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Die Fluchweberin

Die Fluchweberin

Titel: Die Fluchweberin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Brigitte Melzer
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Max in diese Truhe gesteckt hatte, hatte seinen Körper regelrecht zusammengefaltet. Kopf und Oberkörper waren merkwürdig verdreht, der Winkel, in dem sie zueinander und zum Rest des Körpers standen, sah entsetzlich falsch aus.
    »Sein Genick ist gebrochen«, sagte Skyler.
    »Ist er daran gestorben?« Meine Stimme klang undeutlich hinter meiner Hand.
    Er zuckte die Schultern. Es war ohnehin eine dumme Frage gewesen. Woher sollte Skyler wissen, woran Max gestorben war. Sein Genick konnte ebenso gut gebrochen sein, als sein Mörder ihn in diese Kiste … Ich schob den Gedanken von mir, verdrängte ihn zusammen mit den Bildern, die dabei in mir aufstiegen.
    Skyler sagte noch etwas, doch ich hörte ihm nicht zu. Alles, was ich noch wahrnahm, war Max. Der gute, freundliche Max, der jetzt tot in einer alten Truhe lag. Etwas an diesem Bild stimmte nicht, doch sosehr ich mich auch darauf konzentrierte, es wollte mir einfach nicht gelingen, den Fehler zu finden.
    »Raine?«
    Ich hörte Skyler, doch es gelang mir immer noch nicht, meinen Blick von der Truhe loszureißen und ihn anzusehen.
    Wie lange lag Max schon hier?
    Ich versuchte mich daran zu erinnern, wann ich ihn zuletzt gesehen hatte. Irgendwann gestern, im Unterricht. Was war ihm nur zugestoßen? Wer hatte ihm das angetan? Und wer hatte diese Geschichte in Umlauf gebracht, dass er angeblich nach Plymouth gefahren war?
    Ob Kim …? Unwillkürlich schüttelte ich den Kopf. Ich traute ihr einiges zu, doch abgesehen davon, dass ihre Kraft nicht ausreichen würde, einem großen und kräftigen Kerl wie Max einfach das Genick zu brechen, war sie keine Mörderin. Zumindest nicht, solange sie sie selbst war.
    »Raine?« Skylers Hand auf meinem Arm riss mich in die Wirklichkeit zurück. Endlich konnte ich meinen Blick von Max lösen.
    Ich sah auf. »War sie das?«
    »Die Seele?« Er schüttelte den Kopf. »Ich glaube nicht, dass sie bereits genug Macht dazu hat.«
    Bereits? Er rechnete also damit, dass es geschehen und sie sich aus meinem Körper befreien und frei umherstreifen würde? Ich schluckte. »Aber sie hat doch auch dich angegriffen.«
    »Sie musste warten, bis du schläfst, um die Kontrolle zu übernehmen«, gab er zu bedenken. »Meiner Meinung nach war der Angriff auf mich die erste Gelegenheit, zu der sie das Amulett verlassen hat.«
    »Nicht ganz.«
    Er sah auf. »Was?«
    Ich erzählte ihm noch einmal, was passiert war, als ich versucht hatte, das Amulett zu fassen zu bekommen. Erzählte davon, wie ich gegen die Wand geschleudert worden war und mich später auf dem Boden im Kampf mit dem dunklen Schemen wiedergefunden hatte. Dieses Mal offenbarte ich ihm jedoch alles – einschließlich der Aurensicht. Als ich zu der Stelle kam, an der ich davon berichtete, wasich im Spiegel gesehen hatte, als wir miteinander gerungen hatten, hob Skyler die Hand.
    »Das ist der Beweis«, sagte er. »Sie hat dich nicht selbst angegriffen. Dazu war sie nicht körperlich genug. Sie hat lediglich ihre Magie benutzt, um dich dazu zu bringen, dass du dich gegen dich selbst wendest.«
    »Was war, als sie noch in Kim gesteckt hat?«
    »Noch weniger Kraft, würde ich sagen. Deshalb ist die Kette nicht länger an Kim gebunden, sondern an dich.«
    Wenn es weder Kim noch die Seele gewesen war, fiel mir nur noch einer ein, der Max das angetan haben konnte. »Du hast den Zauberer in Verdacht, oder? Den, der auch dich angegriffen hat.«
    »Das scheint mir die logische Schlussfolgerung zu sein.«
    Seine Hand lag noch immer auf meinem Arm. Unschlüssig, ob ich mich ihm entziehen sollte, richtete ich meinen Blick auf die Stelle, an der er mich berührte. Sofort zog er seine Hand zurück.
    Er setzte an, etwas zu sagen, hatte den Mund schon geöffnet, schloss ihn aber gleich wieder. Ich war mir sicher, dass er drauf und dran gewesen war, mich zu trösten oder sich zumindest zu erkundigen, ob ich in Ordnung war. Doch Trost und die Frage nach meinem Wohlbefinden hatten auf seiner Agenda nichts mehr zu suchen, seit er um meine Magie wusste. »Geh zur Seite.«
    Ich hatte ohnehin schon viel zu viel Zeit vertan. Max’ Tod war schlimm, doch daran konnte ich nichts mehr ändern, mich jedoch konnte ich vielleicht noch retten.
    »Skyler.« Dieses Mal war ich es, die seine Hand ergriff. Ich spürte das Zucken seiner Muskeln, spürte, wie er sich instinktiv meinem Griff entziehen wollte, doch er tat es nicht. Misstrauen schwamm in seinem Blick. »Es tut mir leid, dass es zwischen uns …« Ich wollte noch

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