Die Flotte von Charis - 4
Artillerie beispielsweise, und auch die mit Kanonen bewaffnete Galeone, die der traditionellen Galeere eindeutig überlegen war. Die Vorteile, die Charis auf diese Weise errang, waren einfach entschieden zu schwerwiegend, als dass man dieses Reich besiegen könnte, ohne selbst genau diese Vorteile zu nutzen.
Na, wenn das den Großinquisitor mal nicht zu Begeisterungsstürmen hinreißen wird, dachte Waimyn bissig.
»Ich wünschte, wir könnten denen wenigstens irgendetwas darüber berichten, wer denn nun versucht hat, Hektor zu ermorden«, sagte Bischof-Vollstrecker Thomys.
»Ich dachte, die ganze Welt wüsste bereits, dass Cayleb dahintersteckt, Mein Lord«, gab Waimyn zurück und lachte leise, und Shylair schnaubte verächtlich.
»Wenn Sie das wirklich glauben, Aidryn, dann hätte ich da noch ein hübsches Grundstück auf dem Grund der Tempel-Bucht für Sie. Das würde ich Ihnen wirklich zu gerne verkaufen!«
»Ach, natürlich glaube ich das nicht, Mein Lord, aber das macht uns dann wohl zu den beiden einzigen Personen im ganzen Corisande-Bund, die nicht fest davon überzeugt sind − von Prinz Hektor und Graf Coris abgesehen, natürlich. Und Sie müssen doch auch zugeben, dass das der Unterstützung für den Prinzen hier in Corisande tatsächlich immens zuträglich war.«
»Ja, das stimmt wohl«, bestätigte Shylair. »Eigentlich sollte ich das gar nicht zugeben, aber es gibt Momente, da wünschte ich fast, diese Attentäter hätten Erfolg gehabt − wer auch immer sie nun waren.«
Waimyn kniff die Augen zusammen, und der Bischof-Vollstrecker schüttelte hastig den Kopf.
»Ich habe ›fast‹ gesagt, Aidryn. Dennoch, es bleibt unbestritten, dass Cayleb, falls er nicht deutlich unfähiger ist, als seine bisherigen Erfolge uns bislang zeigen, Hektor letztendlich besiegen wird. Trotz all dieser charisianischen ›Neuerungen‹, die Hektor sich zu eigen macht, wird er verlieren. Und wenn das geschieht, dann wird das der Position von Mutter Kirche erneut gewaltig schaden − und so wie ich Hektor kenne, besteht bei ihm die Gefahr, dass er versuchen wird, in der letzten Minute doch noch zu einer Übereinkunft mit Cayleb zu kommen, wenn die Alternative dazu die völlige Vernichtung ist. Und das, Aidryn, wäre für Mutter Kirche sogar noch schädlicher. Wenn Hektor durch charisianische Hand stirbt, als Märtyrer im Dienste Gottes, dann ist er zumindest noch dazu geeignet, weitere treue Diener Gottes zu versammeln. Wenn Hektor überlebt und in irgendeinem charisianischen Gefängnis sein Dasein fristet, dann könnte das vielleicht unserem Ziel auch noch zuträglich sein. Aber wenn er überlebt und mit Charis in Verhandlungen tritt, dann ist er alles andere als nützlich für uns.«
»Das ist wohl wahr, Mein Lord«, bestätigte Waimyn, doch zugleich schüttelte er den Kopf. »Aber irgendwie glaube ich nicht, dass das geschehen wird. Falls es irgendwo auf ganz Safehold jemanden gibt, den Cayleb von Charis aus der Tiefe seines Herzens hasst, dann ist das Hektor von Corisande − vor allem nach dem Tode seines Vaters. Falls ich mich nicht gewaltig täusche, wäre wohl das einzige Geschenk, mit dem Cayleb sich von Hektor möglicherweise zu Verhandlungen überreden ließe, dessen Herz − überreicht auf einem Silbertablett.«
»Ich weiß. Ich weiß!« Shylair vollführte eine abwehrende Handbewegung. »Ich habe ja nicht gesagt, es sei sonderlich wahrscheinlich, Aidryn. Aber das hält mich doch nicht davon ab, deswegen von Zeit zu Zeit schlaflose Nächte zu haben.«
Verständnisvoll nickte Waimyn. Eigentlich mochte er den Bischof-Vollstrecker recht gerne, auch wenn er Shylair, rein intellektuell betrachtet, nie für ein sonderlich großes Licht gehalten hatte. Sonst wäre er wohl kaum an einem Ort wie Corisande gelandet, mit jemandem wie Borys Bahrmyn als Erzbischof. Doch Gott wusste, dass der Mann genügend Stress für ganze drei Bischof-Vollstrecker zu ertragen hatte. Kein Wunder, dass er sich sogar mit den unwahrscheinlichsten aller möglichen Szenarien befasste.
Dennoch …, dachte der Intendant. Falls ich von irgendetwas wirklich überzeugt bin, dann davon, dass nicht einmal Langhorne persönlich in der Lage wäre, jemals irgendeine ausgehandelte, friedliche Einigung zwischen Hektor von Corisande und Cayleb von Charis herbeizuführen!
.VI.
Königlicher Palast und Taverne ›Seemannsbraut‹, Tellesberg, Königreich Charis
Im Thronsaal herrschte äußerst schlechte Stimmung.
Auch wenn der offizielle Bericht
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