Die Flüchtlinge des roten Mondes
Position verraten. Zu diesem Zeitpunkt, als ich noch nicht wußte, daß der Kirgon-Stützpunkt zerstört ist, erwartete ich jeden Augenblick, von Kirgon umzingelt zu werden.“
„Einen gibt es noch“, sagte Dane. „Ein Sklavenhund. Offensichtlich das Wesen, daß die Leute in der Schenke gesehen hatten.“
Dravash schenkte dem keine Beachtung. „Ohne seine Herren kann es lange Zeit überleben, besonders auf einem Planeten wie hier mit viel Wild“, sagte er. „Es ist aber wahrscheinlich nicht fähig, eigene Pläne zu entwickeln. Das Biest ist intelligent, aber ich für meinen Teil habe der Theorie, es habe auch Bewußtsein entwickelt, niemals recht Glauben geschenkt. Warum sollte zum Beispiel ein intelligentes Wesen, das von den Wildherden am Boden der Großen Schlucht gut leben könnte, immer wieder zum Platz seiner toten Herren zurückkehren? Gewohnheit und Verhaltensmuster, gewiß, aber tierischer Art, nicht die kreative Intelligenz, die man überlegt auf das Überleben ausrichtet. Oder aber das Wesen hat von seinen Herren noch einen Kraftfeldschlüssel im Halsband oder als Ohrspange und empfindet den geschützten Platz, wo das Raumschiff steht, als gut und sicher und kehrt deshalb zum Schlafen dorthin zurück.“
Rianna schlug vor: „Vielleicht hat es ebenfalls einen Blick auf den weißen Saurier erhascht?“
„Ja“, meinte Dane. „Erzähl uns davon, Dravash.“
„Eigentlich gibt es da gar nicht viel zu erzählen. Er war größer als Aratak und weiß, und ich habe ihn nur wenige Augenblicke gesehen, so daß ich vermute, er hatte irgendein Antischwerkraftgerät, daß es ihm ermöglichte, ohne Rücksicht auf die Bodenverhältnisse rasch fortzukommen – ein Gerät, das ich gern hätte. Jedenfalls habe ich ihn nicht wiedergesehen.“
Er erzählte seine Geschichte weiter, während Rianna sie über den Pfad führte, dabei immer auf umherschleichende Rashas achtend, doch ansonsten aufmerksam zuhörend. Dane dachte, wie sehr sich seine Einstellung seit seinem ersten Schritt auf dieser Welt gewandelt hatte. Zuerst hatten die Rashas eine höchst bedrohliche Gefahr dargestellt, und jetzt waren sie nur noch ein Ärgernis, das man aus dem Weg räumen mußte und das man nicht einmal mehr tötete, wenn es nicht notwendig war. Natürlich waren sie dumm und leicht in die Flucht zu schlagen, und nachdem er ein Granth und den Sklavenhund der Kirgon gesehen hatte, erschienen ihm Rashas eher wie normale Hauskatzen.
Nach jener Nacht, die Dravash in dem Baum verbracht und in der er den weißen Saurier gesehen hatte, war er quer durch die Große Schlucht gezogen, hatte alle Überlebensfertigkeiten angewandt, die er in seiner Jugend als Kapitän von Forschungsschiffen wilder Welten erlernt hatte. Vorsichtig mied er die Herden der büffelartigen Tiere, ernährte sich gut von Insekten sowie den Resten seiner Notration, hielt nicht an, um zu fischen, weil ihn der Anblick des weißen Sauriers auf unangenehme Weise an Vilkish F’Thansas Geschichte erinnert hatte. Und noch einmal, am Fuße der Felsen, als er nach einem Weg nach oben Ausschau hielt, hatte er ein weißes Wesen erblickt und nicht gewußt, ob es ein Sklavenhund oder der geheimnisvolle weiße Saurier war.
Er hatte einen schmalen Pfad bis zum oberen Rand der Klippe gefunden, und dort einen Anka’an-Speermeister auf dem Weg nach unten gesehen.
„Der hatte nicht mit mir gerechnet“, meinte Dravash, „und einen Moment lang war er sich nicht sicher, ob ich nicht eines seiner Ersten Wesen sei. Das reichte, um seinem Speer zu entkommen und ihn von hinten zu schnappen, wo er mich selbst nicht erwischen konnte. Ich bin ein friedliches Wesen und töte nicht gerne, aber ich habe ihm den Speer auf dem Kopf zerbrochen und diesen Kopf ein paar Mal gegen die Felsen geschlagen. Ich glaube nicht, daß ich ihn getötet habe, aber er war wohl auch nicht mehr in einem Zustand, um mir zu folgen. Dies ist die einzige Wunde, die ich mir nicht bei den Felsen und dem scharfen Glas dieses schrecklichen Ortes zugezogen habe; dieser verfluchte Speer hat mich in der Schulter getroffen.“ Aus diesen wenigen Worten konnte sich Dane das quälende Bild einer Schlacht vorstellen, die er gerne gesehen hätte. Doch als er es noch einmal bedachte, fand er, er habe nun eine Zeitlang genug von Kämpfen.
Kurz darauf hatte Dravash gemerkt, daß er in eine wütende Menschenjagd hineingeraten war. Ihm blieb nichts anders übrig, als sich im Unterholz zu verstecken, während es um ihn herum tobte.
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