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Die Frau des Ratsherrn: Historischer Roman (German Edition)

Die Frau des Ratsherrn: Historischer Roman (German Edition)

Titel: Die Frau des Ratsherrn: Historischer Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Joël Tan
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Boden gleiten lassen.
    Ihr Angetrauter betrachtete sie dabei mit Wohlwollen, kam jedoch nicht umhin, sie doch mit seiner ersten Frau zu vergleichen. Alheidis war kleiner als Ragnhild, und sie hatte dünnere Schenkel und einen schmaleren Po. Dann folgte eine sehr schlanke Taille. Ihr Bauchnabel war leicht vorgewölbt und ihre Brüste überraschend füllig und von großen Brustwarzen gekrönt. Nahezu überall auf ihrem Körper fanden sich kleine Sommersprossen.
    Während er sie lächelnd ansah, öffnete sie ihre Haarflechten und ließ die langen Strähnen frei über ihre Schultern fallen. Genauso erstaunt, wie Albert damals über Ragnhilds blondes Haar gewesen war, erstaunte ihn nicht weniger die kräftige Färbung von Alheidis’ Haar. Zufrieden stellte Albert fest, dass sie tatsächlich ganz anders aussah als seine große Liebe Ragnhild; genauso hatte er es gewollt!
    Liebevoll zog er sie an sich. Sie lächelte und zeigte sich kein bisschen ängstlich. Wegen genau dieser Eigenschaft hatte Albert sie ausgewählt. Sanft legte er sich auf sie und genoss das Gefühl ihrer weichen, warmen Haut. Sie öffnete sich einladend, und er versuchte sie so zu nehmen, dass er ihr möglichst wenig Schmerz bereitete. Tapfer ertrug sie den leidvollen Akt und gab sich ihm danach sogar noch ein zweites Mal hin. Diesmal genoss sie es sichtlich mehr. Erst jetzt war es vor Gott besiegelt – sie waren nun Mann und Frau.
    Albert mochte Alheidis vom ersten Tag an. Trotz ihres jungen Alters versprühte sie eine enorme Selbstsicherheit, was sich auch in der Führung des Haushaltes bemerkbar machte. Schnell hatte sie jeden Bewohner – ob Mann oder Frau – dazu gebracht, sich ihren Wünschen gern zu beugen. Sogar Thiderich und Walther waren ihr verfallen und erfüllten ihr jeden Wunsch auf Anhieb. Ein jeder im Hause hieß sie willkommen und freute sich aufrichtig über das Glück der Eheleute. Tatsächlich schien es so, als ob sich für Albert alles zum Guten wenden würde.
    Als er eines Morgens von einer frühen Ratssitzung nach Hause kam, begrüßte seine Gemahlin ihn bereits am Tor. Ihre sommersprossigen Wangen glühten vor Aufregung, und ihre grünen Augen glitzerten verheißungsvoll. Sofort merkte Albert, dass sie ihm etwas sagen wollte, und noch bevor er danach fragen konnte, gestand sie ihm: »Ich bin schwanger!«
    In diesem Moment vergaß er, dass eine Umarmung auf offener Straße ungebührlich war, und nahm sie hoch und wirbelte sie herum. Er war berauscht vom Glück und gleichzeitig beherrscht von einem einzigen Wunsch. Lieber Gott, lass dieses Kind mir helfen, meine Gedanken endlich von Ragnhild zu lösen. Lass mich Alheidis lieben können, wie sie es verdient hat!

TEIL III
Hamburg
Sommer, im Jahre des Herrn 1284

1
    »Nunc dimittis servum tuum Domine, secundum verbum tuum in pace. Quia viderunt oculi mei salutare tuum, quod parasti ante faciem omnium populorum, lumen ad revelationem gentium et gloriam plebis tuae Israel.«
    Das Komplet war fast beendet. Gerade hatte der Pfarrvikar den Gesang des Nunc dimittis ertönen lassen, worauf jetzt die Oration und der Segen für die Nacht erfolgten. Danach würde bis zum nächsten Morgen nicht mehr gesprochen werden. Laut ertönte das Wort Oremus aus dem Mund des Pfarrvikars, der damit die Gläubigen aufforderte, nun mit ihm zu beten. Nur selten mussten die Schwestern des Beginenklosters den Stundengebeten eines Tages vollständig beiwohnen. Da es hierfür keine festen Regeln gab, bestimmte der Domdekan diese Tage nach seinem Gutdünken.
    Runa trat ungeduldig von einem Bein auf das andere. Sie hatte ein schlechtes Gewissen, weil sie sich nicht auf das Gebet konzentrierte, sondern immerzu nur an ihn dachte. Schon am nächsten Tage würde es wieder so weit sein. Dann würden sie sich endlich wiedersehen. Sie konnte förmlich fühlen, wie seine Arme sich um sie schlossen und seine Lippen ihr Gesicht mit Küssen bedeckten. Zum unzähligsten Male fragte Runa sich, womit sie diese wunderbare Liebe verdient hatte. Es war ein so vollkommenes und herrliches Gefühl, wie sie es noch niemals zuvor verspürt hatte. Nichts, das sie kannte, war schöner als er, und niemand vermochte es, sie so sehr um den Schlaf zu bringen, ohne überhaupt anwesend zu sein. Eigentlich war Runas Glück perfekt – wäre da nicht die Tatsache, dass sie eine Beginen-Schwester und er der Ratsnotar von Hamburg war!
    Die Beginen erhoben sich wortlos und gingen den kurzen Weg über die Steinstraße, auf deren anderer Seite

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