Die Flüchtlinge des roten Mondes
einer Seite befand sich ein breiter Sprung, der sich bis über das Dach zog. Am Eingang lag ein Scherbenhaufen und anderes Geröll, das erst kürzlich herabgefallen sein mußte.
„Geht hinein, seht euch um. Willkommen in meinem Zweithaus“, wies der Kirgon sie an und machte eine spöttische, einladende Geste. „Seht euch um – ich glaube nicht, daß es sich lohnt zu plündern – vielleicht ist die Statue einiges wert, aber alles andere ist ziemlich heruntergekommen.“
Rianna ging auf den Sprung in der Tür zu und suchte sich vorsichtig ihren Weg durch die faustgroßen Glasstücke hindurch. Dane deckte sie. Er traute dem Kirgon nicht, und die Einladung hatte so spöttisch geklungen, daß Dane sich fragte, ob hier vielleicht ein Komplize im Hinterhalt auf sie wartete. Doch der Sprung war kaum breit genug für Rianna, die sich nur mit Mühe hindurchzwängen konnte. Sein Verstand sagte Dane, daß kein vernünftiges Wesen sich hier verbarrikadieren würde. Er trat zur Seite, und sie legte das Gesicht an den Spalt.
„Oh, sieh dir das an!“ rief sie, und ihre Stimme klang hingerissen, fast ehrfürchtig. „Beim Geist der Leere! Aratak – Anadrigo hatte recht! Hier liegt der Beweis!“
Sie schlüpfte durch die Glaswand. Aratak zwängte sich vorwärts, doch sein massiver Körper konnte keinesfalls hindurchgelangen. Auch Dravash konnte lediglich den Kopf sowie einen Vorderarm hindurchstecken. Die beiden Protosaurier zogen sich zurück, um Dane hinter Rianna herschlüpfen zu lassen – und auch für ihn war es sehr knapp.
Innen war es fast dunkel, doch ein breiter Sonnenstrahl lag über dem Edelsteinboden. Rianna kniete nieder und starrte entzückt auf das Mosaik unter ihren Füßen, seit Jahrtausenden hier versiegelt, während sich darüber Sand in Stein verwandelt hatte und dann langsam wieder fortgewaschen worden war, versiegelt, bis bei einem kürzlich erfolgten Erdrutsch der Stein gebrochen war … um dieses alte Haus zu enthüllen.
Auf den Mosaiksteinen am Boden ritten saurische Jäger auf kleinen, schwanzlosen Dinosauriern, die wie eine Kreuzung aus kleinen Diplodocus und einem Pferd aussahen, und schossen mit Bögen auf ein Monster, das Tyrannosaurus Rex persönlich hätte sein können. Die saurischen „Pferde“ bestanden aus hellrotem Stein; ihre Reiter mit den protosaurischen Schnauzen aus eingelegtem Jetstein. Das bedrohliche Biest vor ihnen bestand aus Saphiren und Amethysten, mit rein weißen Steinen als Zähnen. Auch das abgebildete Tier war fast so groß wie Dane. Ein grüner Steindschungel umgab Reiter und Beute. Ein winziger Pterodactyl aus poliertem, goldfarbenem Edelstein schwebte am hellgrünen Himmel. Und all das lag unter ihren Füßen, versiegelt mit einer Schicht des durchsichtigen, glasartigen Steins, der darüber getropft war und der es Jahrtausende lang erhalten hatte.
„Dehn Velok hatte nicht recht“, sagte Rianna aufgeregt. „Das hier beweist Anadrigos Theorie. Ein Beweis, der selbst Dehn Velok überzeugen würde. Es gab kein Raumschiff der Sh’fejj, das diese Welt kolonisiert hat, ehe was auch immer für eine Katastrophe diese Schicht aus geschmolzenem Glas verursacht hat. Es gab schon eine fortgeschrittene satirische Zivilisation, die sich unabhängig entwickelt hatte. Aratak! Dravash!“ rief sie hinaus. „Wißt ihr, was für ein Schatz das ist? Und nach der Katastrophe – vielleicht ist diese Welt mit einem Asteroiden oder einem Riesenmeteorregen zusammengestoßen, vielleicht hat es auch eine Polverschiebung mit enormer vulkanischer Aktivität gegeben –, nach jener Katastrophe müssen ein paar überlebt haben, wurden zurück in die Barbarei gestoßen, und um sie herum hat sich eine neue Säugetierzivilisation mit Protosimianern entwickelt.“ Sie hielt inne und blickte unsicher drein.
„Aber das muß Millionen von Jahren her sein, Dane! Und die Sandsteinschicht hier drüber – die ist in einer alten Wüste entstanden. Jedenfalls in den ersten paar tausend Jahren.“
Dane starrte auf das Mosaik, das versiegelt unter der Glasschicht lag. Seine Augen, die sich nun an das Dämmerlicht gewöhnt hatten, sahen, daß das Innere des Hauses aus säuberlich zusammengefügten Steinen bestand, grobem, grauem, natürlichem Stein. Nur die Außenseite war zu Glas geschmolzen.
„Aber was für eine Katastrophe …“ Er hielt inne. Er wußte, was für eine Katastrophe dazu notwendig war. Es gab nur eine Gewalt im ganzen Universum, die dazu imstande war.
„Es muß … ja, das muß
Weitere Kostenlose Bücher