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Die Frau meines Lebens

Die Frau meines Lebens

Titel: Die Frau meines Lebens Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nicolas Barreau
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Zitat oder
hatte ich diesen Satz gerade selbst erfunden?
    Egal. Ich, Antoine Bellier, der vielleicht zu viele Romane gelesen
hatte, würde mir jedenfalls später nicht den Vorwurf machen müssen, ich hätte
nicht alles versucht.
    In wenigen Stunden würde ich in die Rue de Varenne eilen und an Olga
Antonovas Haustür klingeln, die auch vorübergehend Isabelles Haustür war.
    Ich drückte meine Handflächen gegen die Fensterrahmen und sah mein
Gesicht an, das sich in der Scheibe spiegelte. Regentropfen liefen über meine
Stirn, meine Wangen, meine Nase – es sah aus, als schaute ein Gespenst zum
Fenster hinein.
    »Bist du dir wirklich ganz sicher, Antoine?« fragte ich.
    »Ganz sicher«, antwortete das Gespenst.

21
    Um sechs Uhr war ich schon wieder auf den Beinen. Ich fand
mich erstaunlich munter für jemanden, der nur knappe drei Stunden geschlafen
hatte. Ich duschte ausgiebig, zog mir frische Sachen an und fühlte mich ganz
neu. Alle Verwirrung war von mir abgefallen, und ich war in Anbetracht dessen,
was vor mir lag, erstaunlich ruhig. Na ja – kein Mensch schafft es, siebzehn
Stunden am Stück im Zustand höchster Erregung zu bleiben. Ich machte mir einen
Espresso, fand noch ein paar Kekse, die ich mir mit dem letzten Rest der
Erdbeermarmelade dick bestrich, und hinterließ Julie kurz eine Nachricht, daß
ich ihr freundliches Angebot annehmen und erst später in die Buchhandlung
kommen würde.
    Und dann
machte ich mich auf den Weg.
    Es war
sieben Uhr, als ich durch unseren kleinen Innenhof schritt und durch das Tor
trat. Die Straßen waren noch ganz leer, der Himmel grau und wolkenverhangen,
aber es regnete nicht mehr. Trotzdem hatte ich meinen Schirm dabei. Und
natürlich mein Handy – immerhin konnte es ja sein, daß Isabelle meine Nachricht
doch noch erhalten hatte.
    Ich überlegte,
ein Taxi zu nehmen, verwarf es aber wieder. Ich war weder in der Stimmung, mir
die Statements eines griesgrämigen Taxifahrers zur Lage in Afghanistan
anzuhören, noch das Gemecker über unsere unfähigen Politiker zu ertragen. In
Paris sind alle Taxifahrer entweder schlecht gelaunt oder sie wollen mit einem
diskutieren.
    Die Metro
machte auch keinen großen Sinn, zwei Stationen, und dann war ich doch nicht da,
wo ich hinwollte. Außerdem fahre ich nicht gerne mit der Metro, worüber sich
Nathan immer lustig macht. Zwar ist es nach wie vor verblüffend für mich, wie
schnell man auf diese Weise ganz Paris durchqueren kann, aber ich habe mich bis
heute nicht daran gewöhnen können, wie ein Maulwurf unter der Erde zu
verschwinden und mit Menschen mit müden Gesichtern – und glauben Sie mir, im
Neonlicht der U-Bahnen sieht jeder müde und ungesund aus – auf engstem Raum
durch irgendwelche Tunnel zu rasen.
    Und jetzt,
da ich auf dem alles entscheidenden Weg war, brauchte ich die Gewißheit, jeden
meiner Schritte selbst steuern zu können. Wenn so etwas in diesem Leben
überhaupt möglich ist.
    Ich kam an
der Saint-Sulpice-Kirche vorbei und an dem Verlagshaus Plon, wo ich mir im
letzten Sommer beim Rausgehen meine Hand in der schweren Eisengittertür
eingeklemmt hatte. Es war sehr schmerzhaft gewesen, und ich dachte mit einem
Lächeln daran, wie ich in meiner Not zu dem großen Springbrunnen auf dem Platz
gestolpert war, um meine malträtierte Hand ins Wasser zu halten. Seitdem
überkommt mich jedes Mal ein Gefühl der Dankbarkeit, wenn ich die Fontänen auf
der Place St. Sulpice in die Luft schießen sehe.
    Ich bog in
die Rue Colombier ab. Im Vieux Colombier auf der Ecke fingen die Kellner an,
die grün-schwarz gemusterten Bistrostühle an die Tische zu schieben. Ich
blickte durch die Glasfassade mit den altmodischen grünen Metallstreben und
wurde ganz zuversichtlich. Der Tag war neu, und alles begann.
    Ich
marschierte zügig voran, der Morgen klarte allmählich auf, und ich überquerte
die Rue de Rennes. Schritt für Schritt näherte ich mich meinem Ziel, so wie ich
mich gestern Schritt für Schritt davon entfernt hatte. Eine Art Déjà-vu im
Rückwärtsgang.
    Es war
Viertel vor acht, als ich vor einem alten hohen Gebäude unweit des Musée Rodin
in der Rue de Varenne stehen blieb und aufgeregt die Namensschilder studierte.
Erleichtert seufzte ich auf. Ich hatte das Haus gefunden, das ich suchte.
    Die Rue
de Varenne ist eine eher ruhige Straße. Besonders morgens um acht. Vor den Toren
der Regierungsgebäude, von denen es hier viele gibt, stehen Wachposten in
Uniform und betrachten die Passanten mit unbewegter Miene.
    Ich

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