei deiner Einschulung, Lotte«, sagte sie.
Papa drückte ihr einen Kuss auf die Stirn. »Abschiednehmen ist schwer. Aber das heißt ja auch, dass etwas Neues anfängt«, sagte er. Und dieser Satz klang schon wieder, als meinte Papa damit was ganz Wichtiges. Aber Lotte wollte so etwas nicht hören. Sie ließ die Eltern stehen und rannte auf Hanan und Liev zu, die vor dem Klassenraum warteten.
Ein paar Minuten später ging es los, ein Programmpunkt folgte auf den nächsten. Vor lauter Aufregung kam Lotte gar nicht zum Nachdenken. Als Erstes hielt Herr Abisch eine Ansprache, in der es auch um Abschied und Neuanfang ging, und die Elternvertreter mussten ebenfalls ziemlich lange Reden halten. Dann gaben die Klassensprecher Herrn Abisch die Mappe mit den Fotos, die die Kinder für ihn gebastelt hatten, und danach sangen alle zusammen ein paar Lieder. Schließlich waren Lotte, Hanan und Liev
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