Die Flotte der Caer
rechtzeitig erfahren, was er mit angesehen hatte.
Der Schlachtlärm ebbte ab, je mehr sich der Seefahrer von den Schiffen entfernte. Er schwamm langsam, um Kraft zu sparen.
Bald spürte Yorgst seine Bewegungen nicht mehr. Der rechte Arm und die Beine schienen ein Eigenleben zu besitzen. Die Küste kam näher. Ununterbrochen hielt Yorgst Ausschau nach den gefürchteten Seeungeheuern aus dem Meer der Spinnen. Noch deutete nichts darauf hin, dass welche in der Nähe waren. Doch wahrscheinlich würde das erste, was er von ihnen bemerkte, der Griff sein, der ihn in die Tiefe zog.
Der Gedanke an das Schwert im Gürtel beruhigte ihn nur wenig. Yorgst schwamm weiter. Keine Leichen oder Planken trieben mehr in der Nähe, nichts, an das er sich klammern konnte.
Als er schon bis auf wenige hundert Meter an die Felsen heran war, sah Yorgst etwas Seltsames: Ein Stück weiter oberhalb war ein Teil der Küste in dichten Nebel gehüllt. Nebel war hier nichts Ungewöhnliches - im Gegenteil war es verwunderlich, dass den ganzen Tag über noch keine Schwaden aus der See aufgestiegen waren. Aber der Nebel, den er sah, hüllte nur einen Teil der Küste ein und bewegte sich nicht an ihr entlang, obwohl jetzt Wind aufkam.
Samor Yorgst kannte die Küste zu beiden Seiten Elvinons so gut wie jeder Seefahrer, der fast sein ganzes Leben auf dem Wasser verbracht hatte. Dort, wo der Nebel war, lag eine kleine geschützte Bucht, in der Vergangenheit ein beliebter Anlegeplatz für Piratenbanden, die von dort aus ihre Raubzüge unternahmen.
Es konnte kein Zufall sein, dass sich ausgerechnet dort eine dichte Nebelbank befand, obgleich die ganze übrige Küste und See frei waren.
Samor Yorgst erreichte das Ufer an einer seichten Stelle zwischen zwei steil aufragenden, hohen Klippen. Heftig atmend ließ er sich auf den steinigen Strand fallen und strich die langen nassen Haare hinter die Ohren zurück. Jetzt spürte er den kalten Wind noch mehr, aber gerade diese Kälte war es, die seine Schmerzen linderte.
Yorgst schnitt sich mit dem Schwert den linken Ärmel seines Wamses ab. Es war nicht viel besser als die der einfachen Seeleute und Krieger, und seinen Umhang hatte er längst verloren. Bestürzt müsste er feststellen, dass sein Arm sich zu verfärben begonnen hatte. Beim Anblick der Wunde erschrak er noch mehr. Yorgst biss die Zähne zusammen, reinigte sie, so gut es ging, und verband sich.
Zwei Stunden bis zur Dunkelheit, schätzte er, als er den Himmel betrachtete. Dann glitt sein Blick wieder über die Schlacht, und es fiel ihm schwer, zu begreifen, dass er diesem Chaos entkommen war. Er stand auf.
Zum Herzog! dachte er. Nach Elvinon! Er kannte die Gegend hier. Zwischen den beiden Klippen verlief ein begehbarer Pfad, auf dem man zu einem Weg in die Stadt gelangte. Es gab keine für Fuhrwerke und Gespanne befahrbaren Straßen hier oberhalb Elvinons. Ein Reiter würde Mühe haben, sein Pferd an der Küste entlang zu treiben. Zu Fuß hatte Yorgst die Chance, vor Anbruch der Dämmerung die Stadttore zu erreichen.
Doch seine Entschlossenheit, sich unvermittelt dorthin zu begeben, war durch seine Entdeckung ins Wanken geraten. Vielleicht sah er schon Gespenster, vielleicht sollte er der geheimnisvollen Nebelbank überhaupt keine Bedeutung beimessen und keine Minute verlieren. Aber irgendetwas sagte ihm, dass von dort Gefahr drohe, schreckliche Gefahr nicht nur für ihn, sondern für ganz Elvinon.
Der Nebel müsste durch Zauberei entstanden sein. Das aber bedeutete, dass sich dort in der kleinen Bucht Caer befanden - und mit ziemlicher Sicherheit einer ihrer schrecklichen Priester.
Und niemand in Elvinon wusste davon. Niemand hatte das Schiff, das zweifellos hinter dem Nebel verborgen lag, kommen sehen.
Gerüchte waren kurz vor dem Auslaufen der Ranua an sein Ohr gedrungen, dass es einem Caer-Trupp gelungen sein sollte, in die Stadt einzudringen. Aber niemand wusste, woher sie gekommen waren.
Es ist nur ein Abstecher, dachte Yorgst. Er betastete wieder die Wunde. Er fühlte sich noch kräftig genug, um Elvinon zu erreichen und vorher der Bucht einen Besuch abzustatten. Er kannte den Weg dorthin, und wenn er sich beeilte, kam er trotz des Umwegs vor Anbruch der Nacht nach Elvinon - vielleicht mit noch wichtigeren Nachrichten.
Yorgst fasste seinen Entschluss. Er kannte die Küste besser als jeder Fremde, und wenn der Nebel die Caer schützte, dann bot er auch ihm Schutz vor Entdeckung. Selbst sie konnten nicht durch ihn
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