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Die Frau des Apothekers - Sandmann, C: Frau des Apothekers

Die Frau des Apothekers - Sandmann, C: Frau des Apothekers

Titel: Die Frau des Apothekers - Sandmann, C: Frau des Apothekers Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Charlotte Sandmann
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Pritz-Toggenau, aber nachdem Raoul diesen stets die kalte Schulter gezeigt
     hatte, nahm sie an, dass es sich um eine eher unerfreuliche Gesellschaft handelte. Auf keinen Fall wollte sie sich auf das
     Schloss abschieben lassen, das ziemlich weit von Hamburg entfernt lag, während die Baronin und ihre Kinder sich im Löwenhaus
     einnisteten.
    »Wenn es zu einem Prozess kommt«, sagte Louise beherzt, »wird sich meine Unschuld erweisen.«
    »Hoffen wir es für dich«, antwortete Hermine lakonisch.
    Sie wurden von dem Mädchen unterbrochen, das den Tee brachte. Hermine runzelte die Stirn.
    Indigniert stellte sie fest: »Der Tee ist zu schwach – und lauwarm   –, schlechte Küche. Louise, du musst deine Dienstboten fester im Griff haben! Natürlich hast du ohne die Autorität deines
     Mannes   …« Als die junge Witwe nicht antwortete,kam sie mit entschlossener Stimme auf ihr eigentliches Anliegen zu sprechen.
    »Es wäre sicher am klügsten, du würdest so rasch wie möglich abreisen und deine Angelegenheiten in die Hände eines Mannes
     legen, der deinen Gatten würdig vertreten kann.«
    Louise lächelte mit verkrampften Lippen. »Dieser Mann, nehme ich an, soll Emil sein?«
    »Auf jeden Fall soll es nicht dieser zwielichtige Privatsekretär sein«, erwiderte Hermine scharf. »Es ist schlimm genug, dass
     er sich zu Lebzeiten meines armen Bruders in dessen Vertrauen eingeschlichen und praktisch über ihn bestimmt hat!«
    »Frederick Hansen ist ein zuverlässiger und treuer Angestellter.«
    »Nun ja, ich dachte mir schon, dass du ihn verteidigen würdest«, erklärte Hermine mit einem vielsagenden Blick zur Zimmerdecke.
     »Aber wie auch immer, ich bin Raouls nächste Verwandte, und Emil ist mein Sohn, da erscheint es mir nur recht und billig,
     dass er den verstorbenen Hausherrn vertritt – die Familie repräsentiert. Oder willst du als eine Frau, die unter Mordverdacht
     steht, die Trauergäste an der Bahre deines Gatten empfangen?«
    Louise fröstelte. Ob sie Hermine nun leiden konnte oder nicht, sie wusste, dass sie recht hatte. Am Vormittag würden die Angestellten
     der Bestattung mit dem Sarg kommen, dann ein Priester, um Raoul einzusegnen, und sobald dieser feierlich aufgebahrt war, würden
     die Trauergäste erscheinen, um sich zu verabschieden. Sie wagte nicht daran zu denken, wie es sich anfühlen würde, gewissermaßen
     am Pranger zu stehen, von einem Paar eisiger Augen nach dem anderen gemustert zu werden, das Gewisper zu hören: Es heißt,
     sie haben ihn vergiftet, die Witwe und ihr Geliebter   …
    Hermine wartete die Antwort nicht ab. »Als Schwester des Verstorbenen werde ich diese Aufgabe übernehmen. Du lässt dich am
     besten nicht blicken. Wenn jemand fragt, werden wir sagen, du seist indisponiert. Du kannst mir inzwischen ein Zimmer machen
     lassen. Im Erdgeschoss. Ich mag keine Treppen steigen. Und lass Paula wissen, dass sie mir helfen soll, die Bestatter zu überwachen.«
    Louise nickte stumm. Wenigstens das Begräbnis musste ihr keine finanziellen Sorgen bereiten, das hatte Raoul längst im Voraus
     arrangiert. Aber wie sie sonst über die Runden kommen sollte, wusste sie nicht.
    Hermine erhob sich und schritt mit rauschenden Röcken hinaus.

4
    Sobald Hermine das Zimmer verlassen hatte, sank die junge Witwe auf einen Sessel nieder. Ihre Hände zitterten. Sie wusste
     genau, dass das erst der Anfang war. Andere würden kommen, noch unverschämter, noch entschlossener, sie aus dem Haus drängen,
     noch raffgieriger. Wer half ihr? Da war die Suffragette, die sie aus dem Gefängnis befreit hatte. Louise hatte das Gefühl,
     ihr mehr vertrauen zu können als manchen Menschen, die sie seit zwei Jahren umgaben.
    Sie ging die Treppe hinunter ins Erdgeschoss und suchte das Schreibzimmer ihres Gatten auf. Sie nahm sich von dem geprägten
     Briefpapier, das er für Geschäftsangelegenheiten benutzt hatte, füllte die Feder mit schwarzer Tinte und setzteein kurzes Schreiben auf, in dem sie Lady Amy Harrington in höflichen Wendungen um ihren baldmöglichen Besuch bat. Sobald
     die Tinte getrocknet war und der Brief sorgfältig gefaltet in einem Kuvert lag, klingelte sie nach dem Mädchen.
    »Anke, bitte bringe dieses Schreiben Lady Amy Harrington am Gänsemarkt. Persönlich. Der Brief ist vertraulich.«
    »Ich brauche Fahrgeld«, verlangte das Mädchen.
    Louise erstarrte ob des trotzigen Tons. »Es sind doch nur drei Straßen – die kannst du auch laufen!«, gab sie mit schriller
     Stimme

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