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Die Frau ohne Gesicht

Die Frau ohne Gesicht

Titel: Die Frau ohne Gesicht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Pekka Hiltunen
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versuchen, weitere Enthüllungen zu verhindern. Sie durften nicht zulassen, dass er Sarah von ihrem Vorhaben abbrachte.
    »Und wenn das Video an die Öffentlichkeit kommt, ist es ohnehin besser, dass Sarah nicht zu Hause ist. Die Presse wird ihr Haus belagern«, sagte Mari.
    Das Video würde der Organisation The Wall übergeben werden, die Gewalt gegen Frauen bekämpfte. Sie war in weiten Teilen Großbritanniens bekannt. Die Organisation war in den 90er-Jahren entstanden, nachdem in Birmingham eine junge Frau vergewaltigt worden war. Drei Männer hatten sie am helllichten Tag mitten im Stadtzentrum in die Ruine eines Abbruchhauses gezerrt, von dem nur noch eine Wand stehen geblieben war. Passanten hatten die Schreie der Frau gehört, aber niemand hatte ihr geholfen. Die Mutter des Opfers hatte die Organisation gegründet. Ihr Motto hieß » Break the Wall – Durchbrich die Mauer«. Sie klagte mutmaßliche Vergewaltiger und Menschen an, die ihre Angehörigen misshandelten, und schlug in den Medien Krach, wenn die Schuld des Täters vor Gericht nachgewiesen wurde und er dennoch straffrei ausging.
    Die Frauen von The Wall waren als strikte Feministinnen bekannt. Sie würden das Video mit Freuden veröffentlichen.
    »Und wenn Arthur Fried trotzdem wieder auf die Beine kommt? Wenn er in ein paar Jahren ein Comeback versucht?«, fragte Lia.
    »Das ist natürlich möglich«, sagte Mari. »Dann müssen wir eben weitersehen.«
    Wenn der Ruf einer öffentlich bekannten Persönlichkeit angeschlagen sei, kämen häufig weitere Verstöße ans Licht, erklärte sie. Die Menschen fänden den Mut, zu reden. Vielleicht habe Fried noch mehr Leichen im Keller.
    Nach der Besprechung blieb Lia noch in Maris Zimmer. Die Operation gegen Fried machte sie nervös. Was würde passieren, wenn es mit den Enthüllungen losging? Außerdem dachte sie immer noch täglich an die ermordete Lettin.
    »Damit müssen wir uns später befassen«, sagte Mari. »Ich habe dir ja schon erklärt, dass man nicht an zwei großen Fällen gleichzeitig arbeiten darf. Momentan brauchen wir all unsere Energie für Arthur Fried.«
    Das sah Lia ein. Doch ihr machte noch etwas anderes zu schaffen. Sie nahm all ihren Mut zusammen und sah Mari in die Augen: »Ich weiß nicht recht, was ich von uns beiden denken soll.«
    Vor einiger Zeit waren sie einfach nur Freundinnen gewesen. Jetzt waren sie etwas anderes. Lia wusste nicht recht, was. Eine Art Verschwörerinnen.
    »Ich vermisse die Zeit, als wir abends ausgegangen sind und uns amüsiert haben.«
    »Möchtest du heute Abend mit mir ausgehen?«, fragte Mari.
    »Ja!«
    »Es gibt einen Ort, den ich dir zeigen möchte. Treffen wir uns um acht«, schlug Mari vor und schrieb Lia die Adresse auf.
    Lia lächelte.
    Wieder etwas Neues, wie damals, als ich sie kennenlernte.
    Um acht Uhr erwartete Mari Lia auf dem Fitzroy Square.
    Lia war ein wenig enttäuscht. Hier gab es zwar schöne alte Häuser und einen umzäunten, nur den Anwohnern zugänglichen kleinen Park, aber keine außergewöhnliche Atmosphäre, nichts Atemberaubendes.
    »Ich führe dich an einen Ort, der für mich einer der wichtigsten auf der Welt ist«, sagte Mari.
    Lia lachte über den feierlichen Ton, bis sie merkte, dass Mari es ernst meinte.
    Mari führte sie in eine Seitenstraße und dort in ein großes, helles Gebäude, das Fitzroy-Kunstmuseum.
    Am Schalter zeigte sie einen Ausweis, der zu freiem Eintritt berechtigte. Die Angestellte schien sie zu kennen. Als Lia bei ihr eine Eintrittskarte kaufen wollte, winkte sie ab.
    »Gehen Sie nur rein. Wir haben nur noch eine knappe Stunde geöffnet.«
    Schweigend gingen sie die Treppe hoch in die erste Etage. Mari nickte dem Aufseher, dem sie begegneten, grüßend zu.
    Zwischen dem vierten und fünften Ausstellungsraum befand sich eine kleine Halle, in der nur ein Kunstwerk stand, davor eine Bank.
    Sie setzten sich und betrachteten das Werk. Zwei Ventilatoren, beide etwa drei Meter hoch, standen einander gegenüber, mehrere Meter voneinander entfernt, und schickten sich gegenseitig einen starken Luftstrom zu.
    Zwischen ihnen, von der Luftströmung getragen, bewegten sich zwei Kreise aus dünnen schwarzen Bändern. Nachdem Lia sie eine Weile beobachtet hatte, erkannte sie, dass es sich um eine Art Filmstreifen handelte.
    Die großen schwarzen Kreise schwebten in der Luft, berührten sich, entfernten sich dann wieder voneinander. Sie hatten etwas Magisches. Sie fielen nie herunter. Obwohl sie manchmal wild zuckten und die

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