Die Frau des Ratsherrn: Historischer Roman (German Edition)
Füßen.« Er lachte dröhnend.
Alle Männer stimmten mit ein. Das Lachen wurde lauter und lauter, und Ragnhild konnte nur mühsam dem Drang widerstehen, sich die Ohren zuzuhalten. Sie wagte es nicht, sich umzudrehen, und lag deshalb einfach nur bäuchlings da; zitternd vor Angst, weinend vor Scham, das Gesicht zum Boden.
Plötzlich spürte sie eine Hand auf ihrer Wade. Sie zuckte heftig zusammen und wollte ihr Bein wegziehen, doch in diesem Moment wurde sie an Armen und Beinen gepackt. Keine Bewegung war mehr möglich. Sie schrie, doch alles Schreien war umsonst.
Die Hand wanderte höher. Sie erreichte ihre Kniebeuge.
Ragnhild schrie.
Die Hand war nun so weit oben, dass das Unterkleid bereits bis zum Oberschenkel hochgeschoben war.
Wild um sich tretend, versuchte sie sich zu befreien, doch die Hand erreichte ihre Scham und berührte diese ungeniert. Nun erstarrte sie; es hatte keinen Sinn mehr, sich zu wehren. Die übrigen Männer beugten sich zu ihr herunter und fingen ebenso an, ihren Körper zu betasten. Zig Hände zerrissen gemeinsam ihr Kleid.
Sie schrie, bis sie heiser war, doch die Hände waren überall, zerrten an ihr, warfen sie herum, schüttelten sie … und von weit her hörte sie ihren Namen.
»Ragnhild! Komm zu dir! Ragnhild, wach auf!«
Tatsächlich. Sie konnte die Augen öffnen. Es war nur ein schrecklicher Traum gewesen. Die Männer waren verschwunden, und gelbliches Licht wärmte ihren Blick. Es dauerte einen Moment, bis sie sich gesammelt hatte. Eben noch in der Halle des Hauses, lag sie nun in ihrem Bett, in ihrer Kammer. Über ihr das besorgte Gesicht ihrer Freundin.
»Du hattest einen Albtraum, Liebes. Einen schlimmen Albtraum. Du hast so sehr geschrien und um dich getreten, Luzifer selbst muss dir erschienen sein. Ich dachte, ich könnte dich niemals wecken. Aber nun wird alles gut. Du bist endlich wach. Wie geht es dir? Das Fieber scheint vorüber zu sein. Der Allmächtige sei gepriesen.«
Hildas Worte prasselten nur so auf Ragnhild ein, doch sie drangen noch nicht ganz zu ihr durch. Hilda bemerkte das und hörte auf, sie zu bestürmen. »Zu viele Fragen. Tut mir leid, Kindchen. Es ist nur so schön, dich wieder wohlauf zu sehen.«
Ragnhild wollte sprechen, aber ihr Mund war staubtrocken und ihre Lippen aufgesprungen. Hilda reagierte sofort und benetzte ihr ganzes Gesicht mit einem feuchten Tuch.
Niemals hatte Ragnhild solchen Durst verspürt. Erst nachdem sie diesen Drang gestillt hatte, fühlte sie sich in der Lage zu sprechen. »Wie lange war ich krank, Hilda?«
»Kleines, du warst fast drei Wochen nicht richtig unter uns. Ich saß jeden Tag an deinem Bett. Habe deine Hand gehalten und mit dir gesprochen. Habe für dich gebetet. Habe für dich gesungen. Es hat nichts genutzt.«
Ragnhild suchte Hildas Hand mit der ihren und drückte sie fest.
»An manchen Tagen dachte ich, du würdest nicht mehr aufwachen. Ich hatte solche Angst um dich«, klagte die Magd mit Tränen in den Augen.
»Weine nicht, jetzt wird alles wieder gut. Ich werde nun schnell wieder wohlauf sein«, munterte sie Hilda lächelnd auf.
Diese lächelte zurück und beruhigte sich langsam.
»Wo sind meine Kinder, und wo ist Albert?«
Vor dieser Frage hatte sich Hilda drei Wochen lang gefürchtet. Was sollte sie darauf antworten? Dass Luburgis die Kinder mittlerweile nicht einmal mehr der Amme ohne ihre Aufsicht überlassen wollte und dass sie über die Säuglinge wachte wie ein wild gewordener Köter über seine Welpen? Wie sollte sie Ragnhild beibringen, dass Albert fort war? Sie war der Verzweiflung nahe und beschloss, mit etwas Gutem anzufangen.
»Runa war ein ganz liebes Mädchen, während du krank warst. Marga und ich haben uns abwechselnd um sie gekümmert. Sie hat uns sogar bei der Hausarbeit geholfen, kannst du dir das vorstellen?«
Ragnhild spürte, dass Hilda ihr auswich. Doch auch sie wollte die möglicherweise schlechten Nachrichten hinauszögern. »Ich habe keinen Zweifel, dass ihr sie wie immer verwöhnt habt«, tadelte sie halbherzig.
»Ach, du weißt doch, dass ich nicht anders kann. Ich …«
»Hilda«, unterbrach Ragnhild sie nun doch. »Was ist mit Albert und den Kleinen?«
Die Magd senkte schuldbewusst den Kopf. Nun musste es gesagt werden, was hatte es auch für einen Sinn, es zu verschweigen? »Es geht ihnen gut. Luburgis hat sich ihrer angenommen. Soweit ich weiß, wachsen sie prächtig und sind beide gesund.«
»Was soll das heißen, soweit du weißt ? Hilda, sag mir die
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