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Die Flucht der Gauklerin: Historischer Roman (German Edition)

Die Flucht der Gauklerin: Historischer Roman (German Edition)

Titel: Die Flucht der Gauklerin: Historischer Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Simone Neumann
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bezirzen und abzulenken, dass sie nicht weiter nach dem Inhalt der Fracht, die sie aus der Stadt herauszuschmuggeln trachtete, fragten. Darum war es besser, dass der Rest des fahrenden Volkes nach und nach herauskam, um nicht unnötig Aufsehen zu erregen. Und wahrhaftig verlief Maries Marsch durchs Tor mit dem Esel und den darauf versteckten beiden entführten Jungfrauen ausgesprochen glimpflich. Schöne Augen hatte sie dem Wächter machen müssen, und als er sie fragte, was sie denn da transportiere, hatte sie ihm frech zugezwinkert und doch tatsächlich die Wahrheit gesagt:
    » Ihr glaubt es nicht, aber in den Beuteln sitzen die beiden geraubten Stiftsdamen. Wollt Ihr einen Blick drauf werfen? «
    In schallendes Gelächter war der Mann daraufhin ausgebrochen und hatte geantwortet, dass er sehr viel lieber auf etwas anderes einen Blick werfen würde.
    » Ein andermal. Bin bald zurück « , hatte Marie gemeint und ihm dann einen flüchtigen Kuss auf die Wange gegeben, woraufhin er sie geschnappt, fester an sich gedrückt und ihr in den Allerwertesten gekniffen hatte.
    » Das will ich hoffen. Ich merk mir dein Gesicht « , hatte er ihr nachgerufen, und schon war sie, äußerlich frivol und lachend, innerlich bebend und zitternd, mit ihrem Eselchen an der Leine aus der Stadt herausgezogen.
    Erst nach etwa einer Meile Fußmarsch machte sie eine kurze Rast, schlug sich mit der Hand an das rasende Herz, das noch immer aus ihrer Brust zu springen versuchte, und fragte dann leise: » Lebt ihr noch? «
    Ein leises, aber durchaus lebendiges » Ja « war aus beiden Säcken zu vernehmen.
    » Wir sind weiterhin im Bannkreis Quedlinburgs. Ihr müsst also noch eine Weile verharren. Wir gehen ein paar hundert Schritte und warten dann auf den Rest der Gruppe. «
    » Luft « , hörte man nun aus dem linken Sack.
    Marie griff unter ihren Rock, wo sie an einem Gurt ein scharfes Messer verstaut hatte, nahm es geschickt hervor und ritzte im Nu ein Luftloch in einen jeden der Säcke. Dann holte sie aus ihrem Proviantbeutel zwei verschrumpelte Äpfel, rieb sie an ihrer grauen, nicht besonders sauberen Schürze ab und stopfte sie durch die beiden Löcher hinein zu den sich dort verbergenden Mädchen.
    » Danke « , hörte sie nun.
    » Leise kauen, nicht schmatzen und bloß nicht bewegen « , zischte Marie, während sie beide Säcke dort tätschelte, wo sie die Köpfe der armen Dinger vermutete.
    Nach etwa zweihundert weiteren Schritten erreichten sie einen kleinen Hain, er lag am Wegesrand in einer Mulde. Durch das Blattwerk konnte man den verfallenen Rest eines alten Schuppens erkennen. Dort war ein guter Ort, um auf die Ankunft Reginos und der Übrigen zu warten. Folgsam stapfte das Eselchen hinter Marie vom Weg ab durch das Wäldchen hinüber zu dem Holzschober. Marie knabberte ihrerseits an einem Apfel und bemerkte erst spät, dass die Baracke bereits besetzt war. Zunächst dachte sie, es handele sich um weidendes Vieh, welches dort die recht feuchte Nacht verbracht hatte, doch dann erkannte sie, als sie hinter einem lockeren Holzbrett hervorlugte, fünf stattliche angebundene Pferde. Und nicht nur das: Auf dem modrigen Stroh in dem Verschlag hatten es sich vier Männer bequem gemacht. Sie schliefen noch, schnarchten laut, einer stöhnte gar im Traum.
    » Verdammt « , murmelte Marie und versuchte das Eselchen so leise wie möglich zu wenden. Gerade war sie wieder im Hain verschwunden, als sie plötzlich ein Knacken von Ästen hinter sich vernahm.
    Da kam einer der Männer vom Schuppen her in das Wäldchen gestapft. Er ging langsam, schaute Marie nicht einmal an. Wahrscheinlich war er noch müde und nur erwacht, weil er austreten musste.
    Wie angewurzelt blieb Marie inmitten des Gehölzes stehen. Erst als er nur noch fünf Schritte von ihr entfernt war, nahm der Verschlafene die Frau und ihr schwer beladenes Lasttier wahr. Auch er verharrte regungslos und schaute sie an.
    Einen langen Kapuzenmantel trug er, darüber einen weißen Umhang mit einem schwarzen Kreuz. Seine rechte Hand hatte er über das Heft eines mächtigen Schwertes gelegt, welches er an der Seite trug. Ein Hüne war es, ein Bär, er überragte Marie um mehr als einen Kopf, obgleich sie größer war als manch ein Mann. Sein Gesicht war sonnengebräunt, wirkte aber dennoch seltsam blass. Schwarze Ringe umrahmten seine dunkelblauen Augen, die fest auf Marie gerichtet waren. Er trug einen dunkelblonden, kurzen Bart, der darauf schließen ließ, dass er sich unter normalen

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