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Die Flucht

Titel: Die Flucht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Patrick Ness
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auf die Füße zerren, aber da ist es schon zu spät, denn da ertönen ein schriller Schrei, ein lautes Brüllen und ein Geräusch, als krachten Bäume um; und ich und das Mädchen können uns nur noch umdrehen, denn da ist Aaron, er ist total durchgeknallt und kommt direkt auf uns zu.

8
    Die Wahl, die dir das Messer lässt
    Er braucht nur drei Schritte, dann ist er da. Ehe ich auch nur den Versuch machen kann zu fliehen, springt er mir mit ausgestreckten Pranken an die Kehle und stößt mich gegen einen Baum.
    »Du kleiner Dreckskerl!«, schreit er und drückt seine Daumen gegen meinen Hals. Ich versuche seine Arme zu packen, will ihn mit dem Messer angreifen, aber der Rucksack ist heruntergerutscht und der Gurt presst meinen Arm gegen den Baumstamm, und so kann Aaron mich würgen, geradeso, wie es ihm passt.
    Sein Gesicht ist ein einziger Albtraum, einfach grauenhaft, ich werde es immer vor mir sehen, selbst wenn ich hier heil rauskomme. Die Krokodile haben sich sein linkes Ohr geholt und ein Stück vom Gesicht weggerissen, einen langen Streifen, bis runter zur linken Wange. Durch die klaffende Wunde sieht man seine Zähne, und das linke Auge quillt hervor, als würde sein Kopf jeden Augenblick explodieren. An Kinn und Hals klaffen ebenfalls Wunden, seine Kleider sind zerfetzt, überall ist Blut, und an der Schulter klebt ein Hautfetzen, in dem noch der Zahn eines Krokodils steckt.
    Ich ringe nach Luft, krieg aber keine, es ist kaum zu glauben, wie weh das tut, die Welt dreht sich im Kreis, in meinemKopf ist alles ganz komisch, und es kommt mir dummerweise für einen Augenblick so vor, als hätte Aaron die Krokodilattacke gar nicht überlebt, als sei er vielmehr schon tot, hätte aber so eine Stinkwut auf mich, dass er sich nicht mal von seinem eigenen Tod davon abhalten ließe, mich ebenfalls umzubringen.
    »Warum grinst du so dämlich?«, schreit er und spuckt dabei Blut, Speichel und Gewebe in mein Gesicht. Er drückt mir den Hals noch fester zu, und ich verspüre den Drang, mich zu übergeben, aber es kann nirgendwo raus, ich kann nicht atmen, alle Lichter und Farben fließen ineinander, und ich sterbe, ja, ich bin schon halb tot.
    »Aah !« Mit einem Mal lässt Aaron mich los. Ich sacke zusammen, muss mich in einem Schwall übergeben und hole dann so tief Luft, dass ich mir fast die Eingeweide heraushuste. Ich blicke hoch und sehe, dass Manchee sich in Aarons Oberschenkel verbissen hat, als wolle er ihn nie wieder loslassen.
    Braver Hund.
    Aber Aaron schleudert Manchee so heftig zur Seite, dass der Hund ins Gebüsch fliegt. Ein dumpfer Aufprall ist zu hören und dann ein Jaulen und: »Todd?«
    Aaron wirbelt zu mir herum, und ich muss immerzu sein Gesicht anstarren, das auseinanderklafft, das sind Wunden, die kein Mensch überlebt, keiner, das ist einfach unmöglich.
    Vielleicht ist er tatsächlich schon tot.
    »Wo ist das Zeichen?«, fragt er und sein zerschundenes Gesicht nimmt einen furchtsamen Ausdruck an.
    Das Zeichen?
    Das ... was?
    Das Mädchen.
    Ich schaue mich um.
    Sie ist verschwunden.
    Aaron dreht sich suchend im Kreis herum, und er hört es im selben Moment wie ich, das Rascheln und Knacken, es ist das Mädchen, das wegläuft, es ist die Stille, die sich von uns entfernt. Ohne mich noch eines Blickes zu würdigen, rennt er los, und dann ist er auch schon weg.
    Von einem Augenblick zum nächsten bin ich allein.
    Allein und zurückgelassen, so als hätte ich mit der ganzen Sache nichts zu tun.
    Was für ein bescheuerter Tag das ist.
    »Todd?« Manchee kommt zwischen den Büschen hervorgehumpelt.
    »Mit mir ist alles in Ordnung, Kumpel«, stoße ich hustend hervor, auch wenn es nicht wahr ist. »Alles in Ordnung.«
    Ich versuche zwischen den Hustenanfällen Atem zu holen, die Stirn auf den Boden gepresst, spucke ich Speichel und Kotze.
    Ich atmete immer weiter und dabei überfallen mich die Gedanken. Sie kommen ungewollt, eingeladen habe ich sie jedenfalls nicht.
    Aber es könnte doch sein, oder? Es könnte tatsächlich vorbei sein, so einfach ist das. Aaron ist ganz offensichtlich hinter dem Mädchen her, was immer er auch mit »Zeichen« gemeint hat. Die Stadt will das Mädchen, alle waren ja ganz aus dem Häuschen wegen dieser Stille in meinem Lärm. Wenn Aaron sie also kriegt, wenn die Stadt sie kriegt, dann wäre die Sache ausgestanden, oder? Sie bekämen das, was sie wollten, und würden mich in Ruhe lassen, ich könnte zurückgehen, und alles wäre so wie vorher, und, na ja, vielleicht wäre es

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