Die Frau ohne Gesicht
ich noch nicht die richtige Bezeichnung gefunden. Wir sprechen von Jobs oder Einsätzen. Wenn ich auf einen Job stoße, der getan werden muss, erledige ich ihn.«
»Zum Beispiel meine beruflichen Probleme?«
»Was du heute gesehen hast, erscheint dir sicher überdimensioniert. Irgendwie war es das ja auch. Aber es hat funktioniert. Jetzt weißt du, was Matt Thomas wirklich von dir hält, und kannst dir in Ruhe überlegen, was du tun willst.«
»Lass uns ein andermal darüber reden«, bat Lia. »Heute ist schon zu viel auf mich eingestürmt.«
Mari nickte, dann erzählte sie, dass das Studio erst seit zwei Jahren aktiv sei. Sie habe lange gearbeitet, um es aufzubauen und die richtigen Leute zu finden: einen IT -Profi, einen Detektiv, eine Schauspielerin und einen Tischler, der beinahe zaubern konnte.
»Wir bringen hier Dinge in Ordnung, die nicht richtig sind. Oder die ich gern anders hätte.«
Lia hörte mit gerunzelter Stirn zu.
»Ihr plant … Operationen, um anderen Menschen zu helfen?«
»Das klingt, als ob wir selbstlose Wohltäter wären. Bei den meisten Jobs geht es darum, dass ich selbst etwas ändern will.«
Egal ob es sich um kleine oder große Jobs handelte, Mari und ihr Team checkten immer zuerst den Hintergrund ab – gründlicher als viele Polizisten oder Reporter. Wenn der Plan fertig ausgearbeitet war, wurde er in der Praxis geübt. Alles wurde mehrfach trainiert, bevor man den Plan verwirklichte.
So lerne man, auf alle Eventualitäten vorbereitet zu sein, sagte Mari. Wenn Matt Thomas zum Beispiel gegen die Videoaufzeichnung protestiert hätte, dann hätten die Interviewer einen Knopf gedrückt, der die Kamera scheinbar ausschaltete.
»Jedes Detail war bedacht.«
Auf dem Tisch vor Thomas hatten ein Block und ein Stift gelegen. Bei genauerem Hinsehen hätte er darauf den Schriftzug der Firma entdeckt. In den Büros, den Toiletten und den Kaffeeräumen standen Pappbecher mit dem Logo von Lift .
»Und wenn er im Internet über die Firma recherchiert hätte?«, fragte Lia.
»Das hat er wahrscheinlich getan. Auch du kannst dir ansehen, was da steht. Lift hat eine eigene Website, zudem finden sich auf anderen Seiten – sowohl im Headhunting-Bereich als auch an anderen relevanten Stellen – Links und Hinweise auf die Firma.«
Das sei Ricos Gebiet, fügte Mari hinzu. Er brauche nur einen halben Tag, um eine beliebige Website und das passende Protokoll aufzubauen. Bei Bedarf tilgte er auch Informationen, wobei er natürlich nicht das gesamte Protokoll löschen konnte.
»Und die Frau am Empfang? Du hast gesagt, sie ist eine echte Angestellte. Wenn Thomas sie nun über Lift ausgefragt hätte?«
»Das haben wir vorher berücksichtigt und getestet.«
Das Bürohaus in Brompton bot Mieträume für Dutzende von Firmen, und die Mieter wechselten häufig. Lift war anderthalb Wochen vor dem Interview eingezogen, und am Schalter hatten sich bereits einige Besucher angemeldet.
»Das waren wir vom Studio«, sagte Mari.
»Und wenn Thomas überraschend zurückkommt? Wenn er zum Beispiel sein Taschentuch dort vergessen hat?«
Mari lachte.
»Du bist wirklich so gründlich, wie ich dachte. Solche Möglichkeiten haben wir ebenfalls einkalkuliert. Lift ist auch morgen noch dort, und die Schilder bleiben noch einen Monat.«
Maris Mitarbeiter hatten die Räume von Lift überprüft, nachdem Thomas gegangen war. Einer von ihnen würde sich weiterhin von Zeit zu Zeit dort aufhalten. Dem Empfang war mitgeteilt worden, das Personal mache derzeit Kundenbesuche, und wenn sich jemand nach der Firma erkundigte, würde das Studio unverzüglich informiert.
»Wir sind Profis, Lia. Und ich habe außerdem meine Fähigkeit. Ich habe mir Matt Thomas genau angesehen, um zu wissen, wie er in verschiedenen Situationen reagieren wird.«
Sie ist erschreckend gut.
Lia sagte: »Ich mag den Namen der Firma. Lift . Er verspricht Aufstieg.«
»Mir gefällt er auch. Solche Kleinigkeiten machen besonders viel Spaß.«
Mari fragte, ob Lias Neugier nun gestillt sei und sie noch ausgehen wollte.
»Keineswegs«, erklärte Lia. »Ich habe noch massenhaft Fragen. Wie kannst du dir das alles leisten? Allein die Räume müssen sündhaft teuer sein, und dann noch die Geräte und die Mitarbeiter.«
Doch darüber wollte Mari nicht sprechen.
»Nicht einmal mit dir. Ich bin wohlhabend, das muss dir genügen.«
Sie berichtete, dass sie im Lauf der Jahre gute Beziehungen geknüpft hätte. Es gebe Menschen, die für ihre Hilfe sehr dankbar
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