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Die Frau des Germanen

Die Frau des Germanen

Titel: Die Frau des Germanen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Aufbau
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erfüllt. Solange wird dein Sohn auf meine Gunst warten müssen.«
    Severinas Lächeln veränderte sich nur geringfügig. Vermutlich nahm außer Tiberius niemand wahr, dass ihre Augen einen harten
     Glanz bekamen. »Seid unbesorgt, Onkel! Es wird mir gelingen. Nicht heute oder morgen, aber in absehbarer Zeit.«
    Tiberius’ Lächeln blieb, wie es war. »In absehbarer Zeit könnte es zu spät sein. Womöglich hat dann Euer Bruder bereits für
     Vergeltung gesorgt.«
    »Abwarten!«, gab Severina zurück. »Arminius ist nicht mit Schwert und Lanze zu besiegen, das wisst Ihr doch. Außerdem … wäre
     es nicht viel passender, ihn mit einer List zu Fall zu bringen? So, wie er es mit Varus gemacht hat?«
    |300| »In der Tat!« Tiberius’ Blick wurde wohlwollender. »Warten wir also ab, wer mehr Erfolg hat. Germanicus mit seinen Legionären
     oder du mit deiner List!«
    Er schien sich erkundigen zu wollen, was sie plante, aber in diesem Augenblick trat Antonius Andecamus auf ihn zu, um ihm
     seine Ehrerbietung zu erweisen. Hinter ihm konnte Severina Flavus’ blonden Schopf ausmachen. Sie wandte sich ab und ging zum
     Eingang der kaiserlichen Loge, wo Gaviana darauf wartete, ihrer Herrin zu dienen. Wortlos nahm sie Silvanus in Empfang und
     ging mit ihm in die Loge, in der Agrippinas Kinder von ihren Sklavinnen bewacht wurden.
    In diesem Augenblick begann der Einzug der Gladiatoren. Nur die Besten waren ausgewählt worden, um den neuen Kaiser mit außergewöhnlichen
     Spielen zu erfreuen. Fanfarenbläser gingen den Gladiatoren voran, die später gegen Löwen und Leoparden, gegen Nashörner, Bären
     und sogar gegen Krokodile kämpfen würden. An exotischen Tieren war alles zur Krönung des neuen Kaisers nach Rom gebracht worden,
     was die Provinzen hergaben. Jeder wusste ja, dass Tiberius besonderen Gefallen an Tierkämpfen fand. Ihm gefiel nicht nur der
     Wettstreit zwischen Gladiatoren und Tieren, er liebte es auch, wenn die Tiere aufeinandergehetzt wurden. Aus den fernsten
     Gegenden waren sie geholt worden. Sogar friedliche Exemplare wie Hirsche, Rehe, Affen, Giraffen und Strauße ließ man an diesem
     Tag in die Arena ziehen, damit Kaiser Tiberius viel zu sehen bekam.
    Severina tat so, als wäre sie an dem Kampf interessiert, den ein junger Gladiator mit einem Braunbären aufnahm. Sie brauchte
     nicht lange zu warten, da spürte sie, dass Flavus zu ihr getreten war.
    »Habt Ihr endlich einen Plan?«, fragte sie leise, ohne sich nach ihm umzusehen.
    »Es ist schwer«, flüsterte es in ihrem Rücken. »Ich habe keine Gelegenheit, nach Germanien zu reisen. Früher konnte ich den
     Kaiser darum bitten, aber jetzt? Man erwartet von mir, dass ich mich von meinem Bruder distanziere.«
    |301| »Ihr habt doch längst Eure Loyalität bewiesen«, gab Severina zurück. »Schließlich habt Ihr darauf verzichtet, an der Beisetzung
     Eurer Mutter teilzunehmen. Reicht das nicht?« Sie drehte sich um und blickte Flavus in Gesicht. Er sah unglücklich aus, in
     seinen Augen schimmerte es so verzagt, als wären sie voller Tränen.
    »Ich muss auf eine gute Gelegenheit warten«, sagte er. »Es hat keinen Sinn, die Sache zu überstürzen. Arminius ist schlau.
     Er darf nicht merken, was wir im Schilde führen.«
    Severina schenkte ihm ein Lächeln, das seine Entschlussfreude beflügeln sollte. »Dann habt Ihr endlich die Gelegenheit zu
     beweisen, dass Ihr schlauer seid. War das nicht immer schon Euer Wunsch?«
     
    Thusnelda öffnete die Augen nicht, trotzdem wusste sie, dass sie nicht mehr von Dunkelheit umgeben war, dass der graue Morgen
     vor dem Windauge stand. Sie kannte das frühe Licht des Tages, wie es in ihre Kammer sickerte und sich auf die Schlaffelle
     legte. Arminius’ Fell war immer das erste, was seine Konturen preisgab, dann stellten sich die feinen Haare ihres eigenen
     Fells gegen das Licht. Das war der Augenblick, in dem sie Arminius’ Hand auf dem Fell liegen sehen und erkennen konnte, ob
     er sich ihr zu- oder abwandte. Dann schmiegte sie sich entweder an seinen Bauch oder an seinen Rücken und war glücklich, wenn
     er mit geschlossenen Augen lächelte und sein Körper sich ihr entgegenwölbte oder -rundete. Ob er in diesem Moment die gleichen
     Gedanken hatte wie sie? Oder band er sich schon seine Rüstung um, auf nichts konzentriert als auf den Kampf, der ihm bevorstand?
     Sie tastete nach der Liebesrune an ihrem Hals, die sie auch während der Nacht nicht abnahm. So wie Arminius auch die Kordel
     nie ablegte,

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