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Die Frau des Täuferkönigs: Historischer Roman (German Edition)

Die Frau des Täuferkönigs: Historischer Roman (German Edition)

Titel: Die Frau des Täuferkönigs: Historischer Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Wilcke
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gewiss nicht anders.«
    Wir alle nickten.
    Kribbe überlegte kurz und ließ sich dann von Reynolddie geforderten Opiumpillen aushändigen. Ich gab dem Alten den Rat, sich das Mittel gut einzuteilen und nicht mehr als eine Pille auf einmal zu schlucken. Kribbe brummte zustimmend und trat dann an eine Kiste, aus der er zu unserer Verwunderung keine Speisen, sondern ein Buch hervorholte, das er vor uns hinstreckte. »Jeder Einzelne von euch legt die Schwurfinger auf diese Bibel und gibt mir sein Wort, dass er es bei dieser einen Mahlzeit belassen wird.« Er schaute jedem von uns grimmig in die Augen. »Meine Vorräte habe ich für mich zurückgelegt. Würdet ihr euch daran vergreifen, müsste ich schon bald hungern. Das heißt, ab morgen werdet ihr euch auf andere Weise verpflegen müssen.«
    »Was kümmert mich der morgige Tag?« Reynold zögerte nicht und leistete den Schwur. Wir anderen taten es ihm gleich. Kribbe legte die Bibel fort, schlurfte in die Küche und schob neben einer Wand mit dem Fuß einen mit Holzscheiten gefüllten Korb zur Seite. Dort, wo der Korb gestanden hatte, entfernte Kribbe nun noch eine dünne Eisenplatte und brachte damit eine hölzerne Bodentür zum Vorschein. Er klappte die Bodentür auf und stieg über eine schmale Treppe in einen Kellerraum. Wir vernahmen von unten ein Rascheln und Klappern, dann kehrte er auch schon wieder zurück.
    Der Alte bedeutete uns, uns an den Tisch in derStube zu setzen. Dort verteilte er an jeden von uns zwei dünne Scheiben getrocknetes Fleisch, einen halben gesalzenen Hering sowie eine Handvoll gedörrte Pflaumen.
    Reynold rümpfte die Nase. »Soll das eine Armenspeisung sein, oder ist schon die Fastenzeit angebrochen? Ich hätte für meine kostbare Medizin ein opulenteres Mahl erwartet.«
    »Sei still«, sagte Jasmin und gab Reynold einen leichten Schlag auf den Hinterkopf. »Wir wollen zufrieden sein.«
    »Das werdet ihr auch sein müssen«, meinte Kribbe. »Ich lebe seit drei Monaten von Stockfisch, gesalzenem Hering, gedörrtem Obst sowie ab und an ein wenig Ziegenmilch, wenn meine Johanna bei Laune ist. Die Vorräte in meinem Keller sind lange haltbar, und von ihnen werde ich auch noch weitere drei Monate leben können, wenn es sein muss. Ansonsten wäre ich gezwungen, mich in die Gemeinschaftshäuser der Täufer zu begeben, in denen die Vorräte verwaltet und verteilt werden. Aber ich verlasse dieses Haus so selten wie möglich. Für mich ist es gefährlich geworden. Doch falls der Tag kommen sollte, an dem diese Irrgläubigen mich für meinen katholischen Glauben zur Rechenschaft ziehen wollen, werde ich ihnen zuvorkommen und mit einem gewaltigen Knall von dieser Welt gehen.«
    »Da habt Ihr Euch einiges vorgenommen, Alter«, sagte Cort. »Glaubt Ihr, dass Gott eine Feuerwalze durch die Stadt schickt, wenn Ihr ihn darum anfleht?« Er lachte leise.
    »Blödsinn!«, knurrte Kribbe. »Gott hat mir andere Mittel zur Hand gegeben. Im Frühjahr, als die Täufer endgültig die Macht in der Stadt übernahmen und ich damit begann, mein Vorratslager anzulegen, habe ich von einem Wagen ein kleines Fass entwendet, weil ich annahm, die Täufer würden darin Proviant transportieren. Als ich es öffnete, stellte ich fest, dass sich nicht etwa Stockfisch oder Speckseiten, sondern Schwarzpulver darin befand. Das war ganz eindeutig ein Zeichen des Herrn. Er will, dass ich dieses Haus zerstöre, bevor es den Täufern in die Hände fällt. Aber bislang konnte ich diese Sektierer noch immer an der Nase herumführen.«
    »Wie das?«, wollte Cort wissen.
    »Einer der Prädikanten tauchte vor einigen Monaten hier auf und stellte mich vor die Wahl, mich taufen zu lassen oder Münster den Rücken zu kehren. Da habe ich ihm gegenüber gelogen und behauptet, ich wäre bereits von einem seiner Mitbrüder getauft worden und würde die strengen Gebote der Täuferlehre befolgen. Der Mann kündigte an, er wolle in den Registern prüfen, ob mein Name dort vermerkt sei, aber ich habe nie wieder von ihm gehört. Wahrscheinlichwar ihm diese Arbeit zu lästig. Und so kann ich wohl mit Fug und Recht behaupten, der letzte aufrichtige Katholik in Münster zu sein. Das sage ich nicht ohne Stolz, denn es bedeutet, dass diese Stadt nicht vollständig in die Hände der Anabaptisten gefallen ist. Mein Ausharren unter den Verblendeten soll unserem Herrn ein Zeichen sein, dass Münster von den Rechtschaffenen noch nicht aufgegeben wurde.« Er schnaufte verächtlich. »Im vergangenen Jahr hat mich

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