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Die Formel der Macht

Die Formel der Macht

Titel: Die Formel der Macht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jasmine Cresswell
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die Fahrertür öffnete. Nachdem er die Tür aufgezogen hatte, lehnte er sich ins Innere des Wagens und warf ein Päckchen vom Fahrer- auf den Beifahrersitz.
    Er hatte sich gerade angeschnallt und wollte eben den Wagen starten, als er plötzlich einen erstickten Schrei ausstieß. Gott, woher kam das Päckchen? Er ließ den Sicherheitsgurt aufschnappen und sprang aus dem Wagen, dann warf er sich auf den Boden, riss die Arme schützend über den Kopf und wartete auf die Explosion.
    Nichts passierte. Mehrere Fußgänger starrten ihn misstrauisch an, bevor sie in einem weiten Bogen um ihn herumgingen. Er sprang nass und schlammbespritzt wieder auf und ging zum Auto zurück, diesmal auf die Beifahrerseite, wo er das in braunes Packpapier eingewickelte und mit Klebeband verschlossene Päckchen achtlos auf den Sitz geworfen hatte.
    Als er vor Stunden ausgestiegen war, war es noch nicht da gewesen.
    Er wischte mit seinem Ärmel die Regentropfen von der Scheibe und spähte durchs Fenster. Das Päckchen lag harmlos auf dem Sitz, und er sah erst jetzt, dass es an ihn adressiert war. Woher hatte jemand gewusst, dass er heute Morgen Olivias Wagen nehmen würde? Als ihm klar wurde, dass jemand Gordon Shepherds Haus beobachtet haben musste, sträubten sich ihm die Nackenhaare.
    Über seinen Namen hatte jemand mit dickem schwarzen Filzstift
Videoaufzeichnung, Eigentum der brasilianischen Gerechtigkeitsliga
geschrieben.
    In dem Erpresserbrief war von einem Video die Rede gewesen. Eins, das aller Voraussicht nach Summer lebend in der Hand ihrer Entführer zeigen würde. Duncan sehnte sich plötzlich ganz schrecklich danach, die Frau, die er liebte, zu sehen und wenn es nur auf einer Videoaufzeichnung war.
    Julian Stein war Gott sei Dank unterwegs nach Miami. Eine perfekte Ausrede für Duncan, den FBI-Direktor zu übergehen und das Videoband direkt Summers Vater zu übergeben. Er stieg in das Auto seiner Schwester und fuhr so schnell er konnte zu Gordon Shepherd.

6. KAPITEL
    I n den zehn Tagen seiner Inhaftierung hatte Joseph Malone es leidlich geschafft, sich an die Brutalität und Verkommenheit des Gefängnislebens zu gewöhnen, zum Teil deshalb, weil er jetzt zumindest weniger Angst haben musste, ermordet zu werden als in den sechs Monaten zuvor. Seine Feinde hatten offenbar begriffen, dass sie ihn lebend brauchten, und obwohl es ihm immer noch vollkommen schleierhaft war, warum sie sich ein amerikanisches Gefängnis ausgesucht hatten, sagte er sich, dass es wesentlich besser war, hinter Gittern zu sein als tot. Natürlich war es immer noch möglich, dass einer seiner Mitgefangenen über ihn herfiel und ihn umbrachte, aber sein hagerer Körper hatte zähe Muskeln, und er hatte zu seiner eigenen Genugtuung bereits bewiesen, dass er sich behaupten konnte. Von einem Xuaxanu-Krieger hatte er einst um den Preis einer angeknacksten Rippe und einer blutigen Nase den Kampf Mann gegen Mann gelernt, sodass er in der Lage gewesen war, sich gegen die brutalen Schläger zu verteidigen, die entschlossen gewesen waren, ihm zu zeigen, wer der Herr des Misthaufens im Gefängnishof war.
    Der ständige Lärm war fast noch schlimmer zu ertragen als die normale Gewalt des Gefängnisalltags. Joseph sehnte sich nach der Stille des Regenwaldes, wo es vielleicht am lautesten war, wenn einem ein Schwarm Aras über den Kopf flog oder wenn die Xuaxanu-Frauen friedlich eine uralte Prozedur wiederholten, indem sie mit ihren Holzmörsern in ausgehöhlten Flaschenkürbissen Maniokwurzeln zerstießen und sie auf diese Weise zu Nahrung verarbeiteten.
    Schlimmer als die beiläufige Rohheit, der Geruch nach saurem Schweiß oder sogar der Lärm war sein Gefühl absoluter Hilflosigkeit gegenüber einem uneinsichtigen Justizsystem. Es gab so viel, was er tun musste, um Leben zu retten, und jeder Tag in Gefangenschaft zehrte an seinen Geduldreserven.
    Ein Großteil seiner Frustration lag allerdings in dem mangelnden Vertrauen begründet, das er Pedro Goulart entgegenbrachte, dem Verteidiger, den ihm Fernando Autunes da Pereira besorgt hatte. Ein Mann, der so einflussreich war wie Fernando würde natürlich nie einen inkompetenten Anwalt engagieren, doch das änderte nichts an der Tatsache, dass Joseph in Goulart nichts anderes sehen konnte als die geballte Inkompetenz. Wie war das möglich? Für Joseph gab es nur zwei mögliche Erklärungen: Entweder hatte Fernando ihn betrogen, oder aber Pedro Goulart betrog Fernando. Joseph neigte dazu, in Goulart den Verräter zu

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