Die Formel der Macht
einschätzte.
Der Präsident, der berüchtigt dafür war, dass er es nur selten schaffte, sich an seinen Zeitplan zu halten, zögerte immer noch, die Krisensitzung zu verlassen, obwohl sein Stabschef ihn inständig ermahnte, dass es Zeit wäre, sich auf den Weg zu machen. Der Präsident reagierte bei Familienkrisen stets sehr gefühlsbetont. Jetzt blieb er noch einmal an der Tür stehen und legte Gordon einen Arm um die Schultern.
“Wir bringen Ihnen Ihre Tochter zurück, Gordon.” Dann schüttelte er ihm mit tränenverschleiertem Blick die Hand. “Unsere Regierung hat die besten Ermittlungsmethoden der Welt, und wir werden Summer bald finden.”
“Ich hoffe es, Sir, aber bis jetzt scheinen wir noch keinerlei brauchbare Spuren zu haben.” Gordons Stimme war heiser vor Erschöpfung und Sorge.
“Wir werden bald etwas finden, verlassen Sie sich darauf.” Der Präsident schaute seinen Stabschef finster an. “Harry, ich erwarte, stündlich auf dem Laufenden gehalten zu werden. Und wenn es etwas bahnbrechend Neues gibt, erwarte ich, auf der Stelle informiert zu werden, egal, wo ich mich gerade aufhalte.”
“Ja, Sir. Wir werden Sie auf dem Laufenden halten.” Der Stabschef öffnete ihm die Tür und schaute zum dritten Mal in drei Minuten auf die Uhr. “Sir, Sie müssen jetzt wirklich gehen. Die Schüler aus Vicksburg werden in neun Minuten im Oval Office sein.”
“Ich kenne meinen Terminkalender. Verdammt, Harry, geben Sie mir noch einen Moment hier.” Der Präsident drehte sich wieder zu Gordon um und sagte mit grimmiger Entschlossenheit: “Ich lasse es nicht zu, dass die außen politischen Entscheidungen dieses Landes von Terroristen beeinflusst werden, aber wir werden alles tun, was in unserer Macht steht, um Ihre Tochter zurückzubekommen. Und dann nageln wir die Dreckskerle fest, darauf können Sie sich verlassen, Gordon.”
Duncan versuchte, nicht zynisch zu sein, aber er konnte beim besten Willen nicht erkennen, wie die Regierung es anstellen wollte, Summer aus den Händen einer Bande ausländischer Terroristen zu befreien, ohne ihre Unabhängigkeit, außenpolitische Entscheidungen zu treffen, zu gefährden.
Gordon war zu fertig, um die Schwachstellen in der Argumentationsführung des Präsidenten zu entdecken. “Danke, Sir. Ich weiß Ihre Besorgnis zu schätzen. Ich bin dankbar … meine Frau und ich wissen es zu würdigen …” Gordon, normalerweise ein Meister in der Kunst der Diplomatie, schaffte es nicht, seinen Satz zu beenden.
Der Präsident klopfte ihm noch einmal mitfühlend auf die Schulter, bevor er zu seinem Termin mit den Schulkindern davoneilte und damit seinen Stabschef haarscharf vor einem Schlaganfall errettete.
Gordon stand für einen Moment da und starrte mit hängenden Schultern die Tür an, durch die der Präsident entschwunden war. Als er schließlich aus seiner Trance erwachte und zu seinem Platz zurückging, stolperte er und wäre vermutlich gefallen, wenn Duncan ihm nicht in letzter Sekunde unauffällig die Hand unter den Ellbogen geschoben hätte.
“Duncan?” Gordon starrte ihn verwirrt an, als ob er überrascht wäre, ihn hier vorzufinden. Dann schüttelte er schnell den Kopf und setzte sich an den Tisch, schenkte sich ein Glas Eiswasser ein und versuchte, sich wieder in den Griff zu bekommen. “Können wir anfangen, meine Herren? Wir haben in den nächsten zwei Stunden eine Menge zu besprechen. Zunächst habe ich entschieden, auf die Forderung der Gerechtigkeitsliga nach einer Anzeige in der
Washington Times
einzugehen. Ich habe Duncan Ryder gebeten, das für mich in die Wege zu leiten. Hast du Harvey Fochs unter der Nummer, die ich dir gegeben habe, erreicht?”
Duncan nickte. “Ja, Sir. Mr. Fochs hat mir verbindlich zugesichert, dass die Anzeige in der Spätausgabe von morgen erscheint.”
“Danke.” Gordon machte sich eine Notiz und wandte sich dann an den Direktor des FBI. “Julian, nun zu Ihnen. Was haben Sie für uns? Ihre Spezialisten haben sich das Band angehört, auf dem Duncan das Telefonat mit den Entführern aufgezeichnet hat. Ist man schon zu irgendwelchen Erkenntnissen gekommen?”
“Es gibt ein paar vorläufige Untersuchungsergebnisse.” Julian Stein, der Direktor des FBI, klappte einen Schnellhefter auf. “Ich fürchte, das meiste davon ist negativ oder bestätigt nur das, was wir ohnehin bereits wissen. Die Stimme des Anrufers war nicht verzerrt, und aus seinem Akzent lässt sich schließen, dass es sich bei ihm um einen
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