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Die Frau des Praesidenten - Roman

Die Frau des Praesidenten - Roman

Titel: Die Frau des Praesidenten - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Elisabeth Curtis Sittenfeld
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Schieferplatten ausgelegte Weg wurde nur von den Sternen und dem Halbmond beleuchtet, und die vor uns liegende Strecke erschien bedeutend länger als auf dem Hinweg. Charlie hatte mir einen Arm um den Rücken gelegt, mit dem anderen stützte er meinen Ellbogen.
    »Schön mit der Ruhe, Partygirl«, sagte er. »War Rump Higginson so ein miserabler Tischnachbar?«
    Wir kamen an der ersten Siedlung vorbei – sie gehörte, wie ich ein paar Stunden zuvor erfahren hatte, den Thayers –, und ich sagte: »Hier sind alle
so
reich.«
    Charlie lachte, allerdings nicht wirklich herzlich. Nach einer kurzen Pause fragte er: »Gefällt dir das?«
    »Reiche Leute sind so bizarr!«, rief ich aus. (Diesen Ausspruch würde Charlie in den kommenden Jahren immer wieder zitieren.) »Ich liebe dich, Charlie, aber dieses ganze Getue um Princeton und Tennis und das Biltmore Hotel … manchmal glaube ich, es wäre einfacher, wenn du Vorarbeiter bei Fassbinder’s wärst.«
    »Du meinst Fassbinder’s die Käsefabrik?«
    »Sie machen auch Butter«, sagte ich. »Wolln wir schwimmen gehn?«
    »Ich glaube nicht, dass das eine so gute Idee ist.«
    »Du bist doch der Abenteurer von uns beiden.« Ich gab ihmeinen Stoß in die Rippen. »Charlie-Leichtfuß. Hast du im Moment Angst? Weißt du noch, als du mir erzählt hast, dass du Angst im Dunkeln hast?«
    »Ich tue mein Bestes, um mich für meine sturzbetrunkene Freundin zusammenzureißen.«
    »Ich weiß, dass du Angst im Dunkeln hast, weil ich es in mein Dossier geschrieben habe. Mein
Charlie-Van-Wyck-Blackwell -Dossier
.« Ich verlieh jedem seiner Namen besonderen Nachdruck. »Aber jetzt kann ich dich nicht beschützen, weil ich …« – mir kam Jadey in den Sinn – »voll bin wie eine Haubitze.«
    »Das bist du in der Tat«, sagte Charlie. »Was ich gerade versuche rauszufinden, ist, ob du der gute oder der schlechte Typ Betrunkene bist.«
    »Wenn du mich schwimmen gehen lässt«, sagte ich, »würden wir beide nackt sein, und du könntest im Wasser deinen Penis in mich reinstecken.«
    »Oh, Mann!«, rief Charlie. »Okay, ich habe beschlossen, du solltest Alkoholikerin werden. Du bist der erstklassige Typ Betrunkene.«
    »Es ist mein erstes Mal«, sagte ich.
    »Entschuldige, aber um dir das zu glauben, ist es ein bisschen zu spät.«
    »Nein, nein«, sagte ich. »Mein erstes Mal, dass ich betrunken bin.«
    »Nun, du wirkst wie ein Profi.«
    »Nein, ehrlich … ich weiß, dass du mir nicht glaubst, aber es ist die Wahrheit.«
    Als wir die Siedlung der Blackwells erreichten, sagte er: »Das Problem ist, dass ich nicht weiß, wie lange es noch dauert, bis die anderen zurückkommen, und wenn wir dann fröhlich im See planschen, nachdem Jadey Maj erzählt hat, du wärst krank …«
    »Ich glaube, du hast gar keine Angst vor der Dunkelheit.« Ich tippte Charlie mit der Fingerspitze an die Nase. »Du hast Angst vor deiner Mutter.«
    Er lachte. »Das hättest du auch.« Charlies Nachsicht, wasmeine Trunkenheit anbetraf, hatte vermutlich etwas mit seiner eigenen ausgeprägten Vorliebe fürs Trinken zu tun. »Ich würde dein Penis-in-dich-rein-stecken-Angebot nur allzu gern annehmen«, sagte er, »aber wie wär’s, wenn wir ins Itty-Bitty gehen?«
    »Lass es uns hier tun.« Ich schlüpfte aus seiner Umarmung und ließ mich ins Gras fallen. Wir befanden uns direkt vor dem Alamo; vielleicht war Miss Ruby noch im Haus, vielleicht war sie auch schon in das wohnheimartige Gebäude hinter dem Clubhaus gegangen, in dem sie und die Hausangestellten der anderen Halcyon-Familien übernachteten; so oder so, ich hatte sie vergessen. Das Gras war kühl und die Grashalme leicht klebrig.
    »Grundgütiger, Frau«, stieß Charlie hervor. »Wer
bist
du?« Er zog mich hoch und beförderte mich halb tragend, halb schleifend über die Wiese zum Itty-Bitty. Das Cottage war dunkel, und bevor er das Licht anknipste, legte er mich auf dem unteren Stockbett ab. »Ich muss mal pinkeln«, sagte er. »Du rührst dich nicht von der Stelle.«
    Ich wusste, dass er nicht zurück ins Alamo lief, um dort die Toilette zu benutzen, sondern irgendwo in der Nähe blieb, denn ich konnte ihn pinkeln hören, während ich im Bett lag. Ich kicherte ein wenig, dachte darüber nach, ihn ein bisschen aufzuziehen, wenn er zurückkam, stellte mir vor, wie sich sein Penis in meiner Hand anfühlen würde. Doch das war das Letzte, worüber ich nachdachte, denn im nächsten Moment war ich eingeschlafen. Charlie erzählte mir am nächsten Tag, dass er mich

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