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Die Formel der Macht

Die Formel der Macht

Titel: Die Formel der Macht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jasmine Cresswell
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mit der Überschrift 'Präsident spricht vor den Vereinten Nationen'.”
    “Warum ausgerechnet diesen? Was ist so wichtig daran?”
    “Lesen Sie einfach, Miss Shepherd. Verschwenden Sie nicht Ihre Energie mit dem fruchtlosen Versuch, eine Beziehung zwischen uns herstellen zu wollen. Es klappt nicht, glauben Sie mir.”
    So viel zu deinem Plan der konstruktiven Mitarbeit, dachte sie trocken und begann zu lesen. Ihr Kopf tat immer noch so weh, dass es ihr schwerfiel, einen klaren Gedanken zu fassen, aber sie versuchte es trotzdem, wenngleich es ihr auch nicht gelang, dieser knappen Zusammenfassung des Präsidenten, mit welchen Maßnahmen Amerika seinen Anteil am weltweiten Ausstoß von Kohlenmonoxid bis zum Ende des zwanzigsten Jahrhunderts zu reduzieren gedachte, irgendeinen doppelbödigen Sinn zu entnehmen. Aber vielleicht gab es ja gar keinen, denn nur um zu beweisen, dass sie am Leben war, reichte es völlig aus, einen Artikel vorzulesen, der in einer Zeitung von heute erschienen war.
    Nach zwei Absätzen hörte sie auf vorzulesen, weil sie der Meinung war, dass sie genug vorgelesen hatte, um zu beweisen, dass sie am Leben war.
    “Sehr gut.” Der Mann, den sie in Gedanken den Oberhenker nannte, trat ins Scheinwerferlicht und bedeutete seinem Komplizen mit einer Handbewegung, die Videokamera auszuschalten. “Danke, Miss Shepherd.”
    “Nichts zu danken”, gab sie mit beißendem Spott zurück. “Und wie gedenken Sie mich für meine Kooperationsbereitschaft zu belohnen? Ich persönlich fände ein großes, saftiges Steak wunderbar.”
    Mehr konnte sie nicht sagen. Sie spürte den inzwischen vertrauten Stich in ihrem Oberarm. Die Kapuze wurde ihr über den Kopf gezogen, und man fesselte ihr die Arme wieder auf dem Rücken. Dann wurde sie von zwei Seiten gepackt und in ihr Gefängnis zurückgebracht.
    Sie spürte, dass man sie erneut an den Füßen fesseln wollte, und versuchte zu protestieren, aber sie war schon wieder dabei, in die Bewusstlosigkeit abzudriften. Als sie schließlich aufs Neue sorgsam verschnürt auf dem Boden lag, konnte sie keinen Gedanken lange genug festhalten, um ihn in Worte zu kleiden.
    Eine dunkle Decke hüllte sie ein. Ob in der Wirklichkeit oder nur in ihrem Kopf, konnte sie nicht sagen.
    Dann trug die Stille sie mit sich fort.

5. KAPITEL
    S ofort nachdem der Präsident vom FBI Field Office in New York die Bestätigung erhalten hatte, dass Summer Shepherd nicht in ihr Apartment zurückgekehrt war, war er von Camp David nach Washington geflogen, aber als sich der bereits am Vortag gebildete Krisenstab am Montagmorgen im Situation Room des Weißen Hauses versammelte, hatte er nur wenig Zeit. Die Notwendigkeit, Summers Entführung streng geheim zu halten, erlegte es dem Präsidenten auf, sich strikt an seinen Terminkalender zu halten, und das bedeutete, dass er an diesem Morgen mit der Delegation einer Grundschule aus Mississippi frühstücken würde.
    Vielleicht war es ja der Schlafmangel, der Duncan zynisch machte, aber so wie er es sah, war die Notwendigkeit, absolutes Stillschweigen zu bewahren, das Einzige, worauf sich die Anwesenden bis jetzt hatten einigen können. Die offiziellen Maßnahmepläne, die bei Entführungen von Kabinettsmitgliedern oder ihren Familienangehörigen in Kraft traten, enthielten nur weniges, was auf Summers Fall anwendbar war, und obwohl sich bestimmte Räder mit gut geölter Präzision zu drehen begannen, gab es Entscheidungen, die unter Berücksichtigung der besonderen Situation getroffen werden mussten. Duncan hatte bereits gestern eine Menge Zeit damit verbracht, auf seinen Händen zu sitzen und sich auf die Zunge zu beißen, wobei er sich in regelmäßigen Abständen immer wieder ermahnt hatte, dass es nichts brachte, die in dem Raum versammelten hochrangigen Regierungsvertreter anzubrüllen, außer, dass es ihn seine Stellung kosten konnte. Und von allen Ermittlungsergebnissen im Entführungsfall Summer Shepherd ausgeschlossen zu sein würde noch viel schlimmer sein, als sich auf die Zunge zu beißen, wenn sich der Direktor des FBI und der Chef der CIA mit hochroten Köpfen in nicht enden wollenden Kompetenzstreitereien ergingen.
    Duncan hatte die Nacht bei seiner Schwester und seinem Schwager verbracht. Er hatte kein Auge zubekommen, und seinem Aussehen nach zu urteilen war es Gordon Shepherd nicht anders ergangen. Er wirkte übernächtigt und grau und seelisch derart angegriffen, dass Duncan das Risiko eines Herzinfarkts als höchst real

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