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Die Flüchtlinge des roten Mondes

Die Flüchtlinge des roten Mondes

Titel: Die Flüchtlinge des roten Mondes Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marion Zimmer Bradley
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Kopf und hörte die lauter werdenden Glockentöne.
    „Ganjir-Glocken“, sagte Dravash. „Da kommt eine Karawane. Überlaßt besser mir das Reden.“ Er hatte ihnen gegenüber die Sprache gewechselt, vom regionalen Dialekt der Kharam zur sogenannten Hochsprache, einer alten Protosauriersprache, die leicht verändert war, indem einige Worte ausgelassen oder durch einige Laute ersetzt waren, die für Protosimianer zu schwierig waren. Sie war – wieder erinnerte sich Dane an die Lerneinheiten –, ähnlich dem Latein des Mittelalters, einer Handelssprache, die weit voneinander entfernte Kulturen verband.
    Das Läuten wurde lauter, und dort, wo sich die Straße vor ihnen bog, konnte Dane undeutliche Gestalten durch die Bäume hindurch erkennen. Aratak legte seine riesige Pranke auf Riannas Schulter und sagte etwas, was Dane nicht verstand. Sie lachte.
    Die vier standen beieinander in der Mitte der Straße. Dane versuchte zwischen den Bäumen hindurchzusehen, trat unbewußt etwas zurück, näher an den Dschungel heran, erinnerte sich dann und warf einen raschen Blick über die Schulter. Nichts: Das Laubwerk war dicht und ruhig.
    Hölle, diese Katze ist wahrscheinlich schon meilenweit weg. Katzen sind nervöse Tiere. Unwahrscheinlich, daß sie losspringt, wenn sich ein Transport nähert, der soviel Lärm macht. Er fragte sich, ob sie deswegen die Glocken hatten. Wenn man genug Lärm machte, vertrieb man fast alle Tiere des Dschungels.
    Brennende Hitze, Schlittenglocken, durchschwitzte Kleider und Weihnachtslieder im Kopf, vermischt mit dem Geklingel … Es schneit, es schneit. Bah! Humbug!
    Noch ein Schritt, und Dane erkannte große Gestalten, schwarze, graue und braune. Das Glockengeklingel wurde lauter. Plötzlich bogen sie um die Kurve, und er konnte sie deutlich erkennen: große, schwarzweiß gefleckte Tiere mit langen Beinen wie Kamele, aber ohne Höcker, die unter mit bunten Bändern festgezurrten Lasten schwankten. Winzige Glöckchen baumelten an dem Ledergeschirr. Menschen – jedenfalls Protosimianer – in grauen Mänteln, mit Federkopfschmuck und jeder Menge Halsketten und Amuletten wie die von Rianna und Dane führten die Tiere an Seilen, die an den Halftern der traurigen, sanften, kuhartigen Köpfe der Ganjir befestigt waren. Lange Hälse schwankten; dicke Muskeln, bedeckt mit einem wunderschönen Fell. Dane konnte sich schwach erinnern, daß die wilden Ganjir Geweihe wie Elche trugen. Bei diesen gezähmten Exemplaren waren lediglich kleine Beulen am Kopf übriggeblieben. Wahrscheinlich nahm man den Jungtieren das Gehörn ab.
    Der Mann an der Spitze der Karawane erblickte sie, sprach etwas zu seinem Ganjir und zog das Tier so herum, daß es seitlich stehenblieb und die Straße versperrte. Er rief etwas. Dravash, der den anderen voranging, wandte sich zu Dane um. Sein Gesicht zeigte Verärgerung.
    Und nun? fragte sich Dane. Will er, daß ich für ihn übersetze? Dravash, der die Hand gehoben hatte, erstarrte plötzlich, und Dane merkte, wie sein Blick dem Wald hinter ihm zugewandt war. Dort raschelte etwas, kaum vernehmbar bei dem Geräusch der Glocken und des Laubes.
    Dane sprang nach vorn und zog mit vermeintlich tödlicher Langsamkeit sein Schwert. Bevor er Dravashs Warnruf vernahm, hörte er das vertraute Blätterrascheln. Das Schwert schien ihm so plump wie eine Eisenstange in der Hand zu liegen, als er es zückte, die Klinge über den Kopf hob und sah, wie die Rasha in geducktem Sprung herabkam. Die Klinge fuhr herab, durchstieß Knochen, als sich die riesigen Fänge eine Handbreit vor seinem Gesicht öffneten und wieder schlossen. Es riß ihm fast das Schwert aus der Hand. Mit durchbohrtem Schädel rollte sich die Katze zusammen.
    Rufe übertönten die Glocken.
    Dane zerrte an der Klinge, den Fuß auf dem Kopf der immer noch zuckenden Rasha. Er brauchte beide Hände, um es freizubekommen. Dann kamen berittene Männer auf Tieren, die anders als die Ganjir aussahen. Sie waren pferdeähnlich, trugen aber Hörner und hatten kurze Schwänze. Ihr Anführer zügelte sein weinrotes Tier in der Mitte der Straße, wo Dravash und Aratak standen. Er stellte sich aufrecht in die Steigbügel und pfiff ein schrilles, komplexes Zeichen. Zwei seiner Kameraden spornten ihre Reittiere an und lenkten sie über den Straßenrand in den Dschungel. Dane wischte das Schwert am Fell der toten Rasha ab und zwinkerte vor Erstaunen darüber, wie die Reiter sich ihren Weg durch das Gestrüpp bahnten, das er für undurchdringlich

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