Die Formel der Macht
wiedergewählt zu werden. Jetzt im Nachhinein konnte sie allerdings sehen, dass die Zornesausbrüche ihres Vaters angesichts des unverhüllten Spotts seiner Frau eine gewisse Berechtigung gehabt hatten. Als Kongressabgeordneter und dann als Senator hatte er mehr verdient als mit Ressentiments durchsetzte Spötteleien und eine glatte Weigerung, bei Veranstaltungen zum Aufbringen von Spenden in Erscheinung zu treten. Und doch hatte Summers Mitgefühl zur damaligen Zeit fast ausschließlich ihrer Mutter gegolten, und die erbitterten Kämpfe zwischen ihren Eltern waren hässlich mitanzuschauen gewesen, besonders wenn der Zorn ihres Vaters auf sie übergeschwappt war.
Während sie die Flut unerwünschter Erinnerungen einzudämmen versuchte, kramte Summer in den Tiefen ihrer Handtasche nach ihren Schlüsseln, die wie üblich wieder einmal unauffindbar waren. Die Gewissheit, in eine leere Wohnung zu kommen, machte ihre trübselige Stimmung nicht besser. Sie hatte es immer genossen, allein zu leben, umso beunruhigender war es jetzt, zu entdecken, dass eine einzige Nacht in Duncans Gesellschaft ausreichte, um ihr die Aussicht auf einen Abend allein zu Hause wenig verlockend erscheinen zu lassen.
“Eine Pizzalieferung für Miss Summer Shepherd. Mit doppelt Käse und Peperoni. Anstelle von Trinkgeld werden auch gern sexuelle Wünsche entgegengenommen”, ertönte eine raue Stimme dicht hinter ihr.
“Duncan!” Sie wirbelte herum und lachte, als sie sah, dass er wirklich zwei Pizzakartons auf dem Arm hatte. “Wo kommst du her?”
“Vom Café gegenüber, wo ich ein Vermögen bezahlt habe, einer Gruppe hungriger Studenten diese Pizzas abzukaufen.”
“Jetzt werden sie womöglich bei ihren Prüfungen durchfallen.”
“Weil ich ihre Pizzas gekauft habe?”
“Es ist eine wissenschaftlich erwiesene Tatsache, dass man nur mit einem Bauch voller Pizza für ein Examen lernen kann. Das wusstest du doch bestimmt, oder?” Sie schloss die Tür auf und ging ins Haus. “Ich dachte, du müsstest jetzt schon wieder in Washington sein.”
“Es ist mir gelungen, mich für morgen Nachmittag mit dem chilenischen Botschafter zu treffen, sodass sich mein Aufenthalt in New York um weitere vierundzwanzig Stunden verlängert.” Er drückte den Aufzugknopf für das oberste Stockwerk, dann beugte er sich vor und küsste sie.
Sie küsste ihn mit einem Eifer zurück, der sie beide in Erstaunen versetzte. Wie schaffte er das bloß, sie allein durch eine Berührung seines Mundes aus ihrer niedergedrückten Stimmung zu reißen? Sexuelle Anziehungskraft ist wirklich das Verrückteste auf der Welt, dachte Summer. Verwirrt stieg sie aus dem Aufzug und brachte ein bisschen Abstand zwischen sich und Duncan, während sie ihre wild durcheinanderwirbelnden Gedanken zu ordnen versuchte.
Duncan folgte ihr in die Wohnung und ließ den Pizzakarton auf den Küchentresen fallen, dann legte er ihr mit einer selbstsicheren Vertrautheit, die sie beide verblüffte und Summer in Verlegenheit brachte, die Arme um die Taille. “War es ein harter Tag?”, fragte er und steckte ihr eine Haarsträhne hinters Ohr.
Sie nickte. “Echt hart. Ich habe diese nagende Angst, dass etwas Schreckliches passiert, wenn wir Joe nicht bald finden, aber niemand scheint die geringste Eile zu haben. Es ist jetzt fast eine Woche her, seit er in diesem verdammten Transporter verschwunden ist, und während das FBI Däumchen dreht, sich durch seine geheimen Kanäle zappt und allerhöchstens mal behutsam vorfühlt, damit die brasilianische Regierung ja nicht verärgert wird, tun die Leute, die Joe verschleppt haben, ihm womöglich Gott weiß was an.”
“Das FBI wird dir gegenüber keine Einzelheiten der Untersuchung preisgeben, Summer. Es ist gut möglich, dass sie eine Menge mehr wissen, als sie zugeben.”
“Aber sie haben Joe immer noch nicht gefunden, und das ist alles, was zählt.” Summer versuchte, einen Kloß in ihrem Hals herunterzuschlucken, bestürzt darüber, dass ihre gute Laune schon wieder verflogen war und sie mit den Tränen kämpfte. “Ich will nicht, dass Joe stirbt”, sagte sie.
Jetzt fing sie wirklich an zu weinen, und nachdem sie erst einmal angefangen hatte, konnte sie nicht mehr aufhören. Duncan sagte nichts, sondern hielt sie fest, bis sie nur noch leise in sich hineinschluchzte. Verlegen wischte sie sich ihre Tränen ab und versuchte, ihre Fassung wiederzufinden. “Entschuldige. Ich weiß gar nicht, was in mich gefahren ist.”
Er reichte ihr
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