Die Frau ohne Gesicht
Gesichtsausdruck zu betrachten. Es lief ihr kalt den Rücken herunter.
Sie will ihn umbringen.
Schließlich dolmetschte Elza die Antwort.
Henriete wollte, dass Vanags für Daigas Tod büßte. Sie hatte vor dem Haus auf ihn gewartet, denn ihr war klar gewesen, dass er kommen würde, wenn er von der Flucht seiner Huren erfuhr. Dass er kommen würde, um sie und ihre Enkelin zu töten.
Als Vanags an der Tür stand, hatte Henriete ihn mit vorgehaltener Waffe gezwungen, ins Haus zu gehen. Dort hatte er versucht, sie mit einem Überraschungsangriff zu überwältigen. Er hatte sich plötzlich umgedreht und mit einem Messer zugestochen. In dem Moment hatte Henriete geschossen, drei Mal. Sie hatte ihn zwei Mal getroffen. Einmal in den Arm, einmal in die Brust.
Henriete fügte etwas hinzu.
»Sie sagt, es ist noch nicht genug«, übersetzte Elza.
Aus dem Schlafzimmer kam Vanags heiseres Lachen. Er schmähte Henriete auf Lettisch.
»Hurenmutter. Die Mutter einer Hure ist die Obernutte«, dolmetschte Elza.
Ihre Stimme war dunkel vor Hass. Lia schluckte und sah Paddy eindringlich an. Sie mussten einschreiten! Doch Paddy schüttelte den Kopf: Zu gefährlich!
Henriete wandte sich in stockendem, gebrochenem Englisch an Vanags.
»Ich will, dass du ihnen dasselbe sagst wie mir. Erzähl ihnen, wie du Daiga und Anita getötet hast.«
Vanags hustete. Sein Atem ging rasselnd.
»Sprich!«, kommandierte Henriete und hob die Waffe ein wenig höher.
»Von mir aus«, sagte Vanags in fehlerlosem Englisch. »Ich habe Daiga getötet, weil sie so dumm war. Ich hatte ihr oft genug erklärt, wie die Dinge bei uns laufen. Aber sie hat mir andauernd widersprochen. Es hat mir schon früher in den Fingern gejuckt, sie kaltzumachen, aber damals hat sie noch Geld eingebracht. Dann hat sie euch eingeschmuggelt, ihre alte Oberhurenmutter und ihre Hurentochter. Da habe ich mich gefragt, warum ich mich noch länger mit einer alternden Nutte rumärgern soll, die kein Geld mehr einbringt und sich für wer weiß was hält. Ich habe sie erschossen.«
Lia, Paddy und Elza hörten schweigend zu. Henriete liefen Tränen über die Wangen. Sie starrte Kazis Vanags über den Lauf ihrer Waffe an.
Vanags beschrieb, wie er Daiga V ī tolas Leiche in der Nacht in seinem Auto weggebracht hatte, um sie zu vernichten. Olafs Jansons war mitgefahren. Jansons hatte am Straßenrand eine Baustelle mit einer Planierraupe gesehen.
»Jansons fand, es wäre genau das Richtige, die zänkische Nutte so platt zu walzen, dass sie keiner mehr erkennt. Wir haben Daiga auf die Straße gelegt, und ich habe sie mit der Planierraupe überrollt. Vor und zurück. Mindestens zehnmal. Es war verdammt schwierig, die ganze Scheiße aufzuschaufeln.«
Nachdem die Überreste aufgesammelt waren, hatte Vanags beschlossen, seinen Huren eine Lehre zu erteilen.
»Dir und den anderen, Elza. Also haben wir uns einen Volvo beschafft und sie in den Liegewagen gepackt.«
Henriete weinte und wischte sich mit der freien Hand Augen und Nase ab.
»Und Anita?«
Vanags schwieg einen Moment, bevor er fortfuhr.
»Das weiß doch jeder. Anita war mit Loreta aus der Creed Lane weggerannt. Wir haben Loreta geschnappt und getötet. Anita hat es geschafft, sich zu verstecken. Aber dann hat sie einen Fehler gemacht. Sie hat sich mit ihrem Bruder in Lettland in Verbindung gesetzt. Der hat überall ausposaunt, Anita hätte in London Probleme. Wir haben sie gefunden, und ich habe sie zu Brei geschossen. Mit einem Maschinengewehr.«
Vanags verstummte.
»Wie?«, fragte Henriete. »Erzähl ihnen alles.«
Sie hatten eine Lagerhalle für ihre Laster und Waren, sagte Vanags. In der Mitte befand sich eine große Wartungs- und Montagegrube aus Beton. Sie hatten Anita Klusa in die Grube gebracht. Dann hatten sie das Licht eingeschaltet, damit Anita sah, wo sie war und dass es keinen Ausweg gab. Sie hatte auch gesehen, dass Vanags ein Maschinengewehr hatte. In der Halle lagen mindestens zwanzig zum Verkauf bestimmte PKM -Gewehre.
»Ich habe zu Anita gesagt, nun lauf mal weg. Sie stand bloß da. Mitten in der Grube.«
Vanags hatte anfangs eine Serie vor Anitas Füße gefeuert. Sie war hochgesprungen und hatte zu fliehen versucht, war hin und her gerannt, und Vanags hatte sie gehetzt, indem er hinter ihr auf den Boden schoss.
»Dann ist sie hingefallen. Und ich habe sie in Stücke geschossen. Zuerst von weitem, dann aus der Nähe. Der Kopf ist abgegangen, und die Füße auch beinahe. Es war eine verdammte
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