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Die Frau ohne Gesicht

Die Frau ohne Gesicht

Titel: Die Frau ohne Gesicht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Pekka Hiltunen
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Bullige Typen in Jeans und Lederjacke: Alan Scott und Fergus Anderson, Profis aus der Sicherheitsbranche, die Paddy angeheuert hatte.
    Nun stieg auch Paddy aus und ging mit den Männern ins Haus, während Lia im Wagen blieb und die Sekunden zählte.
    Die Treppe hoch, zwanzig Sekunden … An die Tür. Wenn sie aufgeht, leise hinein … Formierung an der Tür zur Toilette, zehn Sekunden … Sturmangriff – fünf Sekunden, zehn?
    Der Aufpasser der Prostituierten sollte auf dem Klo geschnappt werden. Das Signal dazu war von Elza gekommen, sobald dieser sich in die nicht abschließbare Toilette begeben hatte. Dort würde er nun überrascht werden, sodass er keine Gelegenheit hatte, seine Waffe zu ziehen oder Vanags anzurufen.
    Um 9.47 Uhr öffnete sich das Fenster erneut. Wieder das weiße Handtuch.
    Lia stieg aus und schloss den Wagen ab. Sie ging die Treppe hinauf. Um die Nachbarn nicht aufmerksam zu machen, klingelte sie nicht, sondern wartete vor der Tür.
    Paddy ließ sie ein. Er hatte eine Schramme an der rechten Schläfe, offenbar von einem Fausthieb. Die Stimmung war angespannt. Elza und die drei anderen Frauen standen in einem großen Zimmer in der Mitte der Wohnung und starrten ihren ehemaligen Aufpasser an, der an einen Stuhl gefesselt war. Elza wirkte erleichtert, die anderen machten einen erschrockenen Eindruck. Sie hatten nichts von dem Plan gewusst.
    Der Mann war verhältnismäßig klein und jung. Seine Hose stand offen, im Gesicht waren Kampfspuren zu sehen. Fergus Anderson hatte ihm eine dreifache Lage dickes Isolierband über den Mund geklebt.
    Das Abreißen wird wehtun.
    Der Aufpasser musterte sie mit äußerster Konzentration. Sein Blick wanderte von einer Frau zur anderen, von Paddy zu seinen breitschultrigen Helfern. Lia betrachtete er besonders genau.
    Weil ich als Letzte gekommen bin, glaubt er, ich leite die Operation.
    Lia holte ihr Handy hervor und rief Berg an.
    »Zwei Minuten«, sagte er.
    Elza sprach lettisch mit den Frauen. Lia verstand die Worte nicht, wusste aber, was Elza erklärte. Die Frauen mussten jetzt schnell entscheiden, was sie mitnehmen wollten.
    »Wohin gehen wir?«, fragten sie.
    Darauf hatte Elza die Antwort parat, die Lia ihr gegeben hatte. An einen sicheren Ort, für ein paar Tage. Danach müssten sie selbst für sich sorgen.
    Die Frauen packten verwirrt ihre Sachen, doch Lia merkte, dass es ihnen gutgetan hatte, den Aufpasser gefesselt und hilflos zu sehen. Der Anblick versprach ihnen die Freiheit.
    Paddy, der am Fenster stand, winkte Lia zu sich, und sie beobachtete, wie ein großer weißer Wohnwagen in die Vassall Street einbog. Zwischen den Pkws sah er aus wie ein Ozeanriese. Dennoch fand er eine Parklücke, da um diese Zeit schon viele Anwohner zur Arbeit gefahren waren.
    Beim Verlassen der Wohnung herrschte ein nervöses Durcheinander. Ursprünglich war geplant gewesen, dass Paddy und seine Helfer die Wohnung zur selben Zeit verließen. Doch Paddy hatte sich anders entschieden.
    »Der Kerl ist aalglatt, der windet sich schnell aus den Fesseln.«
    Er befahl, dass Scott und Anderson mindestens eine halbe Stunde bleiben und den Mann bewachen sollten. Freier waren so früh am Tag kaum zu erwarten.
    Lia führte die Frauen ins Treppenhaus. Sie begriffen den Ernst der Situation und gaben keinen Laut von sich.
    Die Frauen trugen ihre in aller Eile gepackten Taschen zum Wohnwagen, in dem Berg wartete. Paddy hielt auf der Straße Wache und ging dann zu seinem Wagen, um ihnen zu folgen.
    Berg strahlte die Frauen an und begrüßte sie laut und freundlich: »Herzlich willkommen! Vor Ihnen liegen zwei wunderschöne Tage.«
    Trotz ihrer Anspannung musste Lia lächeln. Berg war der absolute Kontrast zu dem Milieu, das die Frauen gerade verlassen hatten.
    Nachdem sich Berg vergewissert hatte, dass alle einen Platz gefunden hatten, setzte er sich ans Steuer. Lia wollte neben ihm einsteigen, doch er schüttelte den Kopf.
    »Du wirst da hinten gebraucht.«
    Natürlich. Er hat recht.
    Lia stieg hinten bei den Frauen ein. Als der Wagen langsam anfuhr, stellte sie sich den drei Freundinnen von Elza vor: »Ich bin Lia. Aus Finnland.«
    Es war eine seltsame Fahrt. Die Lettinnen spähten nach draußen. Sie alle waren schon seit Jahren in London, doch sie machten sich gegenseitig auf Sehenswürdigkeiten aufmerksam, als bekämen sie die Stadt zum ersten Mal zu Gesicht. Bald erkannte Lia, was an der Szenerie neu war: Die Frauen fuhren zum ersten Mal als freie Menschen durch London.
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