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Die Flucht der Gauklerin: Historischer Roman (German Edition)

Die Flucht der Gauklerin: Historischer Roman (German Edition)

Titel: Die Flucht der Gauklerin: Historischer Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Simone Neumann
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sie viele Opfer auf einem Haufen finden konnte. Womöglich hatte der selbstherrliche Hampelmann sogar recht, wenn er seinen Leuten vorlog, im Osten, jenseits der Elbe, dort, wo die Dichte der Dörfer und Städte geringer war, sei man auch sicherer vor der Pest. Der Gedanke klang vernünftig, und darum hatte Crispin beschlossen, nicht einzuschreiten. Auch wenn ihm diese armen Menschen, die offenbar von Regino zu dieser tödlichen Irrfahrt verführt worden waren, schrecklich leidtaten.
    Doch warum jemanden als Lügner entlarven, dessen Lüge womöglich Menschenleben retten könnte? Nichts anderes führte ja auch er im Schilde, indem er den hoffentlich lebendigen Konrad für tot erklärte.
    Konrad.
    Er müsste nun endlich nach ihm fragen.
    Regino, der über diese Reaktion sehr erleichtert war, bestätigend zunickend, näherte er sich nun der Gruppe ausgelaugter Menschen. Zwei von ihnen, beides junge Burschen, waren schwer von der Krankheit gezeichnet, die Crispin mittlerweile so entsetzlich vertraut geworden war. Sie konnten nicht mehr sitzen, geschweige denn stehen, und lagen nun auf dem nackten Boden, wo sich die anderen rührend, aber hilflos um sie kümmerten. Es war ein Bild des Jammers. Aber keines, welches Crispin nicht schon längst zu einem gewohnten Anblick geworden war.
    Stumm stellte er sich eine Weile vor die armen Leute und betrachtete sie lange. Dann wandte er sich einem alten Mann zu, dessen wacher Blick ihm zu sagen schien, dass dieser gesund war und ihm vielleicht Auskunft über den Verbleib seines Freundes geben könnte.
    Ausgerechnet Ulrich Filzhut wurde also von dem zweiten Ordensritter, dem sie nun auf ihrer Reise begegneten, angesprochen.
    » Guter Mann, sage er mir, wie sah das Übel aus, an welchem die Leute aus eurer Gruppe gestorben sind? «
    Crispin nahm Ulrich beiseite, er legte einen Arm um die knorrigen Schultern des Bauern und führte den noch immer wegen seiner kranken Füße Humpelnden fort zu einer niedrigen Mauer, auf der sie sich niederließen.
    » Sie fieberten, sprachen im Wahn, und dunkle Furunkel wuchsen unter ihren Armen « , murmelte Ulrich ein wenig misstrauisch. Grundsätzlich war er vorsichtig, wenn er es mit Vertretern höherer Stände zu tun hatte. Es war keine Demut oder gar Angst, die ihn so zurückhaltend werden ließ. Nein, Ulrich konnte sich einfach nicht vorstellen, dass ein Mann wie ebendieser Ritter vollkommen grundlos freundlich tat. Irgendetwas musste er beabsichtigen, wenn er es für nötig befand, eine Unterhaltung mit einer einfachen Lumpengestalt wie ihm zu führen.
    » Wann hattet ihr den ersten Toten zu betrauern? « , fragte Crispin weiter. Ihm war nicht entgangen, dass dem alternden Mann unwohl in seiner Gegenwart war.
    » Vor etwa zehn Tagen, am Saale-Ufer. Otto, der Knecht, war es. «
    » War mein Mitbruder Konrad zu dieser Zeit schon bei euch? «
    » Ja. «
    Crispin biss sich auf die Lippen.
    Also doch. Es haftete ihm an. Aber weshalb? Weshalb war ausgerechnet Konrad von Tiefenbrunn mit diesem Fluch geschlagen? Hatte es damit zu tun, dass er das Glück besaß, selbst von diesem Übel genesen zu sein? War der Preis für diese Heilung der Tod anderer Menschen? Hatte er womöglich einen Pakt mit dem Teufel geschlossen?
    Energisch schüttelte Crispin den Kopf, um diese bösen Gedanken zu vertreiben.
    » Unsinn « , brummte er in sich hinein. » Unsinn « , und erntete dafür den verwunderten Blick des Bauern neben ihm. » Die anderen drei: Sie starben hinter diesen Klostermauern? «
    » So ist es « , bestätigte Ulrich. » Zunächst das Mädchen Lisa, sie litt sehr lange. Ihr Verlobter Josef folgte ihr bereits einen Tag später. Bei ihm dauerte es nur wenige Stunden. Und erst in der letzten Nacht hat es auch den Knaben Gustav ereilt. Er erstickte, noch bevor die Beulen wirklich sichtbar wurden. «
    » Mein Bruder war bei ihnen, als sie erkrankten? «
    » Nein, der ist schon länger fort. Nur Lisa ging es schlecht, als er sich aus dem Staube machte. « Die Stimme des Bauern hatte sich verändert, sie klang nun lebendiger, ja, ein wenig zornig.
    » Wieso sagt er, Konrad habe sich aus dem Staube gemacht? «
    Ulrich antwortete nicht, sondern warf bloß einen Blick zu den anderen. Crispin folgte diesem Blick. Er war auf die ansehnliche Frau gerichtet, welche dem Ritter sogleich ins Auge gefallen war. So war das also. Crispin verstand sofort. Immerhin kannte er seinen Freund Konrad und dessen größte Schwäche nur allzu gut.
    » Ist das sein Weib, guter Mann?

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