Die Formel der Macht
haben. Aber ich werde jede Information, die er mir gibt, mit einbeziehen, um zu garantieren, dass wir die Sicherheitsinteressen unseres Landes ebenso schützen wie die Sicherheit Ihrer Tochter.”
Wenn Gordon Shepherd am Anfang der Sitzung übernächtigt ausgesehen hatte, so wirkte er jetzt, als wäre er kurz vor dem Zusammenbruch. Trotzdem schaffte er es, sich zusammenzunehmen und begegnete Julians Blick mit Würde. “Mir ist klar, dass Sie alle Fakten in Betracht ziehen müssen, Herr Direktor. Tun Sie das. Ich erwarte Ihren Bericht, nachdem Sie mit Joseph Malone gesprochen haben. Ich verlasse mich darauf, dass Sie sich, sobald Sie die Vernehmung abgeschlossen haben, mit mir in Verbindung setzen.”
“Sie hören von mir, sobald ich mit Malone gesprochen habe”, versprach Julian. “Und wenn Sie nichts dagegen haben, würde ich mich jetzt gern verabschieden, Herr Minister. Ich möchte so schnell wie möglich nach Miami, meine Maschine wartet bereits.”
Nachdem der FBI-Chef das Zimmer verlassen hatte, herrschte ein betretenes Schweigen, das erst gebrochen wurde, als Gordon Shepherd die zurückgebliebenen Sitzungsteilnehmer bat, die unmittelbar nächsten Schritte, die sie zu Summers Freilassung planten, darzulegen. Die Sitzung dauerte noch weitere dreißig Minuten an, dann wurde sie geschlossen, und Gordon und Duncan blieben allein am Tisch zurück.
“Geh noch nicht”, bat Gordon, als Duncan aufstand und anfing, seine Notizen durch den Schredder zu jagen.
“Natürlich nicht, wenn du mich brauchst. Willst du, dass ich mit dir nach Hause komme?”
“Ich weiß nicht, ob ich nach Hause gehen soll.” Gordon rieb sich gedankenverloren die Stirn. “Olivia ist so außer sich, dass wir es uns letzte Nacht nur gegenseitig schwer gemacht haben. Solange ich hier bin, habe ich zumindest das Gefühl, dass ich etwas tue, um Summer zu finden.” Er durchquerte den abhörsicheren fensterlosen Raum, während er sprach, seine Bewegungen waren zögernd und unkoordiniert. Sein Gesicht war so bleich, dass es fast blutleer wirkte. Nur seine Augen loderten mit fiebriger Intensität. Schließlich setzte er sich wieder und vergrub sein Gesicht in den Händen.
“Hat sie es wirklich getan?”, fragte er verzweifelt. “Ich kann nicht mehr klar denken. Kann es sein, dass sie wirklich ihre eigene Entführung inszeniert hat? Ist sie fähig, uns alle derart zu quälen?”
“Möglicherweise”, sagte Duncan und seine Stimme klang schroff, weil er sich weigerte, die Wahrheit zuzugeben. “Wenn sie Malone genug liebt und wenn sie überzeugt ist, dass man ihm ein Verbrechen anhängen will, das er nicht begangen hat.”
“Oh Gott.” Gordon sank in sich zusammen. “Glaubst du wirklich, dass sie ihn liebt?”
“Ich weiß nicht. Es ist mit Sicherheit kein Thema, über das sie mit mir sprechen würde.”
“Julian Stein glaubt, dass sie mit ihm gemeinsame Sache macht, stimmt's?”
“Stein ist der Direktor des FBI. Er wird dafür bezahlt, dass er von allem das Schlimmste annimmt.” Duncan angelte sich einen Stuhl und setzte sich neben seinen Schwager. “Aber du bist ihr Vater, Gordon, und das bedeutet, dass du hundertprozentig an sie glauben musst, bis zu dem Moment, in dem dir der untrügliche Beweis vorgelegt wird, dass sie eine Komplizin ist und kein Opfer.”
“Ich bin aber auch Außenminister dieses Landes”, gab er müde zurück. “Woher soll ich wissen, wann ich das Recht habe, wie ein Vater zu reagieren, und wann es meine Pflicht ist, wie der Mann zu reagieren, der für die Außenpolitik der Vereinigten Staaten von Amerika verantwortlich ist?”
“Im Augenblick gibt es keinen Widerspruch zwischen beidem”, sagte Duncan und legte seinem Schwager eine Hand auf den Arm. “Im Augenblick ist es das Wichtigste, Summer zu finden. Je länger die Situation anhält, desto gefährlicher wird es für alle Beteiligten, sowohl auf politischer wie auch auf persönlicher Ebene. Deshalb haben wir allen Grund anzunehmen, dass sie ein Opfer ist, und müssen uns darauf konzentrieren, sie zu finden.”
“Das ist wahr.” Gordon hob den Kopf und rang sich ein nicht sehr überzeugendes Lächeln ab. “Du hast wirklich ein beneidenswertes Talent, in einem Misthaufen zu wühlen und das Entscheidende herauszuholen, Duncan.”
Duncan wünschte sich seiner Sache nur halb so sicher zu sein, wie es sich anhörte. Das Problem war, dass man, wenn man sechs Jahre in hoffnungsloser Liebe zu einer Frau entbrannt war, die einen so aufregend fand
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