Die Formel der Macht
mir eine Idee gekommen, warum die Gerechtigkeitsliga ein Interesse daran gehabt haben könnte, Joseph Malone in die Hände zu bekommen.”
“Du scheinst zu glauben, dass Malone ein neues Medikament entwickelt hat”, meinte Olivia. “Gordon hat so etwas erwähnt, als ich ihn anrief, um ihm zu erzählen, dass wir uns zum Mittagessen treffen.”
“Ja. Mr. Stein möchte von mir wissen, ob ich mir ein Motiv denken könnte, warum die Gerechtigkeitsliga Joe in die Hände bekommen wollte, und am Wochenende ging mir auf, dass es sich dabei um das älteste Motiv der Welt handeln muss. Geld.”
Der Kellner kam mit ihrem Kaffee. “Einen Espresso für Sie,
Signora.
Koffeinfrei. Und einen Cappuccino für Sie,
Signorina.
Genießen Sie ihn.”
“Danke.” Olivia entfernte vorsichtig die kunstvoll gezwirbelte Limonenschale und deponierte sie auf ihrer Untertasse. “Am Ende läuft alles auf Geld hinaus, sogar in der Politik”, sagte sie. “Wenn man genau hinhört, wenn unsere Regierung über Außenpolitik redet, dreht es sich bei allen Angelegenheiten, die Gegenstand einer ernsthaften Betrachtung sind, immer um solche, bei denen sich irgendeine Gruppe unseres Landes einen schönen dicken Batzen Geld erhofft.”
Summer schaute ihre Stiefmutter überrascht an. “Das klingt mehr nach mir als nach dir.”
“Ja, das stimmt. Ich bin indiskret. Die letzten zwei Wochen waren anstrengend, und ich bin müde.” Fast sichtbar schüttelte Olivia ihre Stimmung, die sie zu ungewöhnlicher Offenheit verleitet hatte, ab. “Was ich nur nicht verstehe, ist, warum du glaubst, dass Julian Stein daran interessiert sein könnte, dass ich mit Fernando nach New York gefahren bin. Soweit ich weiß, liegt die Untersuchung über Fernandos Ermordung allein in den Händen der New Yorker Polizei.”
Summer wurde klar, dass es keinen Grund gab, auszuweichen. Olivias Ehe würde durch die Enthüllung, dass sie mit Fernando im Zug nach New York gefahren war, keinen Schaden erleiden, da – selbst wenn Olivia log – ihre Lügen absolut überzeugend waren.
“Ich glaube nicht, dass irgendwer, der mit der Untersuchung über meine Entführung befasst ist, weiß, dass Fernando und Joe Malone Cousins sind … waren”, sagte Summer. “Ich weiß nicht, wie das alles zusammenhängt, aber ich finde es ein höchst seltsames Zusammentreffen, dass Fernando nur ein paar Stunden, bevor man mich entführte, in New York ermordet wurde. Und dann wurde ich drei Tage später gegen seinen Cousin ausgetauscht.”
Olivia stellte ihre Tasse ab, wobei der Kaffee über den Rand auf die Untertasse schwappte. Sie wurde so bleich, dass Summer erschrocken fragte: “Was ist denn? Was habe ich gesagt?”
“Hast du gerade gesagt, dass Fernando und Joseph Malone Cousins sind?” Olivia spuckte das Wort “Cousins” aus, als ob es ein Schimpfwort wäre.
“Na ja, ja. Joes Großmutter und Fernandos Vater waren Geschwister …”
Olivia schloss kurz die Augen. Als sie sie wieder öffnete, wirkte sie gefasster. “Entschuldige. Ich habe überreagiert. Es war nur so schrecklich, sich vorzustellen, dass Fernando ermordet wurde und dass nur ein paar Tage später sein Cousin in die Hände einer verbrecherischen Terroristenbande fiel.”
Es war ein Versuch, irgendetwas zu überspielen, aber Summer fiel nicht darauf herein. Aus irgendeinem Grund hatte die Neuigkeit, dass Fernando da Pereira und Joseph Malone verwandt waren, ihre Stiefmutter erschüttert. Überraschenderweise spürte Summer etwas in sich aufsteigen, das sich fast wie Mitgefühl anfühlte. “Hör zu, Olivia, ich bin nur hergekommen, um Julian Stein darauf aufmerksam zu machen, dass es möglicherweise zwischen meiner Entführung und Fernandos Tod eine Verbindung geben könnte. Aber es steht mir nicht zu, irgendeinen Verdacht zu äußern. Ich will niemandem Probleme machen oder Stein auf eine falsche Spur locken, vor allem, wenn er dabei irgendein Mitglied meiner Familie in Verlegenheit bringen könnte.”
Olivia hatte ihre Haltung wiedergefunden. “Natürlich musst du dem Direktor alles sagen, was du weißt und was dir wichtig erscheint.” Sie warf einen Blick auf die schlichte Movado-Golduhr, die sie tagsüber immer trug. “Du lieber Himmel, schon fast eins. Ich fürchte, ich komme schon zu spät zu meiner nächsten Verabredung. Meinst du, du kannst dir ein Taxi zum FBI-Hauptquartier nehmen?”
“Der Direktor schickt mir einen Wagen.”
“Gut. Lass dir mit deinem Cappuccino ruhig Zeit. Ich kümmere mich
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