Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die Frau, die niemand kannte: Thriller (German Edition)

Die Frau, die niemand kannte: Thriller (German Edition)

Titel: Die Frau, die niemand kannte: Thriller (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Chris Pavone
Vom Netzwerk:
weiter. Leise zog sie ihre Spuren in der weißen Masse, vorbei an den nummerierten Begrenzungsstangen, die ihr den Weg nach unten wiesen. Vor den Hütten waren Liegestühle aufgestellt worden, und die Leute hatten ihre Jacken ausgezogen, Zigaretten und ein Bier in der Hand, obwohl es gerade einmal elf Uhr vormittags war. Unter den Gästen befanden sich auch Dexter und Julia. Sie hatten die Schnallen ihrer Skischuhe geöffnet und gönnten sich eine kleine Pause.
    Kate schloss sich Bill an. Sie stellten sich in der Liftschlange an, schoben sich durch das Drehkreuz und lösten ihre Skistöcke, ehe sie sich zum Sessel umdrehten, der ratternd um die Kurve kam und sich mit voller Wucht in ihre Kniekehlen rammte, sodass sie etwas unsanft auf der Sitzfläche landeten.
    Der Lift setzte sich in Bewegung und ratterte bald in steilem Winkel über einen gezackten Abhang, dessen Oberfläche von einem dichten Venennetz dunkler Mineralien durchzogen war.
    »Ein erhebendes Gefühl, nicht?«, fragte Bill.
    Der Lift glitt über eine Senke, die einen reißenden Gebirgsbach mit einer steilen Uferböschung führte, gesäumt von halb im Schnee versunkenen Kiefern. Im Wasser türmten sich Tausende Steine in Rosa, Weiß, Grau und Schwarz, Braun und Beige.
    »Wenn man in vollem Tempo die Piste hinunterrauscht, weiß man nie, was als Nächstes kommt.«
    Mittlerweile befanden sie sich an einer dieser Stellen, wo der Lift nicht die üblichen sieben oder acht, sondern zwanzig Meter über dem Boden schwebte.
    Der Lift wurde langsamer. Und kam schließlich vollends zum Stehen.
    Unvermittelt waren sie dem Wind und der beißenden Kälte ausgesetzt, während der Sessel gleichmäßig vor- und zurückschwang. Newtons drittes Gesetz – das Reaktionsprinzip. Vor, zurück, vor, zurück, vor, zurück.
    Etwas knackte.
    Kate lief ein Schauder über den Rücken. Das Ganze war ein Riesenfehler gewesen. Sie sollte nicht hier oben sein, ganz allein mit Bill.
    Der Wind begann zu heulen, während sich der Radius des schwingenden Sessels weiter vergrößerte.
    Kate sah zu der Stelle hinauf, wo der Sessel durch eine Art Stift mit dem dicken Stahlseil verbunden war.
    »Ziemlich beängstigend, was?«
    Pinke, so wurde der Stift genannt.
    Bill beugte sich auf dem Sitz vor und sah nach unten. »Meinst du, der Sturz von hier oben wäre tödlich?«
    Die stiftförmige Verankerung sah aus, als wäre sie mit einer Riesenzange am Kabel festgedrückt worden. Kate konnte sogar die Nahtstelle erkennen.
    »Und? Was meinst du?«
    Kate sah ihn an. Durch die rosafarbenen Brillengläser erkannte sie in seinem Gesicht etwas, das ihr vorher noch nicht aufgefallen war. Etwas Hartes.
    »Hast du dich jemals zu Tode gefürchtet, Kate?«
----
    Eduardo Torres residierte in einer Suite im Waldorf, dem Hotel, in dem üblicherweise Präsidenten abstiegen, wenn sie New York anlässlich eines Fototermins bei den Vereinten Nationen, eines neuen Broadway-Stücks oder eines Spiels der Yankees besuchten. Doch Torres bewohnte nicht die Präsidentensuite, schließlich war er kein Präsident, war nie einer gewesen, auch wenn er fand, dass ihm dieser Titel eigentlich zustand. Er sollte nicht nur der Präsident von Mexiko sein, nein, Torres hatte die ambitionierte Vision eines pan-lateinamerikanischen Superstaates – El Consejo de las Naciones, der Rat der Nationen – mit ihm als Anführer.
    Aber zuerst musste es eine triumphale Rückkehr aus seinem inoffiziellen Exil geben. Nach der verlorenen Wahl hatte er seine Niederlage nicht etwa großmütig eingestanden, sondern lautstark gegen sie protestiert. Er hatte sogar gewaltsam versucht, das Ruder herumzureißen, was eine Reihe blutiger Racheakte ausgelöst und somit auch seine eigene Sicherheit gefährdet hatte. Also war der Exgeneral aus Polanco nach Manhattan geflohen, wo er nicht mehr als ein paar Leibwächter brauchte, wenn er in einem Restaurant ein Steak essen gehen wollte.
    Im Jahr zuvor hatte Torres versucht, Verbündete zu finden und Geld für die nächste Wahl oder einen Staatsstreich aufzutreiben – oder welchen Weg auch immer er wählen würde, um wieder an die Macht zu kommen. Doch wider Erwarten hatten seine Bemühungen nicht den gewünschten Erfolg gehabt: Kein Mensch, der auch nur halbwegs bei klarem Verstand war, zeigte sich bereit, ihn in irgendeiner Form zu unterstützen.
    Allmählich wuchs seine Verzweiflung, und das setzte ihn immer mehr unter Druck, wodurch er noch verzweifelter wurde. Ein Teufelskreis.
    Kate war unterdessen

Weitere Kostenlose Bücher