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Die Frau des Apothekers - Sandmann, C: Frau des Apothekers

Die Frau des Apothekers - Sandmann, C: Frau des Apothekers

Titel: Die Frau des Apothekers - Sandmann, C: Frau des Apothekers Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Charlotte Sandmann
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einreihten, aber sie konnte nicht protestieren, ohne unliebsame Aufmerksamkeit zu erregen, und außerdem zeigten
     mehrere dieser Kutschen imponierende Wappenschilder. Im vordersten Wagen saß Louise, tief verschleiert und mit einem schneeweißen
     Blumenbukett in Händen, zwischen zwei vornehmen Damen, deren Hüte allein ein Vermögen gekostet haben mussten. Wer sie waren,
     konnte die Baronin nicht erkennen, da sie dichte Halbschleier trugen, aber das Wappen war unverkennbar das des Lord Harrington,
     Botschafter Ihrer Majestät der Königin Viktoria.
    Louise war froh, dass das Protokoll einen dichten Schleier gebot, so konnte ihr wenigstens niemand ins Gesicht schauen und
     in ihren Zügen zu lesen versuchen. Sie zog sich in die seltsame Dämmerwelt hinter dem Schleier zurück und konzentrierte sich
     ganz auf den festen, warmen Druck, mit dem Amys Hand die ihre umschlossen hielt. Nur am Rande bemerkte sie, dass sich vor
     dem Konvent, in dessen Kapelle die Einsegnung stattfinden sollte, zahlreiche Zuschauer eingefunden hatten. Als sie nach der
     einfachen Zeremonie wiederauf die Straße traten, war die Menge auf das Doppelte angewachsen, und sobald der Zug sich in Richtung Friedhof in Bewegung
     setzte, reihten sich nach Rang und Namen geordnet die Kutschen der Trauergäste ein. Amy zischte ihr ins Ohr: »Der Polizeidirektor   – Senator mit Gattin   – Schiffseigner – Großkaufmann   …« Louise nahm die Mitteilungen mit geringem Interesse zur Kenntnis. Ihre Gefühle waren erloschen. Sie fühlte sich jetzt ganz
     wie an den Abenden im Nationaltheater, wenn ihr das ausgewählte Stück missfiel und sie nur mehr daran denken konnte, wann
     endlich der Vorhang fallen würde. Ihre Gedanken waren jetzt bei dem Licht, das ihr am Ende des Tunnels entgegenschimmerte,
     dem hoffnungsvollen Morgen eines Tages, an dem sie nicht mehr Frau Paquin sein würde. Eine letzte Geste noch, dann konnte
     sie dieses Leben, das zu einem Haufen welkender Blumen zerfallen war, hinter sich lassen.

3
    Der Wind, der von der Elbmündung hereinblies, frischte allmählich zu einer steifen Brise auf. Polizeiinspektor Ludwig Gützlow
     musste wiederholt seinen Hut festhalten, ehe er davon geblasen wurde, und mehr als einmal stülpte ihm der Sturm seinen Havelock
     so gründlich über den Kopf, dass er Mühe hatte, sich aus dem schweren Tuch zu befreien. Außerdem regnete es, nicht stark,
     aber hartnäckig. Jedes einzelne Lebewesen in Hamburg schien schlechter Laune zu sein, von den Passanten angefangen bis zu
     den Droschkenpferden, diemit ihren schweren Hufen immer genau dann durch schmutzige Pfützen trabten, wenn sie an ihm vorbeikamen.
    Für Kriminalpolizeiinspektor Ludwig Gützlow war der Fall Paquin längst nicht abgeschlossen.
    »Wenn etwas watschelt wie eine Ente, quakt wie eine Ente und aussieht wie eine Ente, dann ist es auch eine Ente! Und wenn
     etwas meilenweit gegen den Wind nach Mord riecht, dann ist es Mord, auch wenn es vorderhand noch keinen Beweis dafür gibt«,
     murmelte er vor sich hin.
    Freilich, er hatte Verständnis dafür, dass der Polizeirat den Fall zu den Akten gelegt hatte. Die Hamburger Polizei war zu
     beschäftigt, um sich über Wochen mit demselben Kriminalfall zu befassen. Aber man hatte ja seine Freizeit.
    Während sich der Leichenzug des Apothekers vor der Kapelle neu formierte, winkte er einen Einspänner herbei und reihte sich
     bescheiden im hinteren Drittel des Zuges ein. Ihm, dem Kriminalbeamten, der so viele Leichen in den Fleeten treiben oder in
     Kellern zusammengeschrumpft hatte liegen sehen, erschien der Begräbnisprunk lächerlich. Er sagte sich jedoch, dass wohl alle
     Dinge im Leben ihre Rituale brauchten – Anfang wie Ende   –, wenn alles seinen geregelten Gang gehen wollte. Außerdem hatte Gützlow ein Auge für geschmackvolle Zeremonien; er liebte
     sie um ihrer selbst willen, auch wenn sie sein Herz nicht berührten.
    Die Entreprise de pompes funèbres hat sich wahrlich selbst übertroffen, dachte er mit einem entspannten Lächeln auf den Lippen.
     Als nach der Einsegnung von allen Seiten die Prachtkutschen der Hamburger Honoratioren ankamen und sich in den Leichenzug
     einreihten – die meisten mit brennenden Laternen, da der Tag zusehends nebliger wurde   –, war sein Auge vollends zufriedengestellt.
    Dann, endlich – Gützlow wünschte bereits, er hätte einen geschlossenen Wagen genommen, so kalt war es geworden   –, erreichte der Zug den neuen, erst 1877 angelegten

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