Die Frau ohne Gesicht
anzusehen.«
Lia erkannte das Problem.
»Während die Polizei Zeit und Ressourcen auf die Suche nach Vanags verschwendet, können seine Kumpane sich absetzen oder ihre Spuren verwischen.«
»Sein Wagen muss hier irgendwo in der Nähe sein«, meinte Paddy. »Wir sollten einen Blick hineinwerfen. Vielleicht finden wir etwas, womit wir das Interesse der Polizei auf das Haus locken können.«
Lia und Paddy stiegen rasch aus und entdeckten den Wagen schnell. Er stand nur wenige Meter weiter am Straßenrand. Natürlich war er abgeschlossen.
»Vanags muss den Schlüssel haben«, sagte Paddy. »Ich hole ihn.«
Lia wartete auf der Straße, während Paddy ins Haus zurückkehrte, um diese unangenehme Aufgabe zu erledigen. Schon nach einer Minute kam er zurück, und Lia stellte keine Fragen.
Paddy schloss den Wagen auf, musterte rasch den Innenraum und untersuchte eine Tüte, die auf dem Boden stand.
Lia behielt die Umgebung im Auge. Nach kurzer Zeit stieg Paddy aus. Er hielt etwas in der Hand: einen Navigator.
Sie konnten das Gerät nicht mitnehmen, denn die Polizei würde es bei ihren Ermittlungen benötigen. Aber Paddy wollte die gespeicherten Daten kopieren, damit sie feststellen konnten, wo Vanags mit seinem Wagen unterwegs gewesen war.
Paddy ging zum Wagen, dort war sein Laptop, auf dem er ein entsprechendes Programm hatte, während Lia bei Vanags’ Auto Wache hielt. Im Viertel war es ruhig, niemand war zu sehen.
Lia sah, wie Paddy auf dem Fahrersitz seinen Computer einschaltete und Elza etwas erklärte. Auf der Straße wehte ein kalter Wind. Sie fröstelte. Sie öffnete gerade die Tür und wollte sich in Vanags’ Wagen setzen, da sah sie eine dunkel gekleidete Gestalt, die sich mit raschen Schritten Paddys Auto näherte.
Der Glatzkopf. Olafs Jansons.
Lia versuchte zu rufen, doch Angst schnürte ihr den Hals zu.
In den nächsten zwanzig Sekunden überschlugen sich die Ereignisse: Jansons umklammerte mit beiden Händen eine Waffe und zielte durch die Windschutzscheibe direkt auf Paddy. Er war nur etwa zwanzig Meter entfernt, schussbereit.
Er will sie an Ort und Stelle exekutieren!
Lias Starre ließ nach, sie sprang in Vanags’ Wagen und drückte mit aller Kraft auf die Hupe. Der Alarmton war laut und schrill.
Das Geräusch ließ Paddy aufblicken. Gleichzeitig wandte Olafs Jansons sich kurz um. An Paddys Wagen flackerten die Lampen auf, und Lia erkannte, dass er den Motor anließ. Sie sah aber auch, dass er keine Zeit hatte, zu wenden.
Jansons, der sich bisher auf dem Gehsteig genähert hatte, sprang plötzlich auf die Fahrbahn und lief weiter auf den Wagen zu.
Er will verhindern, dass sie abfahren.
Paddys Wagen setzte sich in Bewegung. Jansons blieb instinktiv stehen. Dann schoss er. Er gab zwei Schüsse auf Paddy ab, der direkt auf ihn zuraste.
Jansons rollte sich in letzter Sekunde seitlich ab. Lia sah, dass seine Schüsse die Windschutzscheibe durchschlagen hatten. Doch sie sah weder Paddy noch Elza und Henriete.
Das Auto brauste vorwärts, und als es in die Kurve bog, begriff Lia, dass Paddy immer noch am Steuer saß. Er hatte sich wohl geduckt. Jansons gab noch einen Schuss ab, bevor er die Waffe senkte und sich suchend auf der Fahrbahn im Kreis drehte.
Erst als er mit schnellen Schritten auf sie zukam, merkte Lia, dass sie immer noch auf die Hupe drückte. Sie hob die Hand, und das ohrenbetäubende Geheul verstummte. Bevor sie an Flucht denken konnte, stand Olafs Jansons vor ihr und hob die Waffe.
Paddy schob sich vorsichtig höher und verringerte die Geschwindigkeit. Sie hatten die Sangley Street und den Schützen hinter sich gelassen, doch Paddy konnte die Straße kaum sehen. Die Schüsse hatten die Windschutzscheibe fast undurchsichtig gemacht.
Er warf einen Blick nach hinten, Elza und Henriete kauerten auf dem Boden.
»Alles in Ordnung?«, rief er.
Elza hob den Kopf und sah Henriete an.
»Ja«, antwortete sie.
Nachdem er an zwei weiteren Kreuzungen abgebogen war, begriff Paddy, dass er nicht weiterfahren konnte.
Er bremste und hielt am Straßenrand.
»Was jetzt?«, fragte Elza.
»Lia.«
Jansons’ Augen verraten kein Gefühl, dachte Lia. Er betrachtete sie wie ein lebloses Objekt.
Es war nicht die Waffe, die Lia kraftlos machte, sondern die ungeheure Spannung, die von Jansons ausging. Er wusste, dass irgendetwas gewaltig schief ging. Ihm waren gerade drei Menschen in letzter Minute davongefahren, und er konnte es sich nicht leisten, Lia entkommen zu lassen.
»Tür auf«, sagte
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