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Die Frau ohne Gesicht

Die Frau ohne Gesicht

Titel: Die Frau ohne Gesicht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Pekka Hiltunen
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jetzt keine Gelegenheit.«
    Ein paar Minuten später kam Vanags aus dem Haus und ging zu seinem Auto.
    »Eine Stunde und zwanzig Minuten. Ungefähr zehn Minuten länger als an den vorigen Abenden«, stellte Paddy fest.
    Vanags fuhr los, und sie folgten ihm.
    »Jeden Abend dieselbe Strecke«, überlegte Lia. »Er hat an den Haltepunkten irgendeine wichtige Aufgabe. Wahrscheinlich besitzt er diese Wohnungen und Geschäfte.«
    »Das denke ich auch. Meinem Eindruck nach hat er das Zeug dazu, eine größere Bande zu dirigieren«, stimmte Paddy ihr zu.
    In Brockley fuhr Vanags in die Parkhalle eines Supermarkts. Paddy suchte sich einen Platz in der Nähe der Ausfahrt.
    Elf Minuten später lenkte Kazis Vanags seinen Wagen aus der Parkhalle und fuhr in Richtung Lewisham.
    »Ein schneller Einkauf. Er wusste genau, was er suchte«, sagte Lia.
    »Gute Schlussfolgerung«, lobte Paddy.
    In der Sangley Street beobachteten sie von weitem, wie Vanags auf der Rampe vor dem Haus Nummer sieben hielt. Mit der prall gefüllten Einkaufstüte ging er zur Tür.
    »Schlüssel aus der Tasche«, kommentierte Paddy. »Blick über die Schulter. Tür auf. Schnell hinein, ohne zu warten, ob ihm jemand entgegenkommt.«
    Diesmal machte Vanags kein Licht im Flur, und Paddy und Lia sahen außer ihm niemanden an der Tür.
    »Steigen wir aus«, schlug Paddy vor.
    Er fuhr in eine Seitenstraße und fand nach kurzer Suche eine Parklücke.
    Während sie auf der anderen Straßenseite auf das Haus zugingen, stellte Lia fest, dass Paddy die Umgebung unablässig beobachtete. Er wirkte nicht nervös, sondern höchst konzentriert. Lia fand das Ganze spannend. Sie merkte, wie sich ihre Sinne schärften.
    Etwa fünfzig Meter vor dem Haus blieben sie stehen. Von dort aus waren sie nicht zu sehen, vermutete Lia.
    Sie gab sich Mühe, alles zu registrieren, was sie sah. Ein zweistöckiges Reihenhaus in einer ruhigen Wohngegend. Es waren nur wenig Menschen unterwegs, die von der Arbeit heimkehrten oder einkaufen gingen.
    Das Haus, in das Vanags gegangen war, wirkte auf den ersten Blick unbewohnt. Lia schätzte die Anzahl der Zimmer ab. Im Erdgeschoss vielleicht drei, dazu eine Küche. Oben zwei Schlafzimmer.
    Diese Gegend ist ungeeignet für Aktivitäten, die den Nachbarn auffallen könnten. Da drin ist jemand, der nicht gesehen werden will. Oder nicht gesehen werden soll.
    Paddy schwieg. Wenn jemand vorbeiging, betrachtete er sein Handy, als suche er darauf die Adresse, zu der sie unterwegs waren.
    Nachdem sie fast zehn Minuten auf der Straße gestanden hatten, bedeutete Paddy Lia, ihm zu folgen. Sie gingen zum Wagen zurück.
    »Er kommt bald. Es ist besser, wenn er uns nicht zu Gesicht bekommt.«
    Sie warteten an der Straßenecke, von wo die Haustür zu sehen war.
    Vanags kam ohne Einkaufstüte heraus. Er zog die Tür zu, ging zu seinem Wagen und ließ den Motor an. Innerhalb von zwanzig Sekunden war er weg.
    »Wir haben es nicht eilig«, meinte Paddy. »Als Nächstes fährt er zum Assets.«
    Die Striptease-Bar in der Bay Street stach deutlich von den benachbarten, nachts geschlossenen Geschäftsräumen ab. Die flackernde Neonreklame an den Fenstern leuchtete in der Dämmerung weithin.
    Paddy parkte etwa zweihundert Meter hinter Vanags’ Wagen, der direkt vor dem Assets stand.
    »Will bloß mal nachsehen«, sagte Paddy beim Aussteigen, und Lia verstand, dass sie im Wagen bleiben sollte.
    Paddy näherte sich der Bar auf der gegenüberliegenden Straßenseite und blieb stehen, als er auf gleicher Höhe war. Er nahm eine Schachtel Zigaretten und ein Feuerzeug aus der Tasche und blies bald darauf einen Rauchkringel in die Luft.
    Nachdem er die Bar eine Weile betrachtet hatte, überquerte er die Straße. Er studierte die Reklameschilder, warf einen kurzen Blick in das Lokal und eilte dann zum Wagen zurück.
    »Gut gespielt«, sagte Lia. »Ein Mann will ein Striptease-Lokal besuchen, traut sich dann aber doch nicht.«
    »Vanags ist drinnen. Er redet an der Theke mit dem Wirt, hat ein großes Bier vor sich stehen. Er wird noch eine Weile bleiben«, schätzte Paddy.
    Sie warteten in aller Ruhe. Paddy fragte Lia:
    »Wie hast du Mari kennengelernt?«
    Lia schilderte den Abend im White Swan, wobei sie allerdings den anschließenden Ausflug zum Greenwich Park unterschlug. Paddy lachte, als er hörte, wie Mari im Pub die Fragen von Lias Kollegen beantwortet hatte.
    »Mari hat eine ganz außergewöhnliche Menschenkenntnis«, sagte er. »Sie ist in jeder Hinsicht eine

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