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Die Frau des Apothekers - Sandmann, C: Frau des Apothekers

Die Frau des Apothekers - Sandmann, C: Frau des Apothekers

Titel: Die Frau des Apothekers - Sandmann, C: Frau des Apothekers Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Charlotte Sandmann
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spuken.
    Louise wusste nicht recht, ob diese Geschichten ihr Angst machten oder ihr lächerlich erschienen. Als sie noch ein Zögling
     im Waisenhaus gewesen war, hatten die größeren Mädchen den kleinen erzählt, irgendwo im Pumpenkeller sei ein Mensch begraben,
     und wenn man ahnungslos über sein Grab gehe, greife er nach den Füßen des Kindes. Keine der Schülerinnen hatte gewusst, ob
     die Geschichte wahr war, aber die meisten von ihnen hatten irgendwann hysterisch zu schreien begonnen, weil sie im trüben
     Halbdunkel unsichtbare Hände an den Fußknöcheln zu fühlen glaubten.
    Jetzt, da der Segen für Raoul gesprochen war, hielten die heiligen Worte und der Sprühregen geweihten Wassers den Toten fest,
     und man konnte ihn beruhigt allein lassen. DieNonnen freilich blieben noch an Ort und Stelle, um den Toten zu schützen und zu trösten, denn niemand wusste, wann die Seele
     tatsächlich den Körper verließ. Im Augenblick des Todes, sagten die einen, aber andere waren der Meinung, erst mit dem feierlichen
     Abschluss der Grablegung. Auf jeden Fall war es sicherer, den Toten durch Gebete und die Anwesenheit tiefgläubiger Menschen
     zu schützen, falls der Teufel die arme Seele noch im letzten Augenblick erschrecken oder quälen wollte.
    Der beißend süße Geruch des Weihrauchs schwelte trotz der Größe des Theatersaales penetrant in der Luft, als die Prozession
     sich umwandte und der Priester mit dem Weihwasserbuschen die Knienden segnete und durch die Tür verschwand.

2
    Louise empfand Erleichterung, als sie im Morgengrauen des elften Februar erwachte und sich erinnerte, dass heute Raouls Begräbnis
     stattfinden würde. Sobald das Grab zugeschaufelt war, würde dieser Teil ihres Lebens endgültig der Vergangenheit angehören.
     Plötzlich empfand sie Ungeduld, konnte die Stunde des Begräbnisses kaum mehr erwarten. Ihr war zumute, als liege sie selbst
     begraben unter moderndem Laub. Der Leichengeruch, den das Haus angenommen hatte, zog sich bis in ihr Schlafzimmer: der bittere
     Dunst erlöschender Kerzen, der Weihrauch und eine ranzige Süße, die ekelhaft war.
    Sie drehte sich um und betrachtete im trüben Zwielicht Frederick. Er schlief. Was für ein guter Freund er doch war   … Sie wünschte, sie könnte ebenso verliebt in ihn sein wie er in sie. Welches Leben hätten sie dann vor sich gehabt! Zwei
     junge Leute, voll Vertrauen in die Zukunft. Aber so, wie es war, hatte sie ein schlechtes Gewissen, das von Tag zu Tag unerträglicher
     wurde. Sie fühlte sich innerlich zerrissen: Sie liebte ihn nicht, aber gleichgültig war er ihr auch nicht. Sie wollte ihn
     nicht verlieren und konnte doch seine Gefühle nicht erwidern. Eines freilich hatte er bewirkt: Die kindischen Seifenblasen,
     in denen sie sich verloren hatte, die schillernden Träume von Bühnenhelden und Opernsängern, waren zerplatzt, seit sie einen
     echten Mann in den Armen gehalten hatte. Jetzt war sie bereit, eine große Liebe wirklich zu erleben!
    Sie wollte sich leise aus dem Bett stehlen, aber Frederick erwachte sofort und streckte seine Hand nach ihr aus. »Louise«,
     flüsterte er. »Es ist noch kaum Tag.«
    Es ärgerte sie, dass er aus dem Schlaf geschreckt war, als müsste er sie bewachen. Aber das Letzte, was sie jetzt wollte,
     war ein Streit mit ihm, also gab sie zurück: »Ich kann nicht mehr schlafen. Ich möchte fertig angezogen sein und gefrühstückt
     haben, bevor die Zeremonien beginnen.«
    Schlaftrunken setzte sich Frederick auf und wollte etwas antworten, aber sie schüttelte den Kopf. Mit einer Handbewegung bedeutete
     sie ihm, sich wieder schlafen zu legen. »Lass mich allein, ich glaube, ich brauche nur eine ordentliche Tasse Kaffee.«
    Sie wusch sich und kleidete sich an. Dann ging sie hinunter in die Küche. Erfreut stellte sie fest, dass das von Hermine mitgebrachte
     Dienstmädchen keine Schlafmütze war, sondern bereits Feuer gemacht und Kaffee aufgebrüht hatte. Allerdingsnicht für die Baronin, die stets lange schlief, sondern für sich selbst. Bei Louises Anblick sprang sie hoch und wollte sich
     entschuldigen, aber die junge Frau winkte ab.
    »Schon gut, bring mir nur eine Kanne Kaffee und ein Butterbrötchen, und dann trink in Ruhe deinen Kaffee. Ehe die Baronin
     aufwacht, brauchen wir dich nicht.«
    Das Silbertablett mit Kaffee, Weißbrot, Butter und Konfitüre wurde bemerkenswert schnell serviert, sodass Louise bald in aller
     Ruhe im kleinen Salon am Feuer saß und gemächlich frühstücken

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