Die Frau am Tor (German Edition)
eine dringliche Rettungsmaßnahme empfand, als müsse ein leerer Tank aufgefüllt werden.
Es war heller Nachmittag, als er sich schließlich ins Bett legte und sofort einschlief. Er schlief bis in den Abend, und womöglich hätte er gleich durchgeschlafen, wenn nicht das Telefon geklingelt hätte. Er brauchte eine Weile, um sich zu orientieren und herauszufinden, welch lästiges Geräusch da sein Trommelfell malträtierte.
Auf schlaftrunkenen Beinen taumelte er in den Flur und langte nach dem schnurlosen Apparat. Doch nur Sekunden, nachdem er ihn von der Station genommen hatte, wurde die Verbindung am anderen Ende der Leitung auch schon unterbrochen. Ungefähr eine Viertelstunde später wiederholte sich das Ganze noch einmal.
5.
“ Ich sage dir, das war vielleicht ein Horror. Wir sind mitten in ein Gewitter gekommen, schon kurz nach dem Start. Und hier ist immer noch diese schreckliche Hitze.”
Sie schob sich eine feuchte blonde Strähne aus der Stirn. Ihr Gesicht war gerötet und wies ein paar dieser hektischen Flecken auf, die sie manchmal bekam, und sie verzog es bei dem vergeblichen Versuch, sich etwas Abkühlung zu verschaffen, indem sie den Ausschnitt ihrer verschwitzten weißen Bluse in einer hilflosen Geste hin und her bewegte.
“ Ich muss unbedingt duschen und mir frisches Zeug anziehen”.
“ Möchtest du erst zu dir oder gleich zu mir?”, fragte er, ihre schwere Reisetasche über der Schulter und den ebenso schweren Koffer in der linken Hand.
“ Gleich zu dir. Ich habe genug dabei.”
Als er die Sachen im Kofferraum verstaute, hatte er unwillkürlich die Szene vor Augen, wie er und Julia Gerlach den toten Oliver Rensing erst ein- und später wieder ausgeladen hatten.
“ Und? Wie ist es mit dem dem Job gelaufen?”, fragte er, nachdem sie eingestiegen waren. Sie klappte den Spiegel herunter, musterte sich, verzog abermals das Gesicht, holte das Etui mit dem Schminkzeug aus ihrer Handtasche hervor, überlegte kurz und steckte es wieder weg, wobei sie mehr zu sich selbst murmelte: “Das bringt's jetzt auch nicht.”
An ihn gewandt erklärte sie: “Auch Horror. Ich bin wirklich froh, wenn wir diesen Mist hinter uns haben. Es nervt. Diese Fernsehleute dort, ich sage dir, das sind vielleicht Typen. Ich habe ein paarmal gedacht, was du wohl machen würdest, wenn du dich mit solchen Leuten abgeben müsstest. Aber das Ende ist ja nun allmählich abzusehen, und ich hoffe, dass wir doch irgendwie wieder auf eine andere Schiene kommen, weg von diesem Unterschichtenmüll.”
Der Wagen hatte keine Klimaanlage, nicht einmal elektrische Fensterheber, und sie mussten die Scheiben herunterkurbeln, um den Fahrtwind hereinzulassen.
Sie streifte ihren leichten, beigefarbenen Rock so hoch, dass ihre nahezu weißen Beine – sie hatte empfindliche Haut und vertrug die Sonne nicht gut – völlig frei waren und er die Ränder ihres Slips sehen konnte. Er schaute nur aus den Augenwinkeln hin und wandte den Blick gleich wieder ab.
“ Und du? Was hast du getrieben in den letzten Tagen?”, wollte sie wissen. “Du warst am Telefon etwas komisch.”
“ Ich habe nicht viel gemacht, nichts weiter Besonderes. Was soll man bei dieser Hitze auch schon großartig anfangen? Sie setzt mit ziemlich zu”, antwortete er.
“ Jedenfalls bin ich froh, wieder hier zu sein, ich freue mich richtig auf unser Wochenende”, sagte sie und tätschelte sein Knie. Sie hatte bereits allerlei Pläne gemacht hatte, aber er hörte ihr kaum zu.
Kurz nachdem die Tür seiner Wohnung hinter ihnen ins Schluss gefallen war und noch bevor er Tasche und Koffer abgesetzt hatte, klingelte das Telefon. Er ließ beides gleichzeitig zu Boden fallen und nahm den Apparat von der Station.
“ Hallo? Hallo? Hier ist Julia.”
Und schon klickte es in der Leitung und die Verbindung war unterbrochen.
“ Wer war denn das?”, fragte Eva.
“ Nichts, niemand. Da hatte sich wohl jemand verwählt.”
Sie verschwand im Bad, er hörte das Rauschen der Dusche, und wenig später ging das Telefon erneut. Diesmal ließ er es läuten, acht, zehn, zwölf mal, bis es endlich verstummte. Dann ging er in die Küche. Er atmete tief durch, um das unangenehme Gefühl innerer Anspannung loszuwerden.
Eva war in ein grünes Badelaken gewickelt, das sie über der Brust locker verknotet hatte, und trug auf dem Kopf ein gleichfarbiges, zu einem Turban geformtes Handtuch, als sie in der Küchentür erschien, und instinktiv verglich er ihren Anblick mit dem Bild Julias
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