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Die Frau des Täuferkönigs: Historischer Roman (German Edition)

Die Frau des Täuferkönigs: Historischer Roman (German Edition)

Titel: Die Frau des Täuferkönigs: Historischer Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Wilcke
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hinter meinem Gürtel hervor und schob es durch den Spalt zwischen Boden und Tür hindurch.
    »Dieser Ring gehört Eurem Sohn Melchior«, sagte ich. »Er gab ihn uns als Beweis seines Vertrauens mit auf den Weg. Melchior hat uns zu Euch geschickt und behauptet, Ihr wäret auch in diesen schweren Zeiten noch immer ein treuer Verfechter der katholischen Lehre.«
    Einen Moment lang blieb alles still. Dann glaubte ich, schlurfende Schritte zu hören. Im nächsten Momentklackte auch schon ein Riegel, und die Tür wurde aufgerissen. Vor uns stand ein kleiner bärtiger Greis, dem der Ärger deutlich ins Gesicht geschrieben stand. In seiner Hand hielt er den Ring, doch seine Finger waren seltsam verkrampft, so als könne er sie nur unter Schmerzen bewegen.
    »Ruf es doch noch lauter heraus, du Tölpel!«, zischte der Alte. »Willst du, dass dich jedermann hört?«
    Ich schaute mich um. »Hier ist niemand in der Nähe.«
    Der Alte verzog das Gesicht. »In der Stadt der Täufer belauschen dich sogar die Bäume.« Er musterte uns verdrießlich. »Was seid ihr für seltsame Gestalten? Ihr behauptet, mein Sohn habe euch geschickt?«
    »Dann seid Ihr also Anton Kribbe?«, wollte Cort wissen.
    Der Greis nickte, überlegte kurz und winkte uns dann hinein. Aus einem dunklen Vorraum traten wir in eine Stube, in der nur eine einzige Talgkerze ein trübes Licht spendete.
    »Warum haltet Ihr die Fensterläden geschlossen?«, fragte ich.
    »Weil ich meine Ruhe haben will«, entgegnete Kribbe. Er schlurfte zu einer Bank und setzte sich mit einem Stöhnen. »Es ist nicht an mir, Fragen zu beantworten.« Kribbe betrachtete den Ring. »Was ist mit meinem Sohn? Hält er sich hier in Münster auf?«
    »Nein«, sagte ich. »Wir trafen im Lager der Bischöflichen mit ihm zusammen. Nachdem wir ihn von unseren redlichen Absichten überzeugt hatten, erklärte er sich bereit, uns zu helfen. Und darum schickte er uns zu Euch.«
    Kribbe grunzte leise und wägte wohl ab, ob meinen Worten zu trauen war. »Wie steht ihr zu den Überzeugungen der Täufer?«, fragte er.
    »Wir verabscheuen diese Thesen«, erklärte ich. Das war vielleicht etwas übertrieben, aber schließlich ging es darum, das Vertrauen des Alten zu gewinnen.
    »Ihr mögt keine Anhänger der Täuferlehre sein«, meinte Kribbe, »aber das heißt nicht, dass eure Absichten einer guten Sache dienen.« Er versuchte, mit seinen ungelenken wulstigen Fingern nach dem Ring zu greifen und krächzte: »Ich kenne meinen Sohn. Er würde diesen Ring niemals aus der Hand geben. Wahrscheinlich habt ihr ihn bestohlen.« Nun misslang es ihm völlig, den Ring in seine Finger zu bekommen, und das Kleinod fiel auf den Boden. Kribbe krümmte sich zusammen und brachte gepeinigt hervor: »Gottverflucht! Die Gicht in meinen Fingern quält mich, als würde der Teufel jeden Einzelnen von ihnen zwischen seinen Zähnen zermalmen.«
    Reynold trat vor, schob mich zur Seite und sagte: »Lasst mich Euch helfen, alter Mann.«
    »Du?«, krächzte Kribbe. »Wie könntest du mir schon helfen?«
    »Ich bin ein Medikus.«
    »Schaust mehr aus wie ein Brigant. Wie einer, der die Menschen mit dem Schwert von ihren Leiden befreit.«
    Reynold belächelte diese Schmähung. »Lasst Euch von meinem Äußeren nicht täuschen.« Er holte etwas hervor, und ich erkannte, dass es das Kästchen war, in dem er die Opiumpillen aufbewahrte.
    »Ich habe lange Jahre damit verbracht, dieses Heilmittel herzustellen. Es wird Euch für eine Weile von Euren Schmerzen befreien«, behauptete Reynold.
    Kribbe zog die Stirn kraus. »Was ist das? Willst du mich vergiften?« Er lachte heiser. »Das hätte zumindest mehr Stil, als mich mit dem Schwert niederzustrecken.«
    Reynold schüttelte den Kopf. »Diesen Gefallen werde ich Euch nicht tun.« Er schaute sich um, ging zu einer Holztruhe, auf der ein Krug stand, schaute hinein und goss den Inhalt in einen Pokal, den er von einem Regal genommen hatte. Er öffnete das Kästchen und ließ drei der Pillen in den Becher fallen. Anschließend rührte er den Trunk mit einem Finger um, bis die Kügelchen sich aufgelöst hatten.
    »Mit einem Becher Wein würde Euch dieser mächtigeTheriak besser munden«, meinte er, als er Kribbe den Pokal reichte. »Aber so muss auch das Wasser ausreichen.«
    Der Alte zögerte, dann klemmte er den Pokal zwischen seine gichtgeplagten Hände. Einen Moment lang glaubte ich, er würde Reynold das Gefäß trotzig vor die Füße werfen, doch zu meiner Überraschung sagte er: »Ein

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